Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus. Anna Malou

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Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus - Anna Malou


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Strand ganz entspannt bewegen kann. Um 10.00 Uhr füllt sich der Strand rasend schnell, die Leute liegen eng bei einander und für mich ist das fast zu viel Nähe. Ich bleibe jedoch, bis es gegen Mittag sehr heiß wird, und entscheide mich dann für eine längere Siesta, um am Nachmittag meine Sightseeing-Tour durch Albufeira und am Strand fortzusetzen.

      Hinter einem Pilgerstempel für den heutigen Tag brauche ich nicht herzulaufen, da ich diesen an der Rezeption meiner Pension problemlos bekomme.

      Als ich gegen 15.30 Uhr wieder auf die Straße trete, ist es noch immer glühend heiß. Ich wandere heraus bis ans Meer, ca. zehn Minuten bergab, und sitze auf der noch fast menschenleeren Promenade und esse dort eine Kleinigkeit. Die Menschenmassen sind noch am Strand, doch nur wenige baden, das Wasser ist wohl anderen auch zu kalt. Ich schlendere weiter am Strand, am Meer entlang, sitze draußen im Lokal, die Füße im Sand, und beobachte, wie die Sonne immer tiefer geht und das Meer und seine Umgebung in ein unwirkliches Licht taucht. Schließlich färbt sich der Himmel streifenrot mit rosa Wattewölkchen, die Lichter Albufeiras beginnen in der untergehenden Sonne zu leuchten. Das Meer rauscht im seichten Wind, es riecht nach Salz und Meer, meine Füße fühlen den kühlen Sand. Ich blicke auf das Meer, das sich anschickt, schlafen zu gehen, als gegen 21.00 Uhr die Sonne untergeht und der dunkelnde Himmel das Meer mit einem grauschwarzen Tuch zudeckt.

      Nun wird es kühler, der Wind hat fast aufgehört und ich mache mich auf den Weg zurück zum Ort Albufeira. Mein Weg führt mich noch eine Viertelstunde am Strand entlang, bis ich die bunten, vollen und lauten Straßen Albufeiras erreiche. Das ist fast frustrierend, aus der wundersamen Abendstimmung in den Kulturschock der Ferienmetropole einzutauchen. Hunderte von Menschen laufen, in Abend- und Freizeitgarderobe gestylt, in den engen Gassen der Altstadt herum, sitzen auf der Piazza, füllen die Restaurants und stöbern in den noch offenen Ladenzeilen oder an den zu Hunderten aufgebauten Ständen herum. Da kann ich bei weitem nicht mithalten, denn meine Kleidung ist – meinem Rucksack entsprechend – sportlich praktisch, und kaufen kann und will ich nichts, da ich alles transportieren müsste. Zudem bin ich völlig erschlagen von der Fülle um mich herum, so dass ich entscheide, einen Internetzugang aufzusuchen, um eine Mail nach Hause zu schicken.

      Diese Möglichkeit finde ich kostengünstig in einem Hotel in der Innenstadt, zahle für zehn Minuten einen Euro und freue mich, dass ich das geschafft habe. Danach stürze ich mich wieder in das Getümmel, um nach knappen fünf Minuten festzustellen, dass ich meinen Fotoapparat am PC im Hotel vergessen habe. Voller Panik rase ich zurück, um mich mehrmals zu verlaufen. Schließlich finde ich das Hotel doch wieder. Am PC sitzt eine junge Frau, die auch schon bemerkt hat, dass dort neben dem PC eine Digitalkamera liegt. Ich bin erleichtert und glücklich, als ich meine verloren geglaubte Kamera wieder in der Hand halte. Das wäre aber ein Pech gewesen, wenn ich all die Fotos, die ich schon gemacht habe, verloren hätte, und auch künftig nichts mehr hätte im Bild festhalten können!

      Plötzlich laufe ich mitten auf der Straße einem Pilgerbekannten aus Faro in die Arme, der mich dort bei der Suche nach meinem vermissten Rucksack unterstützt hatte. Wir sitzen zusammen bei Rotwein und Selters und tauschen Neuigkeiten und weitere Pläne aus. Auch er ist von der Algarve enttäuscht, da es hier nicht möglich ist, mit dem Rucksack längere Strecken zu laufen. Es gibt keine Fußwege zwischen den Orten und Städten und kein Pilger möchte an Autobahnen oder Schnellstraßen entlanglaufen. Auch sind die Wege zu den weiter abliegenden Stränden kaum zu Fuß erreichbar, denn sie führen alle durch Stadtbereiche, so dass man mitten durch die Städte laufen müsste, immer im dicksten Straßenverkehr. So sind wir der gleichen Meinung, dass die Algarve nur per Bus zu bewältigen ist. Schade, wo ich mich doch eigentlich als Fußpilger angemeldet hatte! Wir verbringen den Abend mit der Aussicht, eventuell am Sonntag gemeinsam per Bus weiter zu reisen.

      Heute habe ich andere Pläne. Nach einem guten und reichhaltigen, mit viel Obst kredenzten Frühstück in meiner Pension möchte ich heute zum „Praia de Falesia“, dem Felsenstrand, der sich etwa sechs Kilometer östlich von Albufeira befindet. Jedoch ist es nicht ganz einfach, dort hinzukommen, und so entschließe ich mich, mir ein Taxi zu leisten, das mich dort innerhalb von zwanzig Minuten und mit 13,40 Euro Fahrgeld hinfährt. Die Fahrt ist abenteuerlich, da sie immer durch neue Stadtteile führt und mein Taxifahrer sich zwar gut auskennt, aber sehr rasant fährt.

      Schließlich erreiche ich den „Felsenstrand“, und was ich dort sehe, lässt mich nur staunen: Über eine Strecke von sechs Kilometern Länge erhebt sich eine Steilküste aus rot-weißen Steinwänden, die in so unterschiedlichen Formen zu sehen sind, dass ich aus dem Staunen nicht herauskomme. Die Hänge sind manchmal ein wenig mit Agaven, Grassoden oder Mittagsblumen, die leider zurzeit nicht mehr blühen, bewachsen, sind aber sonst kahl. Die Felsen geben ein Abbild von Tropfen, die mir aus Tropfsteinhöhlen bekannt sind, haben Furchen, die vom Meer glatt gespült wurden, bilden Zuckerhüte und Gesichter in allen möglichen Rotfarben bis hin zum Weiß- oder Rosaton.

      Ich laufe fast drei Stunden staunend am Strand entlang, mache viele Fotos und kann kaum glauben, was ich dort sehe. So imposant, mächtig und vielfältig ausgestaltet hätte ich mir das alles nicht vorgestellt. Dazu gibt es einen traumhaft schönen, weißen Sandstrand, der weitaus weniger von Menschen bevölkert ist als in Albufeira, vielmehr ist dieser Strand streckenweise sogar fast menschenleer. Hier kann ich gut meinen Tag verbringen und Kraft sammeln, bevor ich morgen weiterreisen will.

      Gegen Mittag wird es sehr warm, so richtig heiß, ich kühle mich im jetzt nicht mehr ganz so kalten Meer, das heute eine herrliche Brandung hat, ab und erfrische mich mit meiner mitgebrachten Melone am Strand. Immer wieder geht mein Blick zu den Steilhängen dieser farbenfrohen und riesigen Steilküste, die in jahrhundertelanger „Arbeit“ vom Meer und von der Witterung in diese Form gebracht wurde. Immer wieder sind Teile dieser Steilküste mit Netzen abgehängt, damit herabfallende Gesteinsbrocken die Badegäste nicht gefährden sollen. Auch ist in größeren Abständen immer wieder ein Warnschild vor herabfallenden Felsen aufgestellt worden.

      Gegen 15.00 Uhr denke ich an die Rückfahrt und muss scheinbar endlos weit laufen, bis ich die Bushaltestelle nach Albufeira nach mehrmaligem Nachfragen finde. Um Geld zu sparen, will ich den Rückweg unbedingt mit dem Bus antreten. Jedoch muss ich auf dem Fahrplan lesen, dass der Bus Samstag, Sonntag und an Ferientagen erst in fast zwei Stunden fährt. Solange will ich einfach nicht mehr warten und so entscheide ich, zur Rezeption des Hotels, vor dem sich die Bushaltestelle befindet, zu gehen, mit der Bitte, dass dort für mich ein Taxi bestellt wird. Dieses ist dann auch fünf Minuten später da und bringt mich – nun für einen erheblich günstigeren Preis – ins Zentrum von Albufeira zurück. So hat sich meine Laufstrecke zur Bushaltestelle wenigstens bezahlt gemacht.

      In Albufeira kenne ich mich inzwischen gut genug aus, dass ich problemlos mein Zimmer finde. Wie schnell man sich doch in einer neuen Umgebung einleben kann! Aus mir rieselt überall der feinkörnige Sand der Algarve, so dass ich als erstes duschen muss. Völlig verschwitzt und müde von der Hitze ist auch für mich eine Zeit zum Ausruhen notwendig. Ich merke sehr genau, dass ich in dieser Hitze nicht normal belastbar bin, was sich morgen mit Gepäck noch wieder verstärken wird. Heute jedoch hat sich dieser, wenn auch nicht ganz billige, Ausflug für mich jedenfalls sehr gelohnt, ich bin immer noch ganz voll von meinen neuen Eindrücken.

      Den Abend verbringe ich noch einmal für kurze Zeit im Zentrum von Albufeira. Überall gibt es Musik und alle Touristen der Algarve scheinen unterwegs zu sein. Nachdem ich etwas gegessen habe, wird mir dieses wuselige Treiben schon wieder zu viel. Ich gehe auf mein Zimmer und genieße den restlichen Abend in Ruhe dort. Diese Rückzugsmomente sind für mich sehr wichtig, denn immer nur mit so vielen Menschen zusammen zu sein, bereitet mir Probleme. So bin ich auch nicht froh darüber, dass meine Pilgerreise hier an der Algarve noch nicht so recht beginnen kann, denn aufgrund der fehlenden Fußwege kann ich nicht von Ort zu Ort laufen.

      Ich sehne mich wieder nach der Einsamkeit, die ich im letzten Jahr auf meiner Reise von Pamplona nach Santiago de Compostela so sehr genossen habe.2 Zeit für mich, für meine Gedanken, Dasein in der Natur, vieles davon opfere ich zur Zeit meiner Neugier, die Landschaft der Algarve kennenzulernen. Dafür zahle ich den Preis, dass ich von Touristenmassen


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