Dunkle Geschichten aus dem Alten Österreich. Barbara Wolflingseder

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Dunkle Geschichten aus dem Alten Österreich - Barbara Wolflingseder


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Bruderschaft bekam im Lauf der Jahre ordentlich Zuwachs. Bald bestand die Bande aus über 50 Mitgliedern, wobei sich folgende Personen als Drahtzieher besonders hervortaten:

      Da war einmal der gebürtige Bayer Georg Richter, ein verhutzeltes Männlein, in Räuberkreisen besser bekannt unter dem Pseudonym „Guckkasten“, weil er mit einer Art „Betrachtungsgerät“ von Haus zu Haus ging, um die Örtlichkeiten auszukundschaften. Wahlweise gab man dem ehemaligen Soldaten auch den Beinamen „Goldhaube“.

      Josef „Geheimrat“ Koller, ein Deserteur aus Althodis bei Rechnitz (Südburgenland), war die rechte Hand des Bandenoberhaupts. Johann Niesner aus Neufang bei Olmütz in Mähren, ein Mann mit dem Kosenamen „Fleischhacker Hans“, galt als besonders blutdürstig und soll seine Opfer fürchterlich zugerichtet haben. Weiters der nicht minder kaltblütige „gekrauste Seppl“, mit bürgerlichem Namen Joseph Michael Freiberger, ein Schwerverbrecher aus Pertlstein bei Fehring in der Steiermark, der das Amt des Vizehauptmannes innehatte. Und zu guter Letzt Nikolaus Schmidhofer, seines Zeichens Kommandant der niederträchtigen Truppe. Um sich ein Bild von ihm machen zu können, sei hier die Personenbeschreibung des Steckbriefs angegeben:

      Echte „Raubersg’schichten“

      Die Schandtaten der Stradafüßler wurden von Generation zu Generation mündlich weitergegeben. Die Methoden, mit denen diese Rohlinge ihren Mitmenschen Schmerz und Leid zugefügt haben sollen, waren durchaus kreativ. Einfallslosigkeit kann man ihnen in diesem Zusammenhang beim besten Willen nicht nachsagen. Was die Bande, abgesehen von Plünderungen, alles in Hochstimmung versetzt haben soll, wird in einigen Episoden deutlich, die sich anekdotisch in ihrer Heimat erhalten haben. Wie hoch der Wahrheitsgehalt dabei ist, sei dahingestellt. Vieles wird wohl von fantasiebegabten Erzählern „ausgeschmückt“ worden sein. Dass sie etwa beim Kegeln anstatt der normalerweise gebräuchlichen Holzkugeln Totenschädel benützt haben sollen, ist nicht belegt.

      So wurde etwa erzählt, die Stradafüßler hätten irgendwo in der Steiermark – der genaue Ort lässt sich heute nicht mehr verifizieren – ein Mädchen verkehrt an einem Ast aufgehängt und ihren Kopf in einen Ameisenhaufen gesteckt.

      Im Raume Hochneukirchen lief dem Holzknechtseppl einmal eine Magd über den Weg, die vom Bauern um Schusternägel geschickt worden war. Mit selbigen nagelte er angeblich ihren Allerwertesten zusammen.

      Ein Bauer aus Kirchschlagl wurde von Stradafüßlern in seinem Haus überfallen, wollte das Geldversteck aber nicht verraten. Da banden sie ihn kopfüber an einem Balken fest und zündeten ein Feuer unter seinem Kopf an. Der Bauer konnte sich von dieser Tortur nie wieder erholen und starb zwei Jahre später.

       In allen Kulturen präsent als Symbol für Ausgegrenzte: die Zähmung des Wilden Mannes (Basler Bildteppich, um 1480, National Museum Copenhagen)

      Es hieß, dass vor dem Holzknechtseppl kein Glaser sicher war, denn er liebte das Klirren berstenden Glases. Die Glaser zogen früher mit Tragekörben, in denen sie ihre Erzeugnisse transportierten, von Dorf zu Dorf. Begegnete dem verwegenen Schurken unterwegs ein Glaser, ließ er ihn samt seiner Ware auf einen Baum klettern und schoss ihn dann herunter. Das „Glaserschießen“ soll der Holzknechtseppl vorwiegend in Pinggau, in Kaltenberg und auf der heimatlichen Teichalm betrieben haben.

      Der alte Haudegen schreckte angeblich auch nicht davor zurück, kleine Kinder zu ermorden. Er muss wohl ein recht abergläubischer Mann mit ausgeprägtem Hang zum Okkultismus gewesen sein, denn er glaubte, mit dem Teufel ein Bündnis eingehen zu können, wenn er neun Kinderherzen verspeisen würde. Bei der Gerichtsverhandlung gab er an, dass ihm nur noch eines gefehlt hätte.

      Josef Karl Homma, der ehemalige Direktor des Burgenländischen Landesarchivs, notierte 1987 in seiner Niederschrift über die Pinkafelder Stadtgeschichte einen besonders grausigen Fund, bei dem es sich um ein Wickelkind mit zertrümmertem Schädel handelte.

      Er konnte aber auch recht „großzügig“ sein, je nachdem wie es um seine Tagesverfassung bestellt war. In Riedlingsdorf zum Beispiel verbrachte er einmal eine Nacht bei der Familie des Johann Lang. Dessen Tochter war damals acht Jahre alt und soll sehr ungezogen gewesen sein. Ihr freches Benehmen dürfte dem Holzknechtseppl jedoch imponiert haben, denn er verschonte das Mädchen. Wäre sie artig gewesen, meinte er gegenüber den Bauersleuten, hätte er sie umgebracht.

      Den Stradafüßlern wird ein Ende gesetzt

      Nikolaus Schmidhofer und seine Helfer hatten mehrere Basisstationen, wie etwa die Wirtshäuser in Oberschützen, Rotenturm, Schäffern oder das Gasthaus in Mönichkirchen, wo der Holzknechtseppl seinerzeit die Kuh verspielt hatte. Aber nicht nur im Burgenland und der Steiermark waren die Stradafüßler auf Diebestour, auch in Ungarn hatten sie ihre Schlupfwinkel.

       Wörterverzeichnis der Diebessprache aus Pinkafeld, Originalhandschrift (oberer Teil der zweiten Seite), 1783

      Die Bande hinter Gitter zu bringen war kein einfaches Unterfangen. Nach seiner ersten Verhaftung wurde Schmidhofer ins Schloss Pernegg überstellt, wo ihm bei der Gerichtsverhandlung, ganz im Stile alter Mantel-und-Degen-Filme, die Flucht gelang. Er sprang aus dem offenen Fenster, landete auf einem Baum und suchte anschließend das Weite. Auch nach einer Inhaftierung in Oberkindberg konnte er, glaubt man dem Historiker Fritz Byloff, dem Gefängnispersonal entkommen.

      Nachdem die bestellte Ware geliefert worden war, sägten die in Ketten gelegten Männer zwei Wochen lang an den Eisenringen, mit denen ihnen Hände und Füße festgebunden worden waren. Um die Sägegeräusche zu übertünchen, sangen sie fromm den Rosenkranz. In der letzten Mainacht gelang ihnen schließlich die Flucht: Sie töteten den wachhabenden Offizier und den Siebmachermeister Anton Hutter, der sich ihnen in den Weg zu stellen versuchte.

      Wie groß die Angst der Pinkafelder Bewohner gewesen sein muss, als die Raubmörder wieder in Freiheit waren, vermerkte der Prediger und Autor Joseph Michael Weinhofer in seiner handschriftlichen


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