Coaching. Sonja Becker
Читать онлайн книгу.brauchen sie Coaches.
Selbst die größten Unternehmen müssen sich umkrempeln. An ihnen kann man studieren, dass sie nur dann erfolgreich bleiben, wenn sie sich immer wieder neu definieren: „ (...) Kodak, Daimler-Benz, Philips und viele andere. Sie alle wurden gnadenlos vom Sockel gestoßen, weil neue Produkte und bessere Angebote auf dem Markt erschienen. Josef Schumpeters „produktive Zerstörung“ erreicht sie alle, nur weil sie sich selbst diesen Regeln des Marktes unterwarfen, konnten sie sich ihrerseits mit innovativeren Produkten und preiswerteren Angeboten wieder hocharbeiten.“ (ebd.) Die Verdienste der Gewerkschaften in den Zeiten des Wirtschaftswunders – Respekt. Aber heute profilieren sie sich fast nur noch durch die Behinderung gesellschaftlicher Prozesse, die alte Wirtschaftszweige obsolet machen und gelernten Bergarbeitern die fatale Illusion vermitteln, ihre Jobs würden nur aus Willkür aufgegeben. Ihr Mitgliederschwund ist bezeichnend, die Starrsinnigkeit von ver.di verhindert jedoch längst nötige Umstrukturierungsprozesse: Weniger Staat, mehr Zivilgesellschaft.
Es ist erstaunlich, dass zwei der zu Amtszeiten meistgehassten Politiker heute fast als Helden gefeiert werden, weil sie damals den Gang durch das tiefe Tal der Umstrukturierung gegangen sind, um die Wirtschaft neu zu gestalten: Margret Thatcher und Ronald Reagan. Es ist erstaunlich, dass der befreundete konservative deutsche Kanzler diese unpopuläre, aber notwendige Entscheidung vor sich her geschoben hat und statt dessen Zweckoptimismus deklarierte: Helmut Kohl (Slogan: „Weiter so, Deutschland!“). Um so erstaunlicher, dass ausgerechnet die ehemalige Toscana-Fraktion der Lehrer und Arbeiter sich unter ihrem Kanzler komplett umstrukturiert hat und beginnt, das Land zumindest im Ansatz mit Reformen in Richtung Entrepreneurship und Innovation umzubauen: Gerhard Schröder. Noch erstaunlicher, dass ein Grüner dieses Werk mitträgt und vielleicht fortsetzen wird: Joschka Fischer. Man sollte diese Entwicklungen nicht zu negativ sehen. Schließlich bietet sie die einmalige Chance, das Ideal von einem eigenen, erfolgreichen Leben – dem Ideal der Aufklärung – als persönliche Karriere zu erreichen und zu erleben. Es besteht zum ersten Mal die Chance, den Markt selbst zu steuern und die Regeln des Marktes schnell zu begreifen und selbst zu bestimmen. Unternehmen werden lernende Systeme, deren Kenntnis von Leuten abhängig ist, die das Ganze beobachten und verstehen. Dazu braucht man keine braven Angestellten, sondern ein motiviertes Team. Dazu braucht man weniger Consulting und mehr Coaching. Coache helfen Menschen, ihre Ziele zu erreichen.
Deutschlands Kultur – oder Unternehmenskultur – wird vermutlich eine Coaching-Kultur werden, wie es in den USA längst der Fall ist. Das Potenzial dafür findet sich unter anderem in der deutschen Kultur und Wissenschaft. Um ein Beispiel zu geben: Immanuel Kant definierte Menschen als „Zweck an sich“, einmalige Wesen mit einer je einmaligen Zielsetzung – und das Leben entsprechend als den Weg, diese Zielsetzung zu erkennen, die Lebenszeit zu nutzen, um diesen Zweck zu erfüllen. Schärfer noch: Dieses Ziel ist der Mensch selbst! Natürlich besteht jeder Mensch auch noch aus Fleisch und Blut. Aber er hat seine Sinne und seinen Verstand, um sich nach den besten Möglichkeiten auszuloten.
Dieser Gedanke unterstellt für jeden Menschen auf der Welt einen Sinn, eine individuelle Bestimmung und nebenher seine Einzigartigkeit. Darüber kann man sicherlich diskutieren. Aber überlegen Sie, ob es nicht etwas gibt, das Sie besser beherrschen, als jeder andere (außer Autofahren). Überlegen Sie, was es gibt, was Sie wirklich interessiert, was Sie mit Teilnahme und Hingabe verfolgen könnten. Stellen Sie sich vor, Sie könnten in Ihrem Bereich das Beste aus anderen Leuten herausholen, was diese zu bieten haben: Ihr Ziel. Stellen Sie sich vor, Sie packen andere Menschen an ihrer eigenen Neugier, holen das aus ihnen heraus, was sie am besten beherrschen, und fördern ihr Talent, indem Sie sie ständig zurück ins Feuer werfen, auch wenn sie Sie hassen und lernen, sich selbst zu lieben, wenn sie über sich hinauswachsen, wenn sie plötzlich mehr auf die Beine stellen, als sie sich selbst jemals zugetraut hätten, wenn sie Talent, Profi, Meister werden... dann sind Sie ein Coach! „Jeder Mensch trägt seine Talente mit sich herum, aber oft fehlt der Mut, sie umzusetzen. Angst, sich zu blamieren, vielleicht auch Existenzängste. Aber es gibt diese Momente, in denen sich eine Chance bietet, und dann genau muss man Mut fassen, es auch zu tun. Man kann nicht warten, dass einem jemand diese Träume erfüllt, dass die Regierung sich schöne Dinge ausdenkt, damit man gut leben kann.“, erläutert der erfolgreiche Schauspieler und Filmemacher Deutschlands Michael „Bully“ Herbig seine Vorstellungen von einem gelingenden Leben (DIE ZEIT 15. Juli 2004, S. 54).
Das Leben ist das, wozu wir es machen
DAS LEBEN IST DAS, WOZU WIR ES MACHEN
Hier schließt sich der Kreis. Ganz am Anfang dieser Einführung steht – aus gleicher Quelle – die Formel dieses Buches, Nietzsches Zitat: „Sei Du selbst – das bist Du alles nicht, was Du thust, meinst, begehrst“. Es besagt, dass man sich niemals am Ziel, immer nur in einer bestimmten Stufe des Lebens und seiner Entwicklung befindet. William James kommt zu einem ähnlichen Schluss: Das Leben ist das, „wozu wir es machen“ (zit. in Konersmann, Melancholie, S. 170). Das ist die psychologische Version dessen, was Immanuel Kant als „Zweck an sich“ bezeichnet hat: Der Mensch, das ist das Leben, das bist Du selbst mit deinen eigenen Zielen. Diese Ziele muss man erst einmal entdecken – oder wiederfinden. Gerade, wenn Du denkst, das bist Du selbst, bist Du es nicht. Keiner kann Dir im Prinzip in Dein Leben hineinpfuschen – und nur Du selbst hast es in der Hand. „Du selbst zu sein“, ist das Ziel. Der Antrieb auf dem Weg dorthin wird die Neugier sein. Die Erkenntnis, vielleicht jemand anderes zu sein, als das, was man „tut, meint, begehrt“, ist vielleicht ein gutes Zwischenergebnis – oder das, was Nietzsche mit „Ausströmung von Licht und Wärme, liebevolles Niederrauschen nächtlichen Regens“ meinte: Erleichterung, und das gute Gefühl, aus der Gewohnheit auszubrechen und auf dem richtigen Wege zu sein: „Gewiss, es gibt wohl andere Mittel, sich zu finden (...), aber ich weiß kein besseres, als sich auf seine Bildner und Erzieher zu besinnen“, sagt Nietzsche im gleichen Zusammenhang (Unzeitgemäße Betrachtungen, Werke Bd. 1:340). Das sind Ihre Coache.
Was wir jetzt besonders brauchen können, ist ein bisschen Pragmatismus. Die „Bildner“ unseres modernen Lebens sind Coache – und wir brauchen mehr denn je davon. Coaching bedeutet Kommunikation von höchster Qualität zu betreiben: auf seinem ureigenen Gebiet zu agieren, sich in die Situation anderer zu versetzen und mit seiner Brillanz anderen Menschen zu Brillanz auf ihrem Gebiet zu führen. Coaches sind deshalb weder Manager, noch Unternehmensberater oder Motivatoren – sondern Leute, die anderen Menschen ihre Stärken klar machen und auf diese Weise neue Energien freisetzen. Die deutsche Kulturgeschichte besitzt mit ihrem Aktivposten, der Aufklärung, und deren Heroen die besten Voraussetzungen für Coaching. Als einzige Kultur in der westlichen Hemisphäre hat sie die alten kartesianischen Werte von Mechanik, Wissenschaft und Fortschritt zugunsten eines Humanismus erhalten. Die Helden des „Coaching“ sind Kant, Goethe & Co.. „Licht, Liebe, Leben“ – die Herren wussten schon, wovon sie redeten.
Es steht alles, was man braucht, zur Verfügung: Ihre besondere Brillanz, die kein anderer Mensch besitzt. Milliarden von Menschen, deren Neugierde Sie wecken. Und ein Werkzeugkasten mit hundert Tools, die eine Service-Ökonomie braucht und die Sie zum Coach in Ihrem Metier machen. Wir werden Ihnen zeigen, wie es funktioniert.
Willkommen im Licht.
Willkommen im Leben.
Willkommen im Team.
2. WAS DIE WELT JETZT BRAUCHT, IST COACHING
2. WAS DIE WELT JETZT BRAUCHT, IST COACHING
„Um seine Träume zu verwirklichen, muss man sich den Arsch aufreißen.“
(Michael „Bully“ Herbig, 36,
Regisseur, Autor, Schauspieler, erfolgreichster deutscher Spielfilmproduzent aller Zeiten)
Wer gewinnt, ist modern
WER GEWINNT, IST MODERN
Zu den Olympischen Spielen in Athen 2004 wurde rechtzeitig eine neue Brücke fertiggestellt. Zur Einweihung darf ein besonders ausgezeichneter Ehrenmann als letzter Träger die Fackel des olympischen Feuers die letzten dreihundert Meter über diese Brücke tragen.