Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen 2. Heiko Schrang

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Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen 2 - Heiko Schrang


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seiner Karriere aber keinen Abbruch: Norbert Röger wurde im Jahre 2007 Präsident des Amtsgerichts in Chemnitz[58].

      An vorderster Front im Kampf gegen die organisierte Kriminalität im Leipzig der 90er-Jahre stand Georg Wehling.

      GEORG WEHLING – WIE DER VERFOLGER ZUM VERFOLGTEN WURDE

      Kommissar Wehling galt unter Berufskollegen als besonders gründlicher Ermittler. Im Zusammenhang mit dem Fall Klockzin stieß er auf alte Hinweise zum Kinderbordell ‚Jasmin‘, das 1993 für Schlagzeilen gesorgt hatte.[59] Wehling gab seinen Beamten daraufhin die Anweisung, sich die alten Akten zum Fall ‚Jasmin‘ noch einmal anzuschauen. Dabei stellten sie fest, dass niemals nach den Freiern gefragt worden war. Nun beschlossen sie, die Frauen erneut zu vernehmen.[60] Die ehemaligen Zwangsprostituierten Trixi und Mandy wollten auf Lichtbildern unter anderem Klockzin, Schneider und Schmid als Kunden erkannt haben.[61] Das war im Jahr 2000.

      Wehling ermittelte weiter und stieß auf ein zweites Kinderbordell. Im Frühjahr 2002 verfolgte der Kommissar wieder eine heiße Spur, es ging um Kinderhandel und sexuellen Missbrauch. Ein Pädophilenring betrieb ein Kinderbordell in der Leipziger Slevogtstraße, den ‚Club Rose‘.[62] Dort sollen aus Tschechien eingeschleuste Sinti- und Roma-Jungen zur Prostitution gezwungen worden sein.

      Als Wehling monatelang das Bordell beobachtete und schließlich zuschlagen wollte, waren die Räume jedoch leer. Da die Einzigen, die von dem Zugriff wissen konnten, Staatsanwalt und Richterschaft waren, mussten die Zuhälter einen Tipp bekommen haben. Jetzt passierte das Unfassbare für die Ermittler: Kurz nach dem verpatzten Zugriff, im Herbst 2002, kam es zu einem Sturm auf das Kommissariat von Wehling durch das LKA mit 60 Mann. Genau zur der Zeit als Wehling und seine Kollegen einem Geflecht krimineller Netzwerke und Grundstücksspekulationen auf der Spur waren. Zur selben Zeit arbeitete Norbert R. bei der Staatsanwaltschaft in Leipzig.[63]

      Der Chef der renommierten Truppe ‚K 26‘, Georg Wehling, wurde anschließend vom Dienst suspendiert, die Verdächtigung lautete auf Strafvereitelung im Amt und uneidliche Falschaussage. Er bestritt die Vorwürfe und witterte eine Intrige. Erst vier Jahre später wurde Wehling freigesprochen. An seinen früheren Arbeitsplatz aber kam er nicht zurück, stattdessen wurde er in die Kriminaltechnik versetzt, wo er die Fingerabdrücke von Kriminellen analysieren durfte, die er früher gejagt hatte.[64]

      Aber neben den Ermittlern interessierten sich zwischenzeitlich auch Journalisten für diese Machenschaften.

      KENNZEICHEN D – EIN BEITRAG MIT FOLGEN

      Am 24. Januar 1996 sendete das ZDF in seinem Magazin ‚Kennzeichen D‘ den Beitrag des freien, investigativen Journalisten Heinz Fassbender. Nach seinen intensiven Recherchen berichtete er über den skandalösen Umgang von Angestellten der Stadtverwaltung mit Filetstücken des Immobilienfonds Leipzigs sowie deren offiziellen Beratern. Der Beitrag fand insbesondere auch deshalb Beachtung, weil Heinz Fassbender und sein Team bei Dreharbeiten angegriffen und erheblich verletzt worden waren. Es ging um den dubiosen Immobilienerwerb eines leitenden Mitarbeiters der LWB (‚Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft‘), für die auch Klockzin arbeitete.[65]

      Nach Ausstrahlung des Beitrages überließ Fassbender drei Ordner seines Recherchematerial dem Landeskriminalamt (LKA) Sachsen im Vertrauen, dass dieses seine Erkenntnisse weiterverfolgen würden. Dem war aber nicht so. Es erfolgte diesbezüglich keine Rückmeldung vom LKA Sachsen.[66] Mehr noch, einen Teil seiner Unterlagen, will dieses „verloren“ haben.

      Seine wichtigste Informantin war die Rechtspflegerin Barbara Beer vom Amtsgericht Leipzig. Im Sommer 1996 verabschiedete sich die 49-jährige von ihrem Mann, um zum Kegeln zu gehen. Vier Jahre später entdeckten Arbeiter in der Elsteraue, einem Wald bei Rassnitz, ein Skelett, welches später als die sterblichen Überreste Barbara Beers identifiziert werden konnte.

      Ende 2000 wurde Heinz Fassbender erneut interessantes Material aus Sachsen zugespielt. Bei diesem Insidertipp ging es diesmal um die Einschleusung von Kindern aus Tschechien, vorrangig nichtregistrierte Kinder aus Sinti- und Roma-Familien.

      Günther Bernhardt, ein Freund, begleitete ihn auf seinen Recherchen nach Tschechien. In einem ‚Knabenbordell‘ in Prag erhielten sie brisante Hinweise auf eine Kinderprostituierten-Szene und in diesem Zusammenhang auch auf das Haus ‚Jasmin‘ in Leipzig. Nach eigenen Angaben wurden Fassbender und sein Freund Bernhardt bei Pilsen in einen Hinterhalt gelockt. Sie wurden in einem abseits gelegenen Gebäude auf brutale Art und Weise über Stunden geschlagen, gequält und geradezu gefoltert.[67]

      Erst nachdem sämtliche Aufzeichnungen und Kameras zerstört waren, wurden die Männer freigelassen. Sie flohen über die Grenze nach Bayern, wo sie von der dortigen Polizei, verletzt und völlig traumatisiert, ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

      Fünf Jahre später erhielt Fassbender erneut Hinweise auf Schleusungen von Kindern zum Zwecke der Prostitution, diesmal im Raum Görlitz. Brisant in diesem Zusammenhang erschien auch der Tipp eines Informanten, dass angeblich ein leitender Staatsanwalt in Bautzen eine starke und gewiss ungesetzliche Vorliebe für Kinder haben sollte.[68]

      Fassbender bot diesmal das brisante Thema einem Freund, Peter Hornstadt, an und half diesem bei einem Exposé sowie der Vorfinanzierung durch einen interessierten TV-Produzenten. [69]

      Günther Bernhardt unterstützte Hornstadt bei seinen Recherchen in Polen, da er dort über zahlreiche Kontakte verfügt. Am 19. August 2005 fand er Peter Hornstadt an einem vereinbarten Treffpunkt in der Nähe von Weißwasser bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen, schwer verletzt und völlig verstört auf.

      Man sollte davon ausgehen, dass in diesem Fall durch das LKA Ermittlungen eingeleitet worden wären, um die Täter ausfindig zu machen. Jedoch das Gegenteil ist passiert, denn das LKA Sachsen ermittelte, geleitet durch die Staatsanwaltschaft Görlitz (Staatsanwalt Sebastian Matthieu), gegen Herrn Hornstadt wegen vermeintlichen Versicherungsbetruges und gegen die Herren Fassbender und Bernhardt wegen Beihilfe dazu.

      Als Fassbender die Staatsanwaltschaft Görlitz, die 2005/2006 von Staatsanwalt Norbert Röger geleitet wurde, darauf hinwies, dass doch eigentlich gegen den Bautzener Staatsanwalt, den er längst namhaft gemacht hatte, ermittelt werden müsste, wurde er als ‚Trittbrett-Fahrer‘ abgetan.[70]

      Andere investigative Journalisten, die den Skandal aufzuklären versuchten, wurden drangsaliert und gerichtlich verfolgt. Nachdem Heinz Fassbender überfallen, gefoltert und lebensgefährlich verletzt worden war, ist er nun Frührentner.

      Anderen erging es besser, denn das Verfahren gegen einen pädophilen Staatsanwalt brach zusammen und wurde eingestellt, da die Akte auf dem Postweg verschwand.[71]

      Dafür wurde gegen Fassbender wegen Verleumdung ermittelt. Peter Hornstadt, der die Recherche fortsetzte, ereilte das gleiche Schicksal. Überfallen, halb totgeschlagen und nur knapp gerettet, lebt er heute in Pflegestufe II. Auch in diesem Fall hilft die Justiz nicht. Ähnlich wie im Fall Fassbender wird ihm unterstellt, er habe sich selbst verstümmeln lassen, um an die Rente zu gelangen. Daraufhin musste er vor Gericht mühsam um seine Rente kämpfen.

      Am Ende standen diverse Ermittlungsverfahren gegen 20 Journalisten, die mit dem Fall „Sachsensumpf“ befasst waren.[72]

      Eine bemerkenswerte ‚Justizpolitik‘ erfuhren auch die deutschen Journalisten Arndt Ginzel und Thomas Datt, die für den ‚Spiegel‘ und den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) recherchiert hatten. [73]

      Die freien Journalisten veröffentlichten ihre Ergebnisse, am 20.01.2012 in der ‚Jungen Gemeinde Stadtmitte‘, in Jena, mit der Überschrift: „‘Sachsensumpf‘ – ein Geflecht aus Korruption und Rotlicht“. Auch auf ‚Zeit Online‘ wurde das Material veröffentlicht. Sie traf ein ähnliches Schicksal, wie allen andern auch, die über die Machenschaften berichteten. Es wurde Anklage gegen


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