Der Samurai-Manager. Reinhard Lindner

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Der Samurai-Manager - Reinhard Lindner


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alt=""/> Mut heißt, das zu tun, was getan werden muss.

      Mut heißt, das zu tun, was getan werden muss. Dem steht meist die Angst im Wege. Das heißt: Um Mut zu trainieren, muss ich der Lage sein, die Angst zu überwinden. Angst bedeutet psychologisch betrachtet sich in einen Zustand zu versetzen, von dem man selbst nicht möchte, dass er eintritt. Dieser Zustand ist im Moment der Angst aber noch nicht real und somit auch nicht existent. Man fürchtet sich also vor etwas, was es noch gar nicht gibt. Angst resultiert auch aus der Tatsache zu glauben, etwas hergeben zu müssen, was man behalten möchte. Der Samurai ging mit der Vorstellung in den Kampf, er sei bereits tot. Denn jemand, der bereits tot ist, hat nichts zu verlieren. Wenn er nichts zu verlieren hat, muss er auch vor nichts mehr Angst haben. Hinzu kam die traditionelle Ansicht, dass der Verlust des Lebens nicht das Schlimmste war, das einem Menschen zustoßen konnte, sondern der Verlust seiner Ehre. Dieses fest verankerte Wertebild machte die Samurai zu unglaublich entschlossenen und mutigen Kämpfern, die in der Lage waren, in einem Kampf beinahe übermenschliche Kräfte zu entwickeln.

      Entschlossenheit war ein Wert, der bei einem Samurai über Leben und Tod entschied. Das Gegenteil von Entschlossensein ist Zögern. Dies war in einem Kampf mit einem Todesurteil gleichzusetzen.

      

Entschlossenheit zu trainieren, setzt eine gute Intuition voraus und die ist ein Zusammenspiel aus allen Werten.

      Angst und Unentschlossenheit sind die größte Geißel vieler Manager. Wie man damit umgeht und diese Problematik auch wirkungsvoll und nachhaltig therapiert, werde ich im Kapitel „Die Werte der Samurai in Bezug auf unser Geschäftsleben“ ausführlich behandeln. Wie bereits erwähnt, war ein Samurai seinem Daimio oder Shogun gegenüber zu Loyalität verpflichtet. Loyalität ist aber nicht zu verwechseln mit Unterwürfigkeit oder bedingungslosem Gehorsam. Im Gegenteil: Der Samurai war verpflichtet, seinen Herren darauf aufmerksam zu machen, wenn er davon überzeugt war, dass dessen Entscheidung falsch war. Das Ignorieren einer Fehlentscheidung galt als illoyal.

      Wir sehen also, dass ein Samurai ein breites Spektrum an Werten zur Verfügung hatte. Das Harte konnte sich ohne das Zarte nicht entfalten und die Disziplin nicht ohne eigenständiges Denken. Der Samurai verkörperte Werte, welche viele Manager zu viel besseren Führungskräften machen würden, wovon wiederum die Unternehmen und auch deren Mitarbeiter enorm profitieren könnten.

      

Werte sind die Basis nachhaltigen Erfolges.

      1853 landete der amerikanische US-Commodore Matthew Calbraith Perry5 mit seinen Schiffen an der Küste Japans und brachte eine neue Waffentechnologie mit, welche dem Samurai-Schwert naturgemäß überlegen waren. Er zwang die Japaner 1854 im Vertrag von Kanagawa zur Öffnung des Landes für amerikanische Handelsschiffe und zu einem langfristigen Handelsabkommen mit den USA. Schusswaffen wurden ins Land gebracht und an die Bevölkerung verkauft. Pistolen und Gewehre waren selbst den besten Meistern der Schwertkunst überlegen und somit verloren die Samurai allmählich ihre Bedeutung als Krieger.

      1.2 Lebt der Samurai-Geist auch heute noch in der japanischen Gesellschaft und in deren Unternehmen?

      Zwischenzeitlich hat China seinen „Alt“-Konkurrenten Japan aufgrund seines gigantischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Platz drei verdrängt. Doch die Wirtschaftskraft Japans ist auch heute noch enorm. Wenn man nämlich die wirtschaftliche Leistung der Einwohner des jeweiligen Landes vergleicht, sieht das Verhältnis ganz anders aus. Wir sprechen hier von einem Faktor 6. Das heißt, ein Japaner erbringt die gleiche Wirtschaftsleistung wie sechs Chinesen.

      Es ist natürlich spannend, der Frage nachzugehen, wie es das zerbombte Japan nach dem Zweiten Weltkrieg in nur 23 Jahren geschafft hat, zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt aufzusteigen. Auf der vergleichsweise kleinen Insel im Pazifik sind zwei Drittel der Fläche unbewohnbar, und seit den 1960er-Jahren werden so gut wie keine Rohstoffe mehr gefördert. Warum gerade Japan und nicht die Türkei, Mexiko oder Brasilien? Dort gibt es ähnlich viele Einwohner. Spielt der Geist der Samurai vielleicht eine Rolle?

      Um diese Frage zu beantworten, habe ich 2010 eine Studie in Japan durchgeführt. Es ist mir gelungen, eine Reihe von Topmanagern zu interviewen, die in internationalen Unternehmen mit Niederlassungen in Japan tätig sind. Meine Gesprächspartner waren sowohl westlicher als auch japanischer Herkunft.

       DR. MARTIN GLATZ

       Wirtschaftsdelegierter für Japan

       Wie kommt die hohe Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen zustande?

      Die Unternehmen bestimmen das Leben der Japaner. Dieses Prinzip ist zwar in den letzten Jahren in manchen Fällen durchbrochen worden, gilt aber in einem hohen Maße immer noch. Die Freizeit ist im Vergleich weniger wichtig, auch wird sie oft noch mit Arbeitskollegen verbracht. Die Familie hat sekundären Stellenwert. Es sind vor allem Schulen und Universitäten, über die sich Japaner ein effizientes Netzwerk aufbauen. Der berufliche Erfolg wird nicht wesentlich von der Familie bestimmt.

       Wie werden die Mitarbeiter motiviert?

      Dem Mitarbeiter winkt jedenfalls in größeren Unternehmen eine stattliche Abfertigung, meist mit dem sechzigsten Lebensjahr. Oft wird danach eine zweite Karriere begonnen. Die Erwerbsquote liegt in der Altersgruppe der 60- bis 65-Jährigen noch bei beachtlichen 60 Prozent. Mehr noch als durch finanzielle Anreize werden Japaner von ihrem Willen motiviert, sich nützlich zu machen und zum Gemeinwohl beizutragen.

       Stimmt es, dass es in Japan kein „Neinsagen“ gibt?

      Natürlich gibt es ein „Nein“, aber es wird umschrieben, für die der Sprache Mächtigen in der Regel unmissverständlich. Auch das „Ja“ hat Nuancen. Das japanische Wort für „Ja“ ist „Hai“ und bedeutet, „Ich habe gehört, dass du etwas gesagt hast“, und nicht „Ich habe dich verstanden“. Es bringt also keine Zustimmung zum Ausdruck und ist somit weit weg von unserem „Ja“. In diesem Zusammenhang fallen immer wieder zwei Begriffe: „Tate mae“ (Höflichkeit, aber auch im Sinne von Schein oder Fassade). Im Gegensatz dazu steht „Honne“ (Realität), und die sieht oft recht anders aus.

      Ein Fallbeispiel aus der Praxis: Ein österreichisches Unternehmen hatte eine Maschine nach Japan verkauft und bei der Inbetriebnahme wurde ein japanischer Mitarbeiter verletzt. Aus dem Bericht war klar zu erkennen, dass der Unfall auf einen Bedienungsfehler zurückzuführen war. Damit stand für das österreichische Unternehmen fest, wo die Schuld lag, und es entzog sich berechtigterweise der Verantwortung. Das wurde dem japanischen Partner auch so kommuniziert, mit folgenschweren Konsequenzen. Der japanische Kunde erwartet von seinem Lieferanten das gemeinsame Beseitigen von Problemen, unabhängig von der Verantwortung für das Herbeiführen derselben. Das österreichische Unternehmen verlor schnell das Vertrauen seines Kunden und bald der gesamten Branche. Bis heute war es der Firma nicht möglich, neu in den Markt einzutreten.

       Wie laufen die Entscheidungsprozesse?

      Anders als bei uns. Es werden alle Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess mit eingebunden, von unten nach oben. Jeder, der von der Entscheidung betroffen ist, darf seine Meinung abgeben, wie sich die Veränderung auf sein Arbeitsumfeld auswirkt. Das kann sehr langwierig sein, dafür werden Entscheidungen dann von allen getragen und es muss im Nachhinein keine Überzeugungsarbeit mehr geleistet werden. Die Mannschaft steht gesammelt dahinter, alles läuft wie ein Uhrwerk.

       Wo liegen die Unterschiede beim Verhandeln?

      Man verhandelt immer im Kollektiv, nie mit Einzelnen. So gesehen kann man auch


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