Was GOTT ADAM und EVA nicht sagte. Daniel Allemann

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Was GOTT ADAM und EVA nicht sagte - Daniel Allemann


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aber nicht daran, mich an Bertrand zu klammern. Weil ich ihn ja immer noch liebte. Schon lange hatte seine Stimme keine Wirkung mehr auf mich. Und auch der Rest nicht! Aber es gab für mich einen Beweggrund, den ich jetzt absurd finde: Ich hatte Angst, mich ohne ihn komplett verloren zu fühlen. Ich war abhängig von unseren Gewohnheiten, von meinem Status als verheiratete Frau.

      Es war eine schallende Ohrfeige, die mir sozusagen den Todesstoß gab und aus dieser düsteren Zeit herauskatapultierte. Gutmeinende Freundinnen hatten sich organisiert, um mir zu offenbaren, was bereits alle wussten. Mein Mann betrog mich mit allem, was ihm unter die Finger kam: Praktikantinnen, Klientinnen, Kolleginnen, Bekannte ... Für mich ein heilsamer Elektroschock! Noch am selben Tag reichte ich die Scheidung ein und zog in ein Hotel.

      Ein Jahr später wurde das Urteil gefällt, ich war ihn endgültig los. Inzwischen hat er eine Bankierstochter geheiratet. Immer noch genauso clever, wenn es ums Geld geht! Seine neue Frau betrügt er genauso wie mich damals. Aber sie macht sich nichts draus: Sie steht mehr auf Frauen. Was mich betrifft, war ich 31, und mein Leben fing noch einmal ganz von vorne an.

      Ich weiß nicht, ob es Kompensation war oder es daran lag, dass ich wieder Freude an allem fand, aber in den folgenden Monaten hatte ich ein äußerst reges Sexleben. Immerhin gab es ja auch einiges nachzuholen. Meine Ehejahre ließen sich zu einer langen Wüstendurchquerung zusammenfassen. Kein Verlangen, keine Lust, sogar alleine nicht, keine Fantasien. Annäherungen meines Mannes ertrug ich nicht mehr. Schon der Gedanke daran machte mich ganz krank. Es stieß mich förmlich ab. Am Ende fragte ich mich, ob ich eigentlich anormal geworden war, vielleicht ja sogar eine Lesbe, oder irgendein frigides Monster, was meine Verfassung nur noch weiter Richtung Nullpunkt zog.

      Was dann folgte, beruhigte mich letztendlich aber schnell. Die Kerle gaben sich bei mir und auch an anderen Orten die Klinke in die Hand. Eine Ecke im Büro, ein einsames Wohnzimmer, ein Treppenhaus, ein Autorücksitz waren genug. Spaß war zur einzig wichtigen Sache geworden. Das körperliche Vergnügen, das Glück, mich endlich wieder als verführerische, begehrte Frau zu fühlen, die imstande war, ihren aktuellen Partner zu befriedigen. In all dem gab es keinen Platz für so einen Quatsch wie die Liebe, von dem die jungen Mädels sich so blenden lassen ...

      Sobald ich ein bisschen Zärtlichkeit und Spaß bekommen hatte, sagte ich meinen One-Night-Stands auch schon wieder goodbye. Meistens fiel es ihnen schwer, das so hinzunehmen, es kam ihnen komisch vor, so schnell von einer Frau wieder fallen gelassen zu werden. Ich muss zugeben, dass es mir eine Genugtuung war, sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Alle der Reihe nach! Es geschah ihnen recht!

      Wir versprachen uns, uns bald wieder für eine neue Runde Bettgymnastik zu verabreden. „Verlass dich drauf, mein Freund!“ Ich hatte keine Absicht, mein Versprechen zu halten. „Der eine kommt, der andere geht“, wie die Männer es so elegant ausdrücken! Rückblickend finde ich es ziemlich erbärmlich, wie ich mich unbewusst an ihnen rächte. Stolz kann ich darauf sicherlich nicht sein! Ein weiterer Fehlschlag also, den ich meiner Reihe von Enttäuschungen hinzufügen konnte.

      Mein freies Single- oder Lotterleben, wie man eben will, führte ich weiter bis zu dem Tag vor vier Jahren, als ich Serge begegnete. Er gefiel mir sofort. Groß, kräftig, gediegen. Nicht wirklich schön, aber solide.

      Solide, genau das ist das Wort. Das genaue Gegenteil meines Exmannes.

      Ich liebte ihn nicht - an dieses Gefühl glaubte ich schon lange nicht mehr, ich sage es nochmals. Aber ich empfand echte Sympathie und nicht wenig Bewunderung für ihn, was mir wesentlich wichtiger erschien als dieser sentimentale Quatsch, der so schnell verfliegt und von dem man sich ewig nicht erholt.

      Ich hatte ihn auf einem Presseempfang bei einem Cocktail kennengelernt, anlässlich eines Filmstarts, an den ich mich nicht mehr erinnere. Er war Auslandskorrespondent für einen TV-Sender, ich war gerade von der Frauenzeitschrift eingestellt worden, für die ich seitdem arbeite. Wir mochten uns direkt, und eine halbe Stunde später ergriffen wir gemeinsam die Flucht vor den Langweilern, von denen es auf solchen Empfängen nur so wimmelt.

      Müsste ich einen Jungmädchenroman schreiben, dann würde ich jetzt sagen, dass wir von diesem Augenblick bis an unser Lebensende zusammenblieben. Aber so war es nicht. Wir verbrachten ein tolles Wochenende in Deauville, das stimmt. Aber am Montag darauf reiste Serge für eine Reportage nach Südamerika, wo gerade Arbeiterdemonstrationen begonnen hatten, und ich nach England, um Prinz Charles zu interviewen.

      Unsere Beziehung entwickelte sich analog zu dieser kurzen, ungewissen ersten Begegnung. Zwischen zwei Reportagen liefen wir uns über den Weg und hatten nur Zeit, um uns kurz zu treffen und ein paar schöne Momente miteinander zu teilen, bevor dann jeder wieder seine Koffer packte oder er zum Beispiel ans andere Ende der Welt reiste und ich allein in Paris zurückblieb.

      So merkwürdig das klingt, aber damals litt ich an der Einsamkeit noch mehr, als wenn ich niemanden in meinem Leben gehabt hätte. Abwesenheit ist ganz schön schmerzhaft, wenn sie öfter vorkommt. Und eine Telefon- oder E-Mail-Beziehung ist auf Dauer frustrierend. Alles in allem verstanden wir uns gut, Serge und ich, aber das alle Jubeljahre mal.

      Ich weiß nicht, was wir hätten anders machen können. Er liebte seinen Job, ich meinen. Es konnte nur so weitergehen, bis wir Rentner waren. In unserem letzten Beziehungsjahr sprachen wir, wieder einmal am Telefon, gemeinsam darüber und beschlossen, uns zu trennen. Wir sind gute Freunde geblieben. Manchmal treffen wir uns zufällig in Paris oder anderswo. Wir nutzen die Gelegenheit, indem wir zusammen essen und uns alles Schöne vorstellen, was wir gemeinsam so gemacht hätten ...

      Seit fast zwei Jahren habe ich niemanden in meinem Leben und beklage mich nicht darüber. An Gelegenheiten mangelt es mir nicht. Wie es diese Schnepfe von Moderatorin ausdrückte, sehe ich ganz gut aus und gefalle auch. Aber in meinen Beziehungen mit Männern habe ich so viel gelitten, dass ich lieber vernünftig bleibe und sie auf Abstand halte. Je weiter sie von mir weg sind, umso besser geht es mir. Wenn ich ganz ehrlich mit mir selbst bin, muss ich zugeben, dass ich Angst habe, mich wieder in eine Beziehung zu stürzen.

      Angst, wieder zu leiden und einem neuen Fehlschlag entgegenzusteuern, der das Fass zum Überlaufen bringen würde. Ich habe genug eingesteckt und fühle mich nicht mehr stark genug, um vorhersehbare Enttäuschungen zu ertragen.

      Und genau, als mir diese Angst wirklich bewusst wurde, kam mir die Idee, die Artikelserie über Liebe und Gefühlsegoismus zu schreiben, mit der ich dann bekannt wurde. Ich bin die Erste, die von diesem Erfolg überrascht ist.

      Es ist wirklich eigenartig, der neue Medienliebling zu sein.

      Mein Ziel war das nicht. Ich - die „Meisterin der Manipulation in der Liebe“? Von wegen! Um das zu behaupten, müsste man schon bösgläubig oder verdammt eifersüchtig sein. Als ich mit meinen Recherchen anfing, wollte ich herausfinden, ob ich zu desillusioniert war, um überhaupt noch Liebe zu sehen, wenn sie vorhanden war, oder ob ich guten Grund hatte zu glauben, dass es sich nur um eine Illusion handelte. Die Antwort bekam ich. Und seitdem versuche ich, meinen Leserinnen und Lesern schmerzhafte Enttäuschungen zu ersparen. Übrigens bereite ich gerade eine neue Artikelserie über dasselbe Thema vor und habe mein Manuskript von Die Liebe: eine einzige Katastrophe! fast fertig!

      Ein Klingeln riss mich aus meinen düsteren Gedanken. Die Brasserie war jetzt brechend voll, draußen goss es in Strömen. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich begriff, dass mein Handy klingelte. Es war meine Chefredakteurin: „Ich habe dein Interview heute Morgen gehört.“ (Sie macht sich nie die Mühe, sich erst mal vorzustellen.) „Du warst großartig, groß-artig! Wie immer ...“

      So ist sie eben, enthusiastisch, exzessiv, hyperdynamisch, anstrengend. Im selben Ton fügte sie hinzu: „Und deine Idee, das Gefühl von Liebe mit der Angst vor Einsamkeit zu verbinden: Klasse! Du musst einen Artikel darüber schreiben. Das wird super ankommen.“

      „Wann du willst, Christine ...“

      „Sofort. Ich reserviere dir vier Seiten in der Novemberausgabe ...“

      Sie hielt inne.

      „Aber ich rufe wegen etwas anderem an. Du musst mir einen großen Gefallen tun ...“

      Na das klang ja zu schön ...


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