Menschen im Krieg – Gone to Soldiers. Marge Piercy

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Menschen im Krieg – Gone to Soldiers - Marge Piercy


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hatte nichts mit der respektablen Seite von Zachs Leben zu tun. Man würde ihn dort nicht einmal zur Tür hereinlassen.

      Zach drängte ihn, nach England herüberzukommen, unterließ es aber, ihm Fahrkarten zu schicken, was hieß, dass es ihm nicht ernst war. Zach musste wissen, dass Jeff nicht einmal das Geld hatte, um nach Hause zu fahren, geschweige denn nach Europa. Was hatte die Depression für Zach bedeutet: mehr Gesindel auf den Straßen? Jeff, dessen Leben von der Depression zu Bruchstücken aus Hilfsarbeit und Arbeitslosigkeit in etlichen Städten und Landstrichen zerhackt worden war, der zum hundertsten Mal in der Flohkiste einer Absteige schlief, der bei diversen Notprogrammen der Regierung gearbeitet und Steine für den Straßenbau gebrochen und Weizen geerntet hatte, verspürte einen stechenden Groll, stark genug, um seinen Freund zu durchbohren wie ein Dolch aus Eis.

      Aber Zach kam mit seinem Vater nicht besser aus als Jeff mit dem Professor; Zach war früh in die Rolle des zweiten, des schlechten Sohnes, des schwarzen Schafs gefallen. Er hatte nie in das Leben hineingepasst, das für ihn zurechtgelegt war wie der Gesellschaftsanzug von einem Kammerdiener. War er endlich entronnen?

      Jeff wollte nach Hause. Nicht zu seinem Vater, dem kalten Zwangsneurotiker, den nur seine eigene Arbeit und seine eigene Bequemlichkeit kümmerten und der ihm das Gefühl gab, ein unartiges, pflichtvergessenes Kind zu sein. Nach all den Jahren, die der Professor damit verbracht hatte, Schützlinge durch die Museen Europas zu schleifen, hatte er kein Verständnis für einen Sohn, der malte. Jeff wollte nach Hause zu Bernice, die seine Mutter war und auch wieder nicht. Natürlich war sie es nicht, denn sie hatten eine richtige Mutter gehabt, jenes Geschöpf aus Fleisch und Intellekt und Humor und Betriebsamkeit, die beste Köchin des Lehrkörpers, die Gedichte liebte und sie ihnen statt alberner Kinderbücher vorlas, die ihnen die Ilias in der Übersetzung von Alexander Pope vorlas und manchmal in Griechisch rezitierte, deren Schoß es nie an Platz und Wärme fehlen ließ.

      Bernice war in einem anderen Sinne seine Mutter, denn sie war alles, was ihm danach geblieben war. Sie hatten einander großgezogen. Wenn sie doch nur sein Zwillingsbruder gewesen wäre, ein Junge, der zu einem Mann heranwuchs, dann würden sie sich zusammen in der Welt umtun. Bernice hätte einen ansehnlichen Mann abgegeben. Doch für eine Frau war sie zu groß, eins fünfundsiebzig und grobknochig, eine Frau, die einen Pflug ziehen konnte. Zu einer anderen Zeit wäre sie anders angeschaut worden. Bei den großen quadratischen Frauenakten aus Picassos klassischer Periode musste Jeff an seine Schwester denken.

      Jetzt wollte er bei ihr sein, umfangen von der intelligenten Wärme, die nie ohne Urteil war, aber nie destruktiv. Er wollte verhätschelt werden. Er wollte die Abenteuer mit ihr teilen, die seit seiner Kindheit beim Erzählen fast beglückender waren als beim Erleben. Nichts war ganz wirklich, bevor Brachvogel es erfuhr. Stattdessen saß er hier in Denver.

      Wenn er es bis Boulder schaffte, konnte er eine Mitfahrgelegenheit bekommen, sobald die Schulen in die Weihnachtsferien gingen, aber der Gedanke, so lange zu warten, ließ ihn vor Selbstmitleid einschrumpfen. Er wollte die letzte Leinwand betrachten, die er vollendet und Bernice geschickt hatte. Er wollte morgens auf dem felsigen Jumpers Mountain malen, wenn Schnee die Landschaft bestäubt hatte.

      Entweder ließ er sich von Lastwagen mitnehmen, oder er schmuggelte sich auf der Eisenbahn durch, aber er bat nie um Geld von zu Hause. Das Gehalt des Professors reichte kaum zur Haushaltsführung. Der Krieg hatte den Sommerexkursionen, die so viel eingebracht hatten wie neun Monate Unterricht, ein Ende bereitet. Bernice kam zurecht, aber Jeff wusste, wie sparsam sie wirtschaftete. Er selbst hatte dieses großbürgerliche Sommerleben in vollen Zügen genossen, Hotels, Restaurants, Museen, den Künstler spielen zu können, der er in Wirklichkeit war. In Taos vermischten sich die Gesellschaftsschichten in der ortsüblichen Uniform aus Levi’s, buntem Halstuch und Stiefeln, dennoch lebte er als Landarbeiter und nicht als Maler. Das tat weh.

      Bernice war erlaubt worden, am College-Unterricht teilzunehmen, aber einen Abschluss hatte ihr St. Thomas nicht zugestanden. Der Professor wollte ihr nicht erlauben, einer Arbeit nachzugehen, selbst wenn sie die Ausbildung dafür gehabt hätte. Er, Jeff, würde immer auf die Füße fallen. Er war kein Mann, der mit der Sicherheit elterlicher Monatswechsel auf Abenteuer ging. Er war frei. Wenn er nach Hause fuhr, dann, weil er sich nach seiner Schwester sehnte, nicht, weil er irgendetwas von ihnen erwartete. Jetzt musste das kleine Problem gelöst werden, wie dorthin gelangen.

      Dolores hatte ihm anfangs diesen Hafen geboten, den warmen Ort, den er bei Frauen suchte. Frauen schienen ihn stets aus einer Menschenmenge, aus Festgedränge herauszufischen. Eine der unangenehmen Begleiterscheinungen des Landstreicherlebens war, dass seine Tagelöhnerarbeiten ihn oft in reinen Männerenklaven festhielten, und in Wahrheit hatten die meisten Männer keine Ahnung, wie man lebte. Sie bauten keine Nester, sie schufen keine Behaglichkeit, sie machten das Schlimmste aus ihren Unzulänglichkeiten. Er mochte es, zu einer Frau zu ziehen.

      Mit Dolores hatte er nicht eigentlich zusammengelebt, denn zu seiner Anstellung bei Quinlan gehörte eine eigene Unterkunft, und Dolores achtete sehr auf die Meinung der Nachbarn. Trotzdem hatte sie oft für ihn gekocht, und er konnte sich in die Gemütlichkeit ihres weiß gekalkten Adobehauses einkuscheln. Er hatte sie gerne angeschaut, sogar ein paar Zeichnungen gemacht, obwohl er wusste, wenn er eines seiner wenigen Porträts malte, dann verwandelten Menschen sich in Landschaften. Ihr Gesicht war faszinierend asymmetrisch. Dolores war sich nicht bewusst, dass die eine Seite ihres Gesichts eckiger war und die andere weicher. Schatten, die darüber hinspielten, hatten nie aufgehört, ihn zu fesseln. Ihr Körper war von gefälliger Üppigkeit, mit dem herausgestreckten vollen Hintern, den in barocker Rundung sich wölbenden Hüften mit den zwei deutlich unterscheidbaren Einbuchtungen. Im Dunkel ihrer Haut fanden sich Bernsteintöne und ein schwaches Grün.

      Dolores hatte zu ihm gesagt, er sei ein alter Kater, un gaton, der sich daran gewöhnt habe, umherzustreichen und Mahlzeiten zu schnorren. Dann hatte sie Druck auf ihn ausgeübt, sich häuslich niederzulassen. Warum taten Frauen das? Sie erkoren ihn wegen seiner Ausstrahlung des Weitgereisten, seiner romantischen Aura des rastlosen Wanderers, der morgen fort ist, und dann versuchten sie ihn für die Häuslichkeit zu gewinnen.

      In normalen Zeiten hätte er das College abgeschlossen und dann hier oder im Ausland eine Kunstakademie besucht, wäre zurückgekommen, um zu unterrichten und zu malen, zu heiraten und Kinder zu haben. Aber es war kein Geld da gewesen und keine Arbeit. Er hatte sich aufgemacht, mit der Armee der heimatlosen Männer von Güterzug zu Amüsierviertel zu Arbeitsvermittlung zu wandern. Als er dann schließlich den Wettbewerb eines Notprogramms der Regierung zur Ausschmückung von Postämtern mit Wandbildern gewonnen hatte, war er es schon gewohnt, seine Sachen zu packen und weiterzuziehen, sobald sich Schwierigkeiten auftaten.

      Eines Tages würde er sich niederlassen, aber nur, wenn er den richtigen Ort fand, den passenden Ort, seine eigene Landschaft und eine Frau, die die Schönheit von Dolores mit der Eigenständigkeit und Intelligenz von Bernice verband. Er war wie einer, der aus Notwendigkeit, um die Schmerzen zu nehmen, auf Morphium gesetzt und süchtig geworden war. Weiterzuziehen war ihm zur Gewohnheit geworden, aber er träumte ständig von einer Gefährtin. Einer, die wusste, wie es in der vorigen Stadt oder im vorigen Land gewesen war, die Barcelona kannte, bevor Franco herrschte, und London vor dem Blitz und Paris, bevor die Nazis es besetzt hatten. Ein gemeinsames Koordinatensystem. Nicht einmal die Angst vor dem Krieg konnte das herstellen. Die meisten Leute schienen davon auszugehen, dass er nie kommen würde. Die einzig gemeinsame Kultur schienen Filme und Comicstrips zu sein. Jeder redete über Gasoline Alley, Li’l Abner, Dick Tracy. Vielleicht war das der Grund, warum er unbedingt nach Hause musste, jetzt, sofort. Bernice war seine Schatzkammer. Alle Geschichten endeten in ihrem Kopf.

      Am Donnerstagmorgen säuberte er sich am Bahnhof und stiefelte zu einem Fernfahrertreff. Er wurde fast sofort fündig. Ein firmenunabhängiger Fahrer, der eine Fuhre Reifen abholen und nordwärts nach Cheyenne fahren sollte, erklärte sich bereit, ihn zum Auf- und Abladen mitzunehmen. Er war froh, einen Schritt näher zu kommen. Diese Reise war ein Schachspiel, in dem er der Springer war, der jedes Mal zwei Schritte vorwärts und dann einen Schritt zur Seite tat. Die Reifen stellten sich als riesig heraus, für Erdbewegungsfahrzeuge. Der Mann schaute ihn zwar anfangs skeptisch an, aber Jeff hatte keine Zweifel an seiner Fähigkeit, ungefüge Gegenstände zu wuchten. Er war kräftiger, als er aussah, ohne ein Gramm Fett; und er


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