Verlorene Geheimnisse des Betens. Gregg Braden

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Verlorene Geheimnisse des Betens - Gregg Braden


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ist sehr einleuchtend, dass wir tief in unserem Inneren bereits die Kraft besitzen sollen, mit der Macht zu kommunizieren, die für unsere Existenz verantwortlich ist! Damit wir das jedoch auch tun können, müssen wir zunächst herausfinden, wer wir wirklich sind.

       Die zwei universellen Fragen

      Der Paläoanthropologe Louis Leakey wurde einst gefragt, warum seine Arbeit, die darin bestand, den ältesten Nachweis menschlicher Existenz zu finden, so wichtig sei. Er antwortete: „Ich bezweifle, dass wir uns jemals wirklich weiterentwickeln können, ohne zu verstehen, wer wir sind und woher wir kommen.“

      Ich denke, in Leakeys Worten liegt eine Menge Wahrheit, und zwar so viel, dass ich den Großteil meines Erwachsenenlebens damit beschäftigt war, danach zu suchen, wer wir sind und wie uns altes Wissen dabei helfen kann, bessere Menschen zu werden und eine intaktere Welt zu erschaffen. Außer in die Antarktis führte mich meine Suche nach dem Mysterium unserer Vergangenheit auf jeden Kontinent unseres Planeten. Von riesigen Städten wie Kairo und Bangkok über abgelegene Dörfer in Peru und Bolivien, von alten Klöstern im tibetischen Himalaja bis hin zu hinduistischen Tempeln in Nepal war in allen Kulturen, die ich

      kennenlernen durfte, ein Thema immanent: Die Menschen auf diesem Planeten haben genug von Leid und Ungewissheit, die ihr Leben im zwanzigsten Jahrhundert wesentlich bestimmt haben. Sie sehnen sich nach Frieden und der Aussicht auf eine bessere Zukunft.

      So verschieden unsere Kulturen und Lebensweisen nach außen hin auch erscheinen mögen, im Inneren suchen wir doch alle nach ein und demselben: einem Land, das wir als unser Zuhause bezeichnen können, einer Möglichkeit, für unsere Familie sorgen zu können, und einer besseren Zukunft für uns und unsere Kinder. Parallel dazu gibt es zwei Fragen, die mir Menschen aller Kulturen immer wieder stellen, sei es direkt oder mithilfe eines Dolmetschers. Die erste lautet: „Was geschieht mit unserer Welt?“ und die zweite: „Was können wir tun, um die Welt besser zu machen?“ Die Antwort auf beide Fragen ist offenbar in dem einfachen Wissen zu finden, das die Gebetstraditionen unserer Zeit mit den ältesten und anerkanntesten spirituellen Überlieferungen der Vergangenheit verbindet.

      Vor vierhundert Jahren wurden im Wüstenhochland des amerikanischen Südwestens die großen Hüter des Wissens der Navajo von der Erde, der Natur und den benachbarten Stämmen schweren Prüfungen unterzogen.

      Durch die Grenzen, die ihnen durch Dürre- und Hitzeperioden sowie Nahrungsknappheit immer wieder auferlegt wurden, erkannten die Navajo, dass sie die Kraft ihres inneren Schmerzes dazu nutzen mussten, um die rauen Bedingungen der Außenwelt ertragen zu können. Letztlich hing ihr Überleben davon ab, dass sie lernten, diese Erkenntnis umzusetzen. Sie erkannten nicht nur, dass die Prüfungen des Lebens sie in die Tiefen ihres größten Schmerzes führten, sondern auch, dass eben diese Prüfungen ihre größten Stärken hervorbrachten.

      Der Schlüssel zum Überleben lag darin, in die Herausforderungen des Lebens einzutauchen, ohne sich im Erleben zu verlieren. Sie mussten eine Art Anker in ihrem Inneren finden – einen Glauben, der ihnen die innere Stärke verlieh, um die Prüfungen zu bestehen – und das Wissen, dass ein besserer Tag folgen würde. Aus dieser Position der Stärke heraus fanden sie das Vertrauen, Risiken einzugehen, ihr Leben zu ändern und ihre Welt sinnvoll zu gestalten.

      Unser Leben heute unterscheidet sich möglicherweise nicht so sehr von dem dieser tapferen Menschen, die das Wüstenhochland des amerikanischen Südwestens bevölkerten, bevor die Vereinigten Staaten von Amerika gegründet wurden. Obwohl sich die Schauplätze und Umstände verändert haben, befinden wir uns dennoch häufig in Situationen, in denen unser Glaube erschüttert, unsere absolute Schmerzgrenze ausgetestet wird und wir herausgefordert werden, über Dinge hinauszuwachsen, die uns zutiefst verletzen. In einer Welt, von der viele sagen, sie würde aus allen Nähten platzen, die gezeichnet ist von sinnlosen Akten der Hasses, unzähligen gescheiterten Beziehungen, zerrütteten Familien und Bedingungen, die das Überleben ganzer Gesellschaften bedrohen, besteht unsere Herausforderung darin, einen Weg zu finden, um jeden Tag in Frieden, mit Freude und dem Gefühl einer guten Ordnung zu leben.

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      Mit einer für sie typischen Eloquenz wird in den Überlieferungen der Navajo eine Lebenseinstellung beschrieben, die die Verantwortung für Glück oder Leid allein in unsere Hände legt. Sie kennen ein „Gebet der Schönheit“, das sich in den verschiedenen Aufzeichnungen und Erzählungen in seinem genauen Wortlaut unterscheidet, wobei die Essenz des Gebetes jedoch in nur drei kurzen Sätzen liegt. Mit weniger als zwei Dutzend Worten übermitteln uns die Navajo-Ältesten tiefe, alte Weisheit. Sie erinnern uns an die Verbindung zwischen unserer inneren und äußeren Welt, die erst kürzlich von der modernen Wissenschaft bestätigt wurde.

      Die dreigeteilte Überlieferung ermöglicht uns einen Einblick in unsere Fähigkeit zur Veränderung der Körperchemie und zur Einflussnahme auf viele Situationen in der Welt. Die Worte des Gebets sprechen in ihrer Einfachheit für sich. Die Navajo sagen: „Nizhonigoo bil iina.“ Das bedeutet in etwa so viel wie:

      Die Schönheit, mit der du lebst,

      die Schönheit, durch die du lebst,

      die Schönheit, auf die du dein Leben gründest.²

      Mit den Worten eines längst vergessenen Autors schenkt uns die Einfachheit dieses Gebets neue Hoffnung, wenn alles andere gescheitert zu sein scheint. Doch das „Gebet der Schönheit“ ist weit mehr als eine Folge von Wörtern. In seiner Einfachheit liegt der Schlüssel zur Lösung eines der größten Rätsel der Menschheit: Wie können wir mit den Schmerzen und Verletzungen, die uns das Leben zufügt, fortbestehen?

      Anstatt uns auf die sichere Seite zu begeben und genau die Situationen zu meiden, die dem Leben einen Sinn verleihen, erlaubt uns die Kraft der Schönheit und des Betens, in das Erleben hineinzugehen mit der Gewissheit, dass jeder daraus resultierende Schmerz nur vorübergehend sein wird.

      Im „Gebet der Schönheit“ fanden die Navajo vor langer Zeit Stärke und Trost und eine Möglichkeit, mit dem Leid auf der Welt umzugehen. Welche Geheimnisse bewahrten Kulturen wie die Navajo des amerikanischen Südwestens, die Mönche und Nonnen in Tibet und andere in all der Zeit, in der sich der Großteil der übrigen Welt von der Beziehung zur Erde, der Menschen zueinander und der zu einer höheren Macht entfernt hat? Über welches alte Wissen, das uns heute helfen könnte, bessere Menschen zu werden und eine bessere Welt zu erschaffen, verfügten sie schon damals?

       Schmerz, Segen, Schönheit und Gebet

      Das alte Wissen unserer Ahnen vermittelt, wie wir unseren Gebeten um Heilung und Frieden wirkliche Kraft schenken können. In frühen Schriften der Gnostiker und Essener bis hin zur Kultur der nordamerikanischen Indianer werden Schmerz, Segen und Schönheit als Hauptaspekte für das Bestehen der wichtigsten Prüfungen beschrieben. Im Gebet finden wir eine Sprache, die uns erlaubt, die Lektionen aus unserem Erleben, unsere Erfahrungen, im Leben umzusetzen.

      Aus dieser Perspektive betrachtet, sind die Begriffe „Weisheit“ und „Schmerz“ zwei Extreme, die in derselben Erfahrung wurzeln. Sie stellen den Beginn und die Vollendung ein und desselben Zyklus dar. Schmerz ist eines unserer grundlegendsten Gefühle, unsere natürliche Reaktion auf Verlust, Enttäuschung oder die Nachricht von etwas, das unsere Gefühlswelt erschüttert. Weisheit ist der geheilte Ausdruck unseres Schmerzes. Wir verwandeln Schmerz in Weisheit, indem wir neuen Sinn in schmerzlichen Erfahrungen erkennen. Segen, Schönheit und Gebet sind die Werkzeuge für die Veränderung.

      Der christliche Visionär des zwanzigsten Jahrhunderts Reverend Samuel Shoemaker beschrieb die Kraft des Gebets, Änderungen herbeizuführen, in einem einzigen poetisch anmutenden und geradezu erschreckend einfachen Satz: „Das Gebet mag vielleicht die Dinge für dich nicht ändern, aber es verändert sehr wohl dich in Bezug auf die Dinge!“

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      Obgleich wir das Rad der Zeit nicht zurückdrehen


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