Imaginäre Körperreisen. Sabine Fruth

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Imaginäre Körperreisen - Sabine Fruth


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Klientin bewegte sich in einem halb schwebenden, halb schwimmenden Zustand durch das Rot. Die Reise führte dann in Räume, die Bildern aus der Natur entsprachen.

       HENRY, 18 JAHRE

      KLIENT Ich bin in einem Dschungel, so ähnlich wie auf Ihrem Bild da drüben (Klient nimmt Bezug auf ein Foto in meinem Sprechzimmer) … da sind viele Bäume … dazwischen ist es dunkel … wie in einem Regenwald … ich höre Vögel … es knackt unter meinen Füßen …

      Es ist völlig unproblematisch, wenn der Klient aus der Trance einen Moment rausspringt und diese Mitteilung macht. Sie sollten ihn dann in aller Ruhe nach dem gedanklichen Ausflug wieder in sein Bild führen. Insgesamt wirkt das Rein- und Rausspringen trancevertiefend (Gerl 2015).

      KLIENT Da ist ein See … mein Spiegelbild ist riesig, viel größer als ich …

      THERAPEUTIN Sie können jetzt mit einer Fernbedienung das Spiegelbild verkleinern … bis es so klein ist, dass es in Ihre Hand springen kann …

      KLIENT Nein das geht nicht … es ist super, dass der Henry so groß ist … kann ich das nicht lassen? … Der große Henry möchte weitergehen …

      Ich folge gerne dem Angebot des Klienten und lasse den großen Henry auf die weitere Reise gehen.

      THERAPEUTIN Dann laden Sie jetzt den großen Henry ein, weiter nach einem magischen Tor zu suchen … vielleicht will er auch durch den See tauchen? … Oder etwas ganz anderes …

      KLIENT Da ist so eine Art Torbogen … aber aus Sträuchern und Bäumen … wenn ich da durchgehe, ist das wie ein Portal … kennen Sie Harry Potter? Da gibt es auch so etwas … da geht der große Henry durch und ist plötzlich ganz woanders … so eine Art Mischwelt aus einem Videospiel und einem Wald … das ist im Körper …

      Dieser Klient war der erste, der mit seinem vergrößerten Spiegelbild losmarschiert ist. Für ihn fühlte es sich absolut stimmig an, und es blieb auf allen Körperreisen bei diesem Prozedere. Diese Vergrößerung des Ichs passte ebenfalls zu dem wachsenden Selbstvertrauen, das er aufbaute.

      Der Begriff des Portals ist ebenfalls seit diesem Klienten neben dem magischen Tor in meinem Angebot. Er passt gut zu vielen Computerspielen oder Fantasiegeschichten. Dieses Beispiel zeigt, wie offene Angebote zu einem individuellen Spielraum führen. Das ist für andere Klienten eine zusätzliche Chance, sobald es in den Sprachgebrauch des Therapeuten übernommen wird.

       3.3 Klassische Stolpersteine

      Bereits in dieser frühen Phase der Arbeit können bei einzelnen Klienten Reaktionen auftreten, die manchen Therapeuten aus dem Konzept bringen. Das Unbewusste des Klienten reagiert auf die Einladungen des Therapeuten anders als erwartet. Entscheidend ist, diese Reaktionen nicht zu übergehen. Es gilt, die für den Klienten wichtige Funktion seiner Reaktion zu analysieren.

      Wie Sie als Therapeut mit den Stolpersteinen umgehen, setzt Signale an den Klienten. Sie haben ihm im Vorgespräch bereits mitgeteilt, dass er selbst über den Verlauf der Sitzung bestimmt. Gerade traumatisierte Patienten sind – zu ihrem eigenen Schutz – sehr kontrollbedürftig. Nun dürfen Sie beweisen, dass Sie dem Tempo des Klienten tatsächlich folgen. Wenn es nicht weiterzugehen scheint, bleiben Sie mit ihm stehen. Sehen Sie den Stopp nicht als Schwäche, sondern als Chance, genau jetzt etwas zu klären. Dieser respektvolle Umgang schafft das Vertrauen, das in der therapeutischen Arbeit hilfreich ist.

       »Die Trance funktioniert nicht!«

      Der Therapeut hat dazu eingeladen, vor dem inneren Auge in eine Landschaft zu gehen …

      KLIENT Ich sehe nichts!

      THERAPEUT Es kann manchmal einen Moment dauern … bis sich ein Bild zeigt … vielleicht ist es auch ein Gefühl … eine Farbe … oder etwas ganz anderes …

      Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie etwas Zeit brauchen …

      KLIENT Da ist nichts! Ich sehe nichts!

      Wenn auch nach ausreichender Zeit und geduldiger Motivation nichts kommt, scheint es sich um ein Signal zu handeln. Dann arbeiten Sie mit dem Nichts weiter. Als Erstes geht es um eine neutrale Kontaktaufnahme.

      THERAPEUT Ich lade Sie dazu ein, dem Nichts einmal zu sagen: »Nichts, ich sehe dich.«

      KLIENT Soll ich das laut sagen?

      THERAPEUT Das dürfen Sie selbst entscheiden. Wichtig ist, dass Sie die Worte ausformulieren. Im Zweifelsfall erst einmal laut, damit ich mitbekomme, was gerade passiert.

      Für Sie als Therapeuten ist es einfacher, wenn der Klient laut mit seinen inneren Anteilen spricht. Manche Klienten mögen das aber nicht. Das muss respektiert werden.

      KLIENT Nichts, ich sehe dich.

      THERAPEUT Wie reagiert das Nichts darauf?

      An dieser Stelle gibt es verschiedene typische Reaktionsmuster:

       a) Das Nichts verändert sich

      KLIENT Irgendwie wird es anders … Ich erkenne zwar immer noch nichts … es ist so ein verschwommenes Bild …

      Wenn es an dieser Stelle um Kontrolle geht, dann kann Ihr respektvoller Umgang schon entscheidend sein. Sie demonstrieren dem Unbewussten des Klienten, dass Sie tatsächlich nur Lotse sind und das Schiff nicht vorantreiben.

      THERAPEUT Bitte sagen Sie dem Nichts: »Ich sehe, dass du dich in etwas Verschwommenes gewandelt hast.«

      KLIENT Ich sehe, dass du dich in etwas Verschwommenes gewandelt hast … jetzt verändert es sich wieder …

      Oftmals verschwindet das Nichts alleine durch diese Vorgehensweise. Erst dann sind die nächsten Schritte möglich.

       b) Das Nichts bleibt hartnäckig

      KLIENT Da tut sich nichts … Es ist immer noch Nichts …

      Das Nichts bleibt unverändert, und es handelt sich um einen Widerstand. Mit diesem wird auch als Nichts genauso gearbeitet wie bei allen anderen Widerständen. Die Vorgehensweise wird in Kapitel 12 ausführlich beschrieben.

      Anstelle des Nichts können auch ein Schwarz, ein Nebel, ein Dunst, eine Stimme (»Du kriegst das nicht hin.«), eine Beklemmung oder Ähnliches auftauchen. Der erste Umgang mit einem Widerstand ist immer gleich, nämlich die Kontaktaufnahme in Form von:

      »Schwarz, ich sehe dich!«, »Stimme, ich höre dich!« oder »Beklemmung, ich spüre dich!«

       c) Die Tranceinduktion ist ungeeignet

      In wenigen Fällen kommt es vor, dass für den Klienten dieser Einstieg in eine Imagination ungeeignet ist. Dann ist für ihn die Spiegelinduktion zu direkt und zu schnell. Sofern er gerne einen weiteren Versuch starten möchte, ist der Weg zum äußeren sicheren Ort (s. Kap. 3.4) durchaus eine Alternative.

      Wichtig ist klarzustellen, dass dies kein »Makel« oder »Versagen« ist. Das gilt sowohl für den Klienten als auch für Sie als Therapeuten. Ihre Haltung sollte bei Ihren Einladungen vermitteln:

      »Alles kann, nichts muss!«

      THERAPEUT Es ist völlig in Ordnung, wenn da Nichts kommt! Jetzt gibt es wieder verschiedene Möglichkeiten, über die wir sprechen sollten. Wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihnen einfach zu schnell geht, kann ich Ihnen gerne eine andere Art der Imagination vorstellen. Dabei entspannen Sie erst einmal ca. 10 Minuten und müssen gar nichts sagen. Ich würde Sie an einen schönen entspannenden Ort führen. Und nur, wenn es passt, kann man dort eine Art Leinwand aufbauen. Auf dieser Leinwand könnten Sie dann, quasi wie im Kino, den Körper von innen betrachten …


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