Tatort Oberbayern. Jürgen Ahrens

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Tatort Oberbayern - Jürgen Ahrens


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dass man so nicht mit seiner Assistentin umgehen kann.« Katharina zwinkerte der Blondie verschwörerisch zu.

      In diesem Moment klingelte ihr Handy. Robert Adelhofer! »Hallo, meine schöne Lieblingsjournalistin, sind Sie in meinem Büro?«

      »Sagen wir besser, vor Ihrem Büro«, präzisierte Katharina.

      »Oh, verstehe, dann befindet sich vor Ihnen das unüberwindliche Hindernis Frau Perlmaier, das tut mir leid. Ich habe vergessen, ihr unseren Termin mitzuteilen. Sie soll Sie in mein Büro lassen, ich bin in fünf Minuten da.«

      »Das sagen Sie ihr besser selbst.« Mit diesen Worten reichte Katharina ihr Handy an Frau Vorzimmer-Perlmaier weiter. Fasziniert beobachtete sie, dass die Dame an jedem Finger der rechten Hand einen, manchmal sogar zwei Ringe trug.

      »Mach ich, Chef. Allein? Echt? Wie Sie meinen.« Perli gab das Smartphone an Katharina zurück. Beleidigt zeigte sie auf die schicke Plexiglastür hinter sich und sagte kurz: »Sie sollen auf ihn warten. Wollen Sie einen Kaffee?«

      »Oh, danke, dass Sie so freundlich fragen, aber nein, lieber nicht. Ich hatte heute schon genug Kaffee.«

      Katharina strahlte Frau Perlmaier an und ging an ihr vorbei in Robert Adelhofers riesiges Büro. Darin: ein überdimensionaler halbrunder Schreibtisch, darauf ein iPad. An den Wänden unzählige Fotos von Adelhofer – in der Sendung, mit Fans, in Talk-Runden, mit seinen Eltern, vor dem Adelhofer-Hof und natürlich ein riesiges Bild vom Cover seines Buches. Die diversen Fotos mit seinem Bruder waren alle mit einem schwarzen Trauerband versehen. Bilder von Robert in den Bergen gab es keine.

      Zu einer Lounge in Grau gehörte ein bemerkenswerter Tisch: Der Fuß war die Nachbildung eines Berges, auf dem Gipfel war eine dicke Glasplatte aufgeschraubt. Ein Alpentisch für den Alpenneurotiker? Interessant, befand Katharina und ging zu dem Fenster, aus dem Adelhofer von seinem Schreibtisch aus schauen konnte. Das Gebäude, in dem er seine Produktionsfirma hatte, befand sich im zwölften Stock eines Hochhauses in der Nähe des Stachus – beste Münchner Lage. Vom Fenster schaute man Richtung Norden über die Fußgängerzone, die Feldherrenhalle bis zur Erlöserkirche an der Münchner Freiheit.

      Während Katharina überlegte, in der Lounge auf Adelhofer zu warten, piepte das iPad auf seinem Schreibtisch. Ohne groß zu überlegen, ging sie an den Tisch und nach einem Klick konnte sie lesen: »Wie du siehst, habe ich deinen privaten E-Mail Account. Ich empfehle dir dringend, dich an die Vereinbarungen zu halten.«

      Keine Unterschrift und auch die E-Mail-Adresse gab keinen Hinweis auf den Absender: [email protected]. Katharina schoss schnell ein Handy-Foto und schickte es an Birgit. Dann ging sie Richtung Lounge und setzte sich auf einen der Sessel. Kurz darauf öffnete sich die Tür. Adelhofer kam herein. Hinter ihm warf Botoxine noch mal einen giftigen Blick Richtung Katharina.

      »Hallo, liebe Frau Langenfels, wie schön. Warum haben Sie keinen Kaffee?«

      »Ich wollte keinen, danke, Herr Adelhofer.« Katharina erwiderte Adelhofers Händedruck, der fest und selbstsicher war. Er setzte sich ihr gegenüber und schaute ihr so eindringlich in die Augen, dass Katharina froh war, den Sessel gewählt zu haben.

      »Toller Tisch.« Katharina deutete auf den verglasten Berg. Kurzes Zucken in Roberts Gesicht.

      »Finden Sie? Na ja, das war ein Geschenk meines Teams nach meiner ersten ›Krise‹-Sendung. Symbolisch nach dem Motto: ›Du hast den Berg erklommen.‹« Adelhofer schaute sie prüfend an. »Sie fragen sich bestimmt, wie das zu meiner Phobie, was Berge betrifft, passt: Auf den muss ich nicht rauf, der steht nur rum.«

      »Nein, deswegen habe ich nicht gefragt. Ich fand eher das Design interessant. Und zu Ihrem Lebensthema passt der Tisch in jedem Fall. Welcher Berg ist es? Ich kenne mich da nicht gut aus.«

      Robert Adelhofer grinste. »Müssen Sie auch nicht. Ich kann Sie beruhigen, diesen Berg gibt es nicht, ein Phantom quasi.«

      Katharina lächelte.

      »Los geht’s, Frau Langenfels. Fragen Sie, fragen Sie nach Herzenslust, was Ihnen hilft für eine gute Story.« Adelhofer sah wie aus dem Ei gepellt aus, trug ein teures rot-weiß kariertes Hemd, dazu edle, lässig wirkende graue Designerjeans und an Haferlschuhe erinnernde Halbschuhe, vermutlich handgemacht. Botoxperli im Vorzimmer war bestimmt ganz wild auf ihren Robert.

      »Danke, dass Sie sich noch mal die Zeit nehmen. Ich würde gern ein bisschen mit Ihnen über Ihre Kindheit sprechen, über Sie und Ihren Bruder, Ihre Liebe zu den Bergen und wie es zu der Idee mit dem Bergwinter kam.«

      »Kein Problem, Frau Langenfels. Vom Lukas erzähle ich besonders gern, weil er so ein lieber Kerl war. Und das sag ich nicht bloß, weil er tot ist. Wir waren nicht nur Brüder, sondern die besten Freunde, wir haben alles zusammen gemacht. Am liebsten sind wir in die Berge, im Sommer, im Winter, Hauptsache in die Berge. Als wir noch klein waren mit der ganzen Familie, und später nur noch wir zwei. Ich glaube, es gibt keinen Berg im Chiemgau, auf dem wir nicht oben waren, und in Bayern nur wenige. Nachdem wir selbst Auto fahren durften, hat sich unser Radius natürlich vergrößert, wir sind mal übers Wochenende weg, mal für eine ganze Woche. Mit Übernachtung auf Hütten oder einfach im Schlafsack unterm Sternenhimmel – ganz romantisch, verstehen Sie, Frau Langenfels?« Er zwinkerte Katharina verschwörerisch zu.

      »Und wegen der Romantik sind Sie auf die Idee mit dem Bergwinter gekommen?«

      Adelhofer grinste. »Na ja, das weniger. Ich wollte meine Grenzen testen, herausfinden, was ich aushalten kann. Wo hätte ich das besser machen können als in den Bergen? Die Berge waren nach Lukas meine besten Freunde. Zu den Bergen hatte ich uneingeschränktes Vertrauen. Ich wusste, dass sie mich nicht im Stich lassen würden. Und bei der Watzmann-Überquerung, die der Lukas und ich zwei Jahre vorher gemacht hatten, habe ich die Region sehr gut kennengelernt. Drum bin ich da los.«

      »Was hat Lukas zu Ihrem Plan gesagt?«

      »Der hat das sofort verstanden. Er hat mich hundertprozentig unterstützt und das Geheimnis gehütet, genau, wie wir es ausgemacht haben.«

      »Warum ist Lukas nicht mit? Wäre das nicht eine bereichernde Erfahrung für Sie als Brüder gewesen?«

      Robert Adelhofer schaute Katharina vollkommen verständnislos an. »Das war überhaupt nie ein Thema. Es war klar, dass ich das mach, dass das meine Challenge ist.« Irritiert schob er nach: »Der Lukas hat das genauso gesehen, das weiß ich.«

      Schade, dass wir ihn nicht mehr fragen können, dachte Katharina. »Sorgen hat er sich keine gemacht?«

      Adelhofer antwortete mit einer wegwerfenden Geste. »Nein, der Lukas war sich sicher, dass ich das pack, wir waren so oft zusammen in den Bergen, der hat gewusst, dass ich jede Situation meistern würde.«

      »Aber im Winter monatelang Tag und Nacht in den Bergen, das kannten Sie nicht. Haben Sie sich lange darauf vorbereitet und alle möglichen Situationen durchgespielt?«

      Adelhofer lachte laut auf und nahm einen Schluck von dem Cappuccino, den ihm Botox-Perli gerade hingestellt hatte. Katharina hatte sie mit einem ätzenden »Sie wollten ja nichts, Frau äh …« abgefertigt.

      »Nein, Frau Langenfels, ein Bub aus den Bergen, der weiß genau, was da auf ihn zukommt, das hab ich nicht durchspielen müssen.«

      Langsam begann dieses Gespräch Katharina zu nerven. »Und die Sache mit Ihren Fingern … Da hatten Sie offenbar nicht alles im Griff.«

      Wieder lachte Adelhofer herzlich und streichelte die Lücke zwischen Zeige- und Ringfinger. »Kollateralschaden, Frau Langenfels, ein kleiner Kollateralschaden. Es war halt ein paar Nächte arg kalt und die Handschuhe durch und das Feuer aus. Da ist das nicht ausgeblieben.«

      »Wie haben Sie das Feuer wieder anbekommen mit fast erfrorenen Fingern?«

      »Sie wollen es aber ganz genau wissen, Frau Langenfels, klar, als knallharte Journalistin.« Jetzt zwinkerte Adelhofer ihr nicht nur zu, sondern legte kurz seine Hand auf ihren Oberschenkel. Katharina drehte ihre Beine weg und schaute ihn erwartungsvoll an.

      »Na


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