Das Licht in uns. Jiddu Krishnamurti

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Das Licht in uns - Jiddu Krishnamurti


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nur noch Raum.

      Meditation bedeutet, dass keinerlei Bewegung stattfindet. Das heißt, der Geist ist völlig still, er bewegt sich in gar keine Richtung. Es gibt keine Bewegung. Keine Bewegung, die Zeit ist, keine Bewegung, die Denken ist. Wenn Sie sehen, dass dies wahr ist – nicht die Worte der Beschreibung, sondern die Wahrheit, die nicht beschrieben werden kann –, dann ist dieser ruhige, stille Geist da. Und es ist notwendig, einen ruhigen Geist zu haben – aber nicht, um länger schlafen oder seinen Job besser machen oder mehr Geld verdienen zu können!

      Das Leben der meisten Menschen ist leer und armselig. Selbst wenn sie über eine ganze Menge Wissen verfügen, ist ihr Leben armselig, widersprüchlich, nichts Ganzes, unglücklich. All das ist Armut, und sie vergeuden ihr Leben, indem sie versuchen, innerlich reich zu werden, verschiedene Tugenden zu kultivieren und all die anderen unsinnigen Dinge. Nicht, dass Tugend überflüssig wäre – aber Tugend ist Ordnung, und was Ordnung wirklich ist, kann man nur verstehen, wenn man sich die eigene innere Unordnung genau angeschaut hat. Wir führen ein unordentliches Leben. Das ist eine Tatsache. Unordnung ist Widersprüchlichkeit, ist Verwirrung, ist das Durchsetzen der verschiedenen Wünsche. Unordnung bedeutet, das eine zu sagen und etwas anderes zu tun, Ideale zu haben und von diesen Idealen getrennt zu sein. All das ist Unordnung, aber wenn Sie sich dessen bewusst sind und dem Ihre ganze Aufmerksamkeit widmen, dann geht aus dieser Aufmerksamkeit eine Ordnung hervor, die Tugend ist – etwas Lebendiges, nichts Ausgedachtes, nichts, was eingeübt und hässlich wurde.

      Meditation im Alltag ist die Transformation des Geistes, eine psychische Revolution, wodurch wir im Alltag ein Leben führen – nicht theoretisch, nicht als Ideal, sondern tatsächlich in jedem Augenblick dieses Lebens –, in dem Mitgefühl und Liebe da sind sowie die Energie, um über die ganze Kleinlichkeit, die geistige Enge und Oberflächlichkeit hinauszugehen.

      Wenn der Geist still ist – ich meine wirklich still und nicht mit Verlangen und Willen still gemacht –, dann ist da eine völlig andere Art der Bewegung, die nicht der Zeit entstammt.

      Wissen Sie, es wäre absurd, darauf noch weiter einzugehen. Es wäre nur eine Beschreibung mit Worten und deshalb nicht real. Was wichtig ist, ist die Kunst der Meditation. Das Wort »Kunst« bedeutet unter anderem, alles an seinen richtigen Platz zu bringen, dass alles in unserem Leben, in unserem täglichen Leben, den richtigen Platz findet, so dass die Verwirrung ein Ende hat. Und wenn Ordnung herrscht, wenn man sich richtig verhält und der Geist im täglichen Leben völlig still ist, dann wird dieser Geist selbst herausfinden, ob es das Unermessliche gibt oder nicht. Solange Sie die höchste Form von Heiligkeit nicht finden, ist das Leben stumpfsinnig und bedeutungslos. Deshalb ist die richtige Art der Meditation absolut notwendig, damit der Geist jung, frisch, unschuldig wird. »Unschuldig« bedeutet unverletzbar. All das ist in der Meditation enthalten, die nicht von unserem täglichen Leben getrennt ist. Für das Verstehen unseres täglichen Lebens ist Meditation notwendig. Das bedeutet, bei allem, was man tut, völlig aufmerksam zu sein – wenn Sie mit jemandem sprechen, die Art, wie Sie gehen, wie Sie denken, was Sie denken – all dem Ihre Aufmerksamkeit zu widmen ist Teil der Meditation.

      Meditation ist keine Flucht. Sie ist auch nichts Mysteriöses. Meditation führt zu einem Leben, das ganz ist, das heilig ist. Und daher behandeln Sie alle Dinge als etwas Heiliges.

      Ein Leben in Güte

      Warum ist der Mensch bisher nicht in der Lage gewesen, sich zu ändern? Er ändert sich lediglich hier und dort ein bisschen und stellt dennoch den Anspruch, die Gesellschaft möge »gut« sein. Er wünscht sich Ordnung, und zwar nicht nur in sich selbst und in seinen Beziehungen, wie intim oder oberflächlich sie auch sein mögen, sondern er wünscht sich auch Frieden auf der Welt, er will sich in Ruhe entfalten können. Die Menschheit hegt diesen Wunsch seit Urzeiten. Doch je zivilisierter der Mensch wird, desto mehr Unordnung schafft er, desto mehr Kriege gibt es. Zu keiner Zeit herrschte überall auf der Welt Frieden. Irgendwo haben immer Menschen andere Menschen getötet, hat eine Religion versucht, eine andere zu zerstören, hat eine Institution andere Institutionen beherrscht, eine Organisation andere Organisationen unterdrückt.

      Fragen Sie sich eigentlich nie, wenn Sie sich dieses unaufhörlichen Kampfes bewusst sind, ob es möglich ist, in dieser Welt zu leben, ohne vor ihr zu fliehen, ohne in einer Kommune unterzutauchen oder Einsiedler oder Mönch zu werden – fragen Sie sich nie, ob man in dieser Welt vernünftig, glücklich und intelligent leben kann ohne diesen ständigen inneren und äußeren Kampf? Falls Sie sich das fragen – und ich hoffe, dass Sie das jetzt tun, weil wir gemeinsam darüber nachdenken –, dann müssen Sie zwangsläufig die Forderung nach einer guten Gesellschaft stellen. Eine gute Gesellschaft zu erschaffen war bereits der Traum der frühen Hindus, der alten Griechen und Ägypter. Aber eine gute Gesellschaft kann es nur geben, wenn der Mensch gut ist, denn dann bringt er das Gute hervor – in seinen Beziehungen, durch sein Handeln, seine Lebensweise. Mit »dem Guten« ist auch das Schöne gemeint und das Heilige. Es ist verbunden mit Gott, mit dem höchsten Prinzip. Man muss das Wort »gut« wirklich ganz klar verstehen. Wenn Güte in Ihnen ist, dann ist alles gut, was Sie tun; Ihre Beziehungen sind gut, Ihr Handeln, Ihre Art zu denken. Man kann die ganze Bedeutung dieses Wortes, die außerordentliche Qualität dieses Wortes unmittelbar erfassen.

      Bitte lassen Sie uns das gemeinsam ganz sorgfältig anschauen, denn wenn Sie dieses Wort wirklich in seiner Tiefe erforschen, wird es Ihr Bewusstsein beeinflussen, Ihre Art zu denken, Ihre Lebensweise. Widmen Sie dem Verstehen dieses Wortes also ein wenig Aufmerksamkeit. Das Wort ist nicht die bezeichnete Sache. Ich kann einen Berg wunderschön beschreiben, kann ihn malen, ein Gedicht über ihn verfassen, aber das Wort, die Beschreibung, das Gedicht ist nicht der tatsächliche Berg. Im Allgemeinen werden wir emotional und auf irrationale Weise von dem Wort, von der Beschreibung mitgerissen.

      Das Gute ist nicht das Gegenteil vom Bösen. Das Gute steht mit dem Hässlichen, Bösen, Schlechten, Unschönen in keiner Weise in Zusammenhang. Das Gute steht allein für sich. Wenn Sie sagen, das Gute geht aus dem Schlechten, dem Bösen, dem Hässlichen hervor, dann trägt das Gute das Böse, das Hässliche und Brutale in sich.

      Das Gute muss also völlig unabhängig von dem sein, was nicht gut ist – und das ist es auch.

      Das Gute kann unmöglich existieren, wenn irgendeine Form von Autorität akzeptiert wird. Autorität ist etwas sehr Komplexes. Da gibt es die Autorität der Gesetze, die sich der Mensch seit Jahrtausenden geschaffen hat. Dann gibt es die Naturgesetze und das Gesetz unserer eigenen Erfahrung, dem wir gehorchen, sowie das Gesetz unserer eigenen kleinlichen Reaktionen, die unser Leben beherrschen. Außerdem gibt es die Gesetze der Institutionen, der organisierten Glaubenssysteme, die wir Religionen oder Dogmen nennen. Wir sagen, dass das Gute keinerlei Beziehung zu irgendeiner Form von Autorität hat.

      Untersuchen Sie das, schauen Sie es sich an. Das Gute hat nicht das geringste mit dem Streben nach Konformität zu tun. Wenn Sie sich einem Glauben, einer Vorstellung, einer Idee, einem Prinzip anpassen, ist das nicht gut, weil es einen Konflikt erzeugt. Das Gute kann nicht durch irgendjemand anderen zum Erblühen gebracht werden, durch keine religiöse Persönlichkeit, kein Dogma, keinen Glauben. Das Gute kann nur auf dem Boden umfassender Aufmerksamkeit erblühen, da, wo es keine Autorität gibt. Die Essenz des Guten ist ein konfliktfreier Geist. Das Gute umfasst auch große Verantwortung. Man kann nicht gut sein und gleichzeitig zulassen, dass Kriege geführt werden. Ein Mensch, der wirklich gut ist, ist absolut verantwortlich für sein ganzes Leben.

      Wir fragen uns, ob jemand, der in einer Gesellschaft mit dem ganzen Druck der Institutionen, der Glaubensvorstellungen, der autoritären religiösen Menschen aufgewachsen ist, überhaupt gut sein kann; denn nur, wenn Sie gut sind, wenn Sie, als menschliches Wesen, vollkommen und uneingeschränkt gut sind – vollkommen, nicht nur teilweise –, dann können wir eine andere Gesellschaft schaffen. Kann man in dieser Welt leben, verheiratet sein, Kinder haben, einen Beruf ausüben, und dabei gut sein? So wie wir das Wort »gut« benutzen, steht es für große Verantwortlichkeit, Fürsorglichkeit, Aufmerksamkeit, Sorgfalt, Liebe. All das ist in diesem Wort enthalten. Ist Ihnen das möglich? Wenn nicht, dann akzeptieren Sie die Gesellschaft, wie sie ist. Eine andere Gesellschaft zu erschaffen, eine Gesellschaft, die von Grund auf gut ist, in dem Sinne, wie wir das Wort »gut« gebrauchen,


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