Grundbegriffe der Philosophie. Группа авторов

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Dr. h. c., Professor (em.) für Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum.

      [20]HEINRICH WANSING, Jg. 1963, Dr. phil., Professor für Logik und Erkenntnistheorie an der Ruhr-Universität Bochum.

      TORSTEN WILHOLT, Jg. 1973, Dr. phil., Professor für Philosophie und Geschichte der Naturwissenschaften an der Leibniz Universität Hannover.

      MARCUS WILLASCHEK, Jg. 1962, Dr. phil., Professor für Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.

[21]Grundbegriffe der Philosophie

      [23]Altruismus/Egoismus

      Ein Ziel einer Person ist altruistisch, wenn es darin besteht, das Wohl eines anderen Lebewesens zu befördern. Jemand handelt (u. a.) aus einem altruistischen Motiv, (a) wenn er annimmt, wenigstens eine der Folgen seiner Handlung sei die Beförderung des Wohls anderer Lebewesen, und (b) wenn er diese Beförderung des Wohls in entscheidungsbeeinflussender Weise als an sich gut bewertet. Man kann ein altruistisches Ziel verfolgen, ohne altruistische Motive zu haben – ein Verkäufer mag z. B. einem Kunden durch Beratung helfen wollen und dabei nur an der Kundenbindung, seinem Einkommen und letztlich den Genüssen, die er sich damit leisten kann, interessiertAltruismus seinEgoismus.

      ›Egoistisches Ziel‹ bzw. ›egoistisches Motiv‹ lassen sich nicht analog als Beförderung des eigenen Wohls definieren, da nach gängiger Nutzentheorie gilt: Wenn eine PersonPerson eine HandelnHandlungsfolge p der Folge q vorzieht (und kohärent ist), dann hat p für diese PersonPerson einen höheren Nutzen als q – völlig unabhängig vom Inhalt von p oder q, also selbst dann, wenn es bei p um das Wohl anderer (›Mein Kind ist zufrieden‹) und bei q um das eigene Wohl (›Ich genieße meine Ruhe‹) geht. Demnach wäre jedes kohärente Entscheiden egoistisch (Christoph LumerLumer, Christopher, Rationaler Altruismus, 2000). Ein Ziel einer PersonPerson ist vielmehr egoistisch, wenn es subjektzentrisch ist, d. h. die GefühleEmotionen des Subjekts selbst oder sein Ansehen bei anderen oder seine Macht usw. betrifft; jemand handelt aus einem egoistischen Motiv, wenn der in diesem Motiv als an sich gut oder schlecht bewertete SachverhaltAltruismus subjektzentrisch istEgoismus.

      [24]Die Ausdrücke ›E.‹ und ›A.‹ bezeichnen einerseits Einstellungen, andererseits bestimmte Theorien. Jemand handelt im starken Sinn altruistisch, wenn die Motive seines HandelnHandelns überwiegend (nach der Stärke, nicht nach der Anzahl) altruistisch sind; und er handelt im schwachen Sinn altruistisch, wenn die Ziele seines HandelnHandelns überwiegend altruistisch sind. Man sagt in diesem Fall auch, der Betreffende handele ›aus A.‹, also aus einer altruistischen Einstellung. ›Egoistisches HandelnHandeln‹, ›egoistische Einstellung‹ und ›HandelnHandeln aus E.‹ sind in der Philosophie analog definiert. Alltagssprachlich wird ›E.‹ allerdings enger verstanden, nämlich als rücksichtsloses Verfolgen egoistischerAltruismus ZieleEgoismus.

      Der psychologische A. ist die empirischeEmpirie Theorie, dass normal entwickelte erwachsene Menschen altruistische Motive haben und gelegentlich aus diesen handeln. Einen psychologischen A., der neben egoistischen Motiven ein genuin altruistisches Wohlwollen oder in altruistischem HandelnHandeln mündendes Mitgefühl annimmt, vertraten Francis HutchesonHutcheson, Francis, ShaftesburyShaftesbury, Anthony Ashley Cooper, 3. Earl of, Samuel ButlerButler, Samuel, David HumeHume, David, Adam SmithSmith, Adam und Arthur SchopenhauerSchopenhauer, Arthur. Der Psychologe Daniel BatsonBatson, Daniel hat in einer Serie von ingeniösen Versuchen gezeigt, dass viele Menschen vermittelt über Empathie mit anderen, die der Hilfe bedürfen oder für die Hilfe vorteilhaft ist, aus altruistischen Motiven handeln, und er hat für viele solcher Handlungen egoistische Erklärungen widerlegt. Dem u. a. von Niccolò MachiavelliMachiavelli, Niccolò, Thomas HobbesHobbes, Thomas, Bernard MandevilleMandeville, Bernard und Sigmund FreudFreud, Sigmund vertretenen psychologischen E. zufolge handeln Menschen dagegen immer aus egoistischen Motiven. Der psychologische E. nimmt insbesondere an, dass durch Mitgefühl induziertes Wohlwollen ein egoistisch begründetes Motiv ist: Da das [25]unangenehme Gefühl des Mitleids durch die Verbesserung der Lage des anderen verschwindet, wird dem Mitfühlenden unterstellt, dieser wolle letztlich nur seinen eigenen GefühlEmotionenszustand verbessern. Was wir für A. halten, ist demnach immer versteckter E. Diese Unterstellung wird aber durch den sozialpsychologischen Befund widerlegt, dass PersonPersonen auch dann aus Mitleid helfen, wenn sie nicht hoffen können, aus der Hilfe hedonischen Nutzen zu ziehen (Heinz Heckhausen, Motivation und Handeln, 21989, Kap. 9). Evolutionsbiologen haben eine Reihe von Erklärungen entwickelt, warum – trotz des für das Überleben scheinbar zwingend erforderlichen E. – altruistische MotiveAltruismus und weit Egoismusverbreitetes altruistisches HandelnHandeln evolutionär selektiert werden konnten (biologischer A.; →EvolutionEvolution).

      Ethischer A. (→EthikEthik) ist jede normativ-ethische Theorie, nach der in bestimmten Situationen das Verfolgen altruistischer Ziele geboten ist oder es zum moralMoralischen Ideal gehört, altruistische Motive oder Ziele zu haben. Der ethische E. hingegen fordert, immer nur egoistische Ziele und Motive zu haben. Die meisten EthikEthiker sind ethische Altruisten; Friedrich NietzscheNietzsche, Friedrich hingegen war ethischer Egoist. Eine rein rational begründete VertragstheorieVertragstheorie der gegenseitigen Kooperation (HobbesHobbes, Thomas, David GauthierGauthier, David) steht dem ethischenAltruismus E. zumindest naheEgoismus.

      Rationaler oder prudentieller A. ist eine Theorie, nach der es rational oder klug ist, altruistische Ziele zu verfolgen (→VernunftVernunft). Der rationale oder prudentielle E. hingegen hält allein die Verfolgung egoistischer Ziele für rational oder klug. Der rationale A. ist eine starke und verbreitete Form der MoralMoralbegründung, zu der es mehrere Ansätze gibt: (1) Wohlwollens- oder MitgefühlsethikEthiken setzen auf [26]die vom psychologischen A. festgestellten altruistischen Motive (SchopenhauerSchopenhauer, Arthur, Richard BrandtBrandt, Richard). Da diese relativ schwach sind, bleiben zur Durchsetzung einer stärkeren MoralMoral normative Ergänzungen erforderlich (Christoph LumerLumer, Christopher). (2) Humanistische Psychologen betonen, dass Altruisten glücklicher sind als Egoisten (hedonisches Paradox) und dass echte Selbstakzeptanz sowie tiefe zwischenmenschliche Beziehungen automatisch ein erhebliches Maß an A. einschließen (Erich FrommFromm, Erich). (3) Einigen Theorien praktischer Gründe zufolge stehen uns die eigenen künftigen Präferenzen nicht näher als die Präferenzen anderer. Wenn es rational ist, ErstereEgoismus zu berücksichtigen, dannAltruismus gilt dies auch für Letztere (Henry SidgwickSidgwick, Henry, Thomas NagelNagel, Thomas, Derek ParfitParfit, Derek, John BroomeBroome, John).

      Christoph Lumer

      C. Daniel Batson: Altruism in Humans. Oxford 2011.

      Alasdair MacIntyre: [Art.] Egoism and Altruism. In: Paul Edwards (Hrsg.): The Encyclopedia of Philosophy. New York / London 1967. Nachdr. 1972. Bd. 2. S. 462–466.

      Georg Mohr: [Art.] Altruismus/Egoismus. In: Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie. Hamburg 1999. Nachdr. 2001. Bd. 1. S. 41–47.

      Samir Okasha: [Art.] Biological Altruism. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2013 Edition). Online: https://plato.stanford.edu/archives/fall2013/entries/altruism-biological/

      Niall Scott / Jonathan Seglow: Altruism. Milton Keynes 2007.

      [27]analytisch/synthetisch

      Ein Satz ist a.analytisch, wenn seine →WahrheitWahrheit oder Falschheit durch die Bedeutungen der in ihm enthaltenen Ausdrücke festgelegt ist. Um den WahrheitWahrheitswert eines a. Satzes wie z. B. ›Alle Junggesellen sind unverheiratet‹ einzusehen, genügt es, ihn zu verstehen. Ein Satz ist s.synthetisch, wenn seine WahrheitWahrheit oder Falschheit davon abhängt, was in der WeltWelt der Fall ist. S. Sätze wie z. B. ›Alle Menschen sind sterblich‹ müssen wir wohl stets empirischEmpirie überprüfen. Wenige zeitgenössische Philosophensynthetisch folgen Immanuel KantKant, Immanuel in der Annahmeanalytisch, es gäbe s. WahrheitenWahrheit →a priori (→TranszendentalphilosophieTranszendentalphilosophie).

      In seinem Treatise of Human Nature (1739) unterschied David HumeHume, David Bedeutungs- von Tatsachenwahrheiten. Ähnlich grenzte KantKant,


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