Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane. Alfred Bekker
Читать онлайн книгу.Hause. Oder würden Sie mir vielleicht raten, hierzubleiben?"
"Nein."
"Der Wagen ist im Eimer. Und mit dem einen Ersatzreifen kann ich wohl auch kaum etwas anfangen."
"Das ist wahr." Ich atmete tief durch. Sie kam etwas näher. "Ich bringe Sie nach Hause."
"Wo ist Ihr Wagen?"
"Nicht weit von hier."
"Ich möchte meinen Vater hier nicht so liegen lassen."
"Das sollten sie aber!"
Sie stand jetzt dicht vor mir, keinen halben Meter entfernt. Und in ihren blitzenden dunkelblauen Augen war der Protest deutlich abzulesen. Sie hielt mich in dieser Sekunde wahrscheinlich für einen gefühllosen, rohen Klotz und vermutlich hätte ich an ihrer Stelle genau dasselbe gedacht.
Wie auch immer. Sie wollte an mir vorbei, aber ich hielt sie am Arm. Sie sah mich ziemlich böse an. Ich ließ sie jedoch nicht los.
"Denken Sie mal einen Moment klar nach", sagte ich. "Wo wollen Sie mit der Leiche hin? Einer Leiche, die förmlich durchsiebt wurde? Wollen sie sie vielleicht zum nächsten Bestattungsunternehmer bringen? Glauben Sie, dem fällt nicht auf, was mit Ihrem Vater passiert ist? Ehe Sie sich versehen, werden Sie eine Menge Fragen zu beantworten haben. Ich schüttelte den Kopf. "Lassen Sie alles, wie es ist. Die Polizei wird das Chaos hier irgendwann mal finden, alles untersuchen, die Identität Ihres Vaters herausfinden und in dann nach Russland schicken..."
"Und irgendwann eine Akte schließen, was?"
"Sicher. Was wollen Sie mehr? Einen der Killer hat's erwischt."
"Und die anderen?"
"Alt werden die sicher nicht."
Sie verzog das Gesicht. Schmerz lag darin, aber auch Verachtung. "So kann nur jemand wie Sie reden", meinte sie.
"Wenn Sie mit mir fahren wollen, dann kommen Sie jetzt. Ich habe keine Lust, noch länger hierzubleiben."
Ich ließ sie los.
Einen Moment noch schien sie im Zweifel zu sein. Dann nickte sie. "Ich hole nur noch meine Handtasche. Da ist mein Pass drin. Das wäre nun wirklich nicht sehr klug, wenn..."
"Gehen Sie schon!"
Sie ging. Etwas unsicher, aber sie ging. An der Tür drehte sie sich zu mir herum und bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick.
Ein paar Minuten später saßen wir beide in dem BMW, mit dem ich unterwegs war.
"Wo geht's hin?"
"Ich sag's Ihnen."
"Na, gut."
Jelena wohnte in einem tristen Apartment-Haus. Siebter Stock. Man musste sich den Kasten schon genau merken, um ihn eventuell wiederzuerkennen, denn er stand neben einem halben Dutzend Artgenossen, die sich eigentlich nur durch die unterschiedlichen Wandschmierereien unterschieden.
"Hier wohnen Sie?", fragte ich überflüssigerweise.
"Ja. Nicht besonders fein - wollen Sie das sagen?"
"Ich will überhaupt nichts sagen."
Sie sah mich auf seltsame Weise an.
"Sie sind keiner von Khalils Leuten, nicht wahr?"
"Scheinbar habe ich Sie unterschätzt."
"Ganz sicher."
"Aber Sie sollten umgekehrt nicht den Fehler machen und mich unterschätzen."
"Was soll das?"
"Wenn Sie Ihre Hand noch näher an der Verschluss der Handtasche legen, muss ich Sie außer Gefecht setzen."
Mir war gleich, als sie mit der Handtasche aus dem Haus gekommen war die verdächtige Ausbuchtung aufgefallen.
Außerdem trug sie sie auch anders. Als ob sie schwerer geworden war. Ich hätte den BMW dafür verwettet, dass sie eins der Schießeisen im Haus aufgesammelt hatte.
Sie erstarrte und sah mich dann an, als wäre ich ein Gespenst. Ihre Gesicht hatte dabei jegliche Farbe verloren.
"Ich wollte nicht..." Sie sprach nicht weiter. "Wer schickt Sie?"
Ich hob die Schultern. "Können wir das nicht an einem gemütlicheren Ort besprechen?"
"Wenn Sie mich nicht außer Gefecht setzen..."
"Nur wenn ich muss."
"Sie müssen nicht."
"Sie sollten mir trauen, Jelena. Ich bin auf Ihrer Seite."
"Ich glaube nicht, dass Sie wirklich wissen, was meine Seite ist."
"Kann man ja herausfinden, oder?"
"Woher wussten Sie, dass ich eine Kanone in der Handtasche habe?"
"Und warum denken Sie, dass ich nicht zu Khalils Meute gehöre?", antwortete ich ihr mit einer Gegenfrage.
Sie zuckte die Achseln.
"Ich habe den sechsten Sinn."
"Sicher ganz praktisch."
Sie öffnete die Tür, um auszusteigen.
"Warten Sie", sagte ich.
"Was ist noch?"
Ich griff ins Handschuhfach und fand tatsächlich so etwas wie einen Zettel.
"Haben Sie was zu schreiben?"
"Wozu?"
"Ich gebe Ihnen eine Telefonnummer."
"Ihre?"
"Welche sonst?"
Sie verdrehte die Augen.
"Was soll das Ganze?"
"Sie sollten darüber nachdenken, wer Sie verraten haben könnte."
Sie hob kurz die Augenbrauen, bevor sie mir entgegnete: "Was glauben Sie, tue ich die ganze Zeit?"
Ich fand tatsächlich noch einen Kugelschreiber und schrieb ihr die Nummer meines Direktanschlusses im Hotelzimmer auf.
Es war ein Risiko, das war mir schon klar. Andererseits konnte ich über Jelena vielleicht mehr herausfinden. Mehr über Khalil.
5
In den nächsten Tagen besorgte ich mir etwas Bargeld, denn wenn Dietrich meine Papiere fertig hatte, dann musste ich ihm etwas vorweisen können.
Ich