Pardona 3 - Herz der tausend Welten. Mháire Stritter

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Pardona 3 - Herz der tausend Welten - Mháire Stritter


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und dem Namenlosen Gott in seiner Verbannung am Rand der Schöpfung gewidmet. Niemand sonst würde es wagen, diese Mächte zugleich anzurufen, aber Amadenas Stimme folgten sie, legten ihr die Macht in die Hand – überzeugt davon, dass sie ihnen allen dienen würde. Stille Beobachter in den Schatten, lose Verbündete und Interessierte, studierten die Symbole und Handlungen des Rituals.

      Das Blut im Tridekagramm war den Menschen dieser Region über Monate geraubt worden, Männern, Frauen und Kindern. Ihr Leid war es, das diesem Prozess noch die nötige Würze verlieh. Die rote Substanz verdickte sich, begann zu kochen, während Amadena die Mächte des Bösen in einer Zunge anrief, die niemand außer ihr in Aventurien sprach, und sie bat, die Kräfte des Kessels zu wandeln, zu verzerren, in Chaos zu versetzen.

      Aus dem Stockwerk unter ihnen vernahm Acuriën Kampfeslärm, noch immer über die Sinne des benommenen Vogels, denn die Verbindung war noch nicht völlig gekappt. Die Abenteurer waren hier und stürmten den Turm hinauf, um das Ritual doch noch zu verhindern. Natürlich würden sie scheitern.

      Im Kessel verdickte sich die wabernde Masse zu Klumpen. Das Blut in den Rillen auf dem Boden floss schwerelos zur Decke und zu den Wänden, bildete einen roten Nebel im gesamten Raum. Die Tropfen strebten aufeinander zu, konzentrierten sich um den Kessel und verschmolzen langsam mit der Substanz im Inneren, als die Tür aufgestoßen wurde und mehrere Gestalten in den Raum drangen, die Waffen erhoben, aber überwältigt vom Anblick, der sich ihnen bot, und der rohen Magie, die in der Luft hing.

      Dies war der Moment, in dem all die kosmischen und weltlichen Kräfte, die diese Szene beobachten mussten, abgelenkt waren. Der Moment, in dem niemand auf die Details des weltenerschütternden Rituals achtete, das Amadena hier durchführte. Im letzten Augenblick fügte sie dem organischen Gewimmel im Kessel noch eine Zutat hinzu. Der Einzige, der es wahrnahm, war Acuriën, durch die Augen des Falken, mit dem er nach wie vor schwach verbunden war. Verschwommen und unwirklich sah er etwas aus Amadenas Hand in den Kessel gleiten: einen schwarzen, glatten Wurm von der Größe eines Fingers. Für einen Moment wand sich die Kreatur an der Hand der Herrin, dann war sie auch schon in die brodelnde Masse gefallen. Es geschah so beiläufig, dass sich Acuriën unsicher war, ob er es sich nicht eingebildet hatte.

      Schon verfestigten sich die Tropfen weiter zu roten, pulsierenden Strängen, die den Raum durchmaßen, Wände und Decke verbanden und dann auf den Kessel zustrebten. Acuriën konnte den Blick nicht von dem Schauspiel wenden.

      Mit kaltem Hass in den Augen schrie seine Herrin den Neuankömmlingen etwas entgegen. Die restlichen Beobachter zogen sich zurück, verschwanden unter geflüsterten Formeln in Nebel und Schatten.

      Unfähig, etwas gegen die hier wirkenden Mächte auszurichten, waren die Neuankömmlinge dazu gezwungen, das Ritual mitanzusehen. Ein rhythmisches Dröhnen erfüllte den Raum, ausgehend von der sich weiter verfestigenden Masse über dem Kessel: ein dämonischer Herzschlag, der den Takt von allem dominierte, was in diesem Turmzimmer geschah.

      Acuriën besaß kein Herz mehr, doch er konnte noch immer das des Falken spüren, das unter der Anspannung zu zerbersten drohte.

      Die immer fester und größer werdenden Klumpen in und über dem Kessel quollen weiter aufeinander zu und wucherten zu einer Säule, begannen rasend schnell, Gliedmaßen auszuformen, bis dort eine Gestalt wie aus Blut stand, mit dampfender, glatter Haut, konturlos wie eine unfertige Statue. Um die Gestalt herum begann der Kessel in sich zusammenzufallen. Das äonenalte Artefakt schmolz in der Hitze der Göttlichkeit, die es hervorgebracht hatte und das flüssige Metall füllte die Rillen des Tridekagramms aus. Im Hintergrund tobte der Kampf weiter, doch Acuriëns Blick durch Vogelaugen blieb auf der nackten Gestalt haften, die unter der Hülle aus Blut nun Kontur angenommen hatte. Amadena hatte es vollendet, sie hatte einem Halbgott einen Körper geschaffen.

      »Borbarad …«, hallte ihre Stimme durch den Raum und brachte damit auch die Angreifer zum Schweigen.

      Das Wesen, das inmitten von Rauch, geschmolzenem Metall und Blut in der Mitte des Raumes stand, schaute sie nicht einmal an, auch wenn es inzwischen den Körper eines Mannes mit Augen wie ein Mensch besaß. Dann sprach es zum ersten Mal. Seine Stimme war dunkel, kultiviert und leise. Vor allem jedoch war sie gewöhnt, dass man ihren Befehlen folgte. Es lag eine ruhige, gelassene Dominanz darin, die selbst Acuriën dazu brachte, aufmerksam zu lauschen.

      »Vergiss es, Pardona. Ich bin nicht interessiert. Du warst der Schlüssel zu einem Tor, das ich ohnehin binnen eines Jahres zerschlagen hätte.«

      Statt sich Amadena weiter zu widmen, verschwand der Mann – Borbarad, der Alveraniar des Verbotenen Wissens – in einem gleißenden Schimmer aus dem Nachtschattensturm und ließ Acuriëns Herrin einfach so stehen. Niemand hatte es in diesen dreitausend Jahren gewagt, sie auf diese Art zu behandeln. In all dieser Zeit hatte sie an ihrem Unterfangen gearbeitet, einen Halbgott in diese Sphäre zu beschwören und zu ihrem Werkzeug zu machen. Nun hatte dieser sie keines einzigen weiteren Blickes gewürdigt, obwohl sie ihm zu seiner Rückkehr, zum Beginn der Prophezeiung seines Schicksals, verholfen hatte.

      Amadena gab eine Kaskade von Worten in der Sprache der Menschen aus dem Mittelreich von sich, spie sie den selbst ernannten Abenteurern entgegen, die ihr Ritual gestört hatten und die Frechheit besaßen, noch immer am Leben zu sein. Die Beschwörung hatte Stunden gedauert, die Vorbereitung Monate. Borbarad war ihr ambitioniertestes Projekt seit langem und der Prozess hatte selbst sie ausgelaugt. Ob die wankenden Gestalten im Raum, die immer noch verwirrt vom Erscheinen des Halbgottes waren und sich in den Resten des blutigen Nebels zu orientieren versuchten, wirklich eine Bedrohung für die Herrin waren, konnte Acuriën unmöglich einschätzen. Es war aber offensichtlich, dass die Arbeit hier getan war, auch wenn das Ergebnis zunächst eher enttäuschend wirkte. Warum also bleiben und sich mit diesen Leuten messen, mit denen sie nichts zu schaffen hatten?

      Mit einem Fingerschnippen sandte sie einen Dämon gegen die Abenteurer, ehe sie sich in einer fließenden Bewegung zum Fenster wandte. Mühelos sprang sie auf den Sims, löste die Fibel, Acuriëns Gefängnis, von ihrem Gewand, das flatternd zu Boden glitt. Nackt sprang sie ins Freie, drehte sich im Flug und schleuderte die Fibel auf den Sims. Im nächsten Moment hatte sie bereits eine andere Gestalt angenommen. Ihr im fahlen Neumondlicht schimmernder schlanker Körper zog sich in die Länge, überzog sich mit weißen Schuppen und gewaltige Schwingen brachen aus ihren Rücken. Neuschnee wurde ins Turmzimmer geweht und vermischte sich mit dem Blut auf dem Boden, als sie ihre Drachenflügel auf und ab schlug, um schnell an Höhe zu gewinnen und zurück in den Norden zu fliegen.

      Die Fibel hingegen hielt auf den Stein des Turmsimses zu. Acuriëns Gefängnis war auf mannigfaltige Art verzaubert; das war ihm bewusst, und dieser Umstand machte seine Existenz in dem Kleinod noch unangenehmer. Er hatte sich immer wieder gefragt, was passieren würde, wenn diese Zauber ausgelöst werden würden. Würden sie ihn verzehren? Würde er Teil der Magie werden, die Amadena damit beschwor? Er hatte keine besonders große Lust, es herauszufinden, denn er witterte seine Gelegenheit, sich endlich zu befreien. Der Vorteil, körperlos in einem magischen Gefängnis zu sitzen, war die Tatsache, dass Zeit kaum eine Rolle spielte. Acuriën hatte genug Gelegenheiten gehabt, um Pläne zu schmieden – auch wenn er sie in seinem Dämmerschlaf regelmäßig wieder vergaß – und die Wahrnehmung des Kosmos war eine völlig andere als in physischer Gestalt. Unendlich langsam drehte sich die einst von Zwergenhand geschaffene Fibel in der Luft. Beim Aufprall auf den Stein würde sie zerbrechen und den Bruchteil eines Augenblicks später würden sich die Zauber entfalten. Acuriën rechnete damit, dass seine Herrin ein ganzes Pandämonium vorbereitet hatte, das den Turm und die Angreifer verschlingen sollte, doch er war in diesem Moment entschlossen wie seit Jahrhunderten nicht mehr, einem noch finstereren Schicksal zu entgehen. Vielleicht war es die Präsenz dieses Halbgottes, der Amadena getrotzt hatte, die etwas in ihm geweckt hatte.

      Die Fibel traf auf den groben Stein und zerbarst. Acuriëns Geist, noch immer schwach mit dem Leib des Falken verbunden, klammerte sich an diesen dünnen Faden aus Astralkraft. Der Raubvogel lag, von einer Schneewehe umgeworfen, benommen auf der Seite und zuckte mit den Flügeln. Vermutlich würde er die Nacht nicht überleben, aber er war Acuriëns einziger Weg aus dieser Lage. Seine Seele zerrte an dem astralen Band und zog sich unter Aufbringung aller Willenskraft aus dem explodierenden Gefängnis der Fibel.


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