Droga do serca lady Lucy. Laura Martin

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Droga do serca lady Lucy - Laura Martin


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sah ihn nur erwartungsvoll an, also mußte er jetzt Roß und Reiter nennen. "De Castro, Siegfried. Paßt ja eigentlich überhaupt nicht zusammen - Spanischer Adel und altgermanischer Held." Er grinste, aber sie blieb stumm. Da gab er es auf: "Dritter Stock, Zimmer 318, von der Treppe aus links, ziemlich am Ende."

      "Danke" sagte sie noch, aber da war sie schon fast aus der Tür, und er blickte ihr nur enttäuscht hinterher. Sie nahm zwei Stufen auf einmal, stolperte fast, stieß beinahe mit einer Studentin zusammen, die herunterkam und es ebenso eilig hatte. Dann war sie im dritten Stockwerk, lief den Gang hinunter und stand außer Atem und herzklopfend vor der Tür mit den Ziffern 3-1-8. Wieder verharrte sie einen Augenblick lang, um sich zu sammeln, um Pulsfrequenz und Atmung zu normalisieren, und um zu überlegen, was sie eigentlich sagen wollte - wenn er denn überhaupt anwesend war. Und wenn nicht? Dann aber hob sie die Hand und klopfte.

      "Wer ist denn da?" fragte eine müde Stimme. Er war es, Siggi! "Ich," sagte sie, und drückte einfach die Klinke herunter, ohne auf eine Aufforderung zu warten. Und dann stand sie in der Tür, groß und schlank und mit ihrem lockigen Haar, stand da und kam nicht weiter, stand mit schwerem Atem und zittrigen Knien, und er lag auf dem Bett und sah sie an und das Begehren kam über ihn, die Sehnsucht nach ihrem Körper, und dann sagte er ganz leise und zögernd ihren Namen.

      Hilla löste sich aus ihrer Starre, ging die drei Schritte bis an die Bettkante, kniete sich davor, legte ihr Gesicht auf seine Brust und schluchzte. So blieben beide, die Tür stand auf, bis ein vorbeikommender Bewohner sie zustieß, und er spürte ihren Atem, warm und angenehm, griff mit der Hand in ihr Haar und spielte mit den Locken.

      Plötzlich war sie fort, seine Trauer, weggewischt seine Bedenken, vergessen die Selbstvorwürfe, die ihn wochenlang in Untätigkeit gestürzt hatten. Sie war gekommen, sie war da, und die Liebe war da. Und er zog sie sanft und doch kraftvoll hoch, bis sie neben ihm lag, und wischte ihr die Tränen aus den Augen, streichelte ihr Gesicht, ihren Hals, ihre Brüste, und sie ließ es geschehen - ließ alles geschehen, und es dauerte lange, bis sie erschöpft sich voneinander lösten.

      10. Die Eröffnung

      Hilla klopfte zaghaft an die Tür, die zum Büro von Ulrich Niebel führte. Er blickte erstaunt auf, als seine Tochter herein trat. Daß sie ein Anliegen hatte, und darum mußte es sich wohl handeln, war äußerst selten. Er mußte weit in die Vergangenheit zurückdenken, um sich an eine solche Situation zu erinnern. Eigentlich sah er Hilla nur bei den gemeinsamen Mahlzeiten, und seit seine Frau verstorben war, verbrachte jeder in der Familie seine Zeit für sich, selbst die Abende, früher noch miteinander gestaltet, waren für ihn einsam geworden. Was mit den Kindern zu regeln war, ließ sich beim Essen klären. Günther kam natürlich öfter zu ihm, um geschäftliche Dinge abzusprechen, aber Hilla lebte spätestens seit dem Tod ihrer Mutter ihr eigenes Leben, an dem er keinen Anteil hatte - und wohl auch nicht suchte.

      Die einzige Pflicht, die sie in den letzten beiden Jahren widerspruchslos auf sich genommen hatte, war die der Gastgeberin an seiner Seite, wenn er Geschäftspartner oder auch Honoratioren der Stadt zum Essen einladen mußte. Dann war sie ganz Dame, gab sich freundlich und offen, plauderte über dieses und jenes und blieb, bis der letzte Gast zu verabschieden war. Er war ihr dankbar dafür, weil diese Empfänge für ihn selbst oft eine Last waren. Aber hatte er ihr das eigentlich jemals so deutlich gesagt?

      "Setz dich," er wies auf den Besucherstuhl, der stets vor seinem Schreibtisch stand, "was verschafft mir das seltene Vergnügen deines Besuches?" Er versteckte Unsicherheit gern hinter Ironie. Hilla kam näher, aber statt den Stuhl zu nutzen, setzte sie sich seitlich auf die Schreibtischkante: "Entschuldige den Überfall, Vater, aber ich muß etwas mit dir besprechen. Oder sagen wir so: Ich muß dir etwas mitteilen." Ulrich Niebel blickte die Tochter aufmerksam an und wartete.

      "Wir werden zum Abendessen einen Gast haben. Du kennst ihn bereits. Es ist Siggi - also es ist Siegfried de Castro. So heißt er nämlich richtig." Ihr Vater nickte, aber er vermied es, sein Wissen preiszugeben: "Ja, ich erinnere mich. Er ist dein Freund, immer noch, nicht wahr?" "Er ist mehr als das, Vater. Wir sind zusammen, wenn du verstehst, was ich meine. Und wir wollen und werden zusammenbleiben. Ich weiß nicht, ob Siggi dich jemals förmlich um die Hand deiner Tochter bitten wird, er könnte das, aber es liegt ihm nicht." Ulrich Niebel hob die Hand, und es sollte wohl bedeuten, daß er auf derartige Förmlichkeiten keinen Wert legen würde. Hilla sah es und fuhr fort: "Uns würde es reichen, einfach zusammenzuleben. Aber ich weiß, daß du - daß die Familie Niebel eine gewisse Form wahren muß. Und Siggi will das respektieren, denn ihm ist es genauso ernst wie mir. Darum werden wir heiraten, und - erschrick bitte nicht - möglichst bald. Nur zu deiner Beruhigung: Ich muß nicht heiraten, ich will!"

      "Kind, auch das wäre schließlich nichts Schlimmes. So sehr von gestern bin ich doch hoffentlich nicht." Der Vater erhob sich und trat neben Hilla, dann legte er ihr zögernd die Hand auf die Schulter, streichelte sie und auch ihren Hals und sagte dann, und seine Stimme klang plötzlich weich und fast zärtlich: "Wenn es dir ernst ist, dann freue ich mich für dich. Und ich bin sicher, Mama hätte das gleiche gesagt."

      Hilla legt den Kopf zur Seite, daß er ihren Vater berührte. So nah waren sie sich seit langem nicht mehr, und sie empfand plötzlich wieder, was so lange verschüttet und verdrängt war: Zuneigung zu ihrem Vater. "Danke, daß du das gerade jetzt sagst." Einen Augenblick schwiegen sie beide, ihre Gedanken wanderten zurück in Zeiten, in denen sie noch eine wirkliche Familie waren. Dann entzog sich Hilla der Berührung und bemühte sich um einen sachlichen Ton:

      "Du mußt dir übrigens keine Gedanken machen um meine Zukunft. Siggi ist nicht so arm, wie er sich gibt. Er hat etwas geerbt von seinem Vater. Das heißt, in Wirk- lichkeit war es sein Adoptivvater. Die de Castros haben irgendeine Firma, die jetzt seiner Schwester gehört, aber das kann er dir auch selber erzählen. Ich mache jedenfalls mein Studium zuende, und Siggi auch. Darüber sind wir uns einig. Er würde nie wollen, daß ich abhängig wäre von ihm."

      Jetzt konnte der Vater sein Wissen eingestehen, ohne dessen Herkunft zu verraten: "Der Name de Castro ist mir nicht ganz unbekannt. Wenn ich es recht erinnere, ein Handelshaus irgendwo am Niederrhein. Aber was das Finanzielle angeht - du hast schließlich auch ein Erbe, und wenn du willst, kannst du darüber verfügen, wenigstens, was den Nachlaß deiner Mutter betrifft, den ich bislang für dich verwalte."

      "Das sollst du auch weiter tun, Vater. Ich brauche nicht mehr, als was ich sowieso bekomme. Und wenn Siggi bei mir einzieht - das ist dir doch recht, oder? - also wenn Siggi hier bei uns wohnt, dann haben wir beide kaum Kosten. Aber wir wollen dir auch nicht zur Last fallen. Wenn dir das zuviel wird, Siggi hat ja vielleicht manchmal Ansichten, die dir auf die Nerven gehen könnten, ich weiß das, dann könnten wir auch im Studentendorf wohnen. Die haben auch Zimmer für Pärchen."

      Der Vater hatte sich wieder gesetzt und legte beide Hände flach auf die Schreibtischplatte. "Ich denke, ich habe noch ganz gute Nerven, Kind, und ein bisschen Diskussion könnte uns vielleicht gar nicht schaden. Also - ihr wohnt hier bei uns. Und - wie habt ihr euch die Hochzeit vorgestellt? Ich will euch da keine Vorschriften machen, nur dabei sein möchte ich eigentlich gerne."

      Hilla lachte, erleichtert und auch ein wenig bewundernd über die Art, wie ihr Vater die Sache anging. "Ohne dich geht doch gar nichts! Aber im Ernst: Wir möchten beide keinen Aufstand, keine rauschende Party. Standesamt, ein gemeinsames Essen hier im Haus mit der Familie, das wars schon. Übrigens: Siggis Familie, das ist seine Schwester. Er wollte erst nicht recht, doch ich hab ihn überredet, daß er sie dazu einlädt. Aber das sind schon alle, an die wir gedacht haben. Und du und Siggis Schwester, ihr seid dann unsere Trauzeugen - damit du auch überall dabei bist!"

      Ulrich Niebel mußte nun doch lächeln. "Dann ist ja alles geregelt. Wir müssen nur noch dem Mädchen sagen, was gekocht werden soll. Nein, im Ernst: Um einige Einladungen kommen wir wohl nicht herum - die liebe Verwandschaft, du weißt. Aber ich werde das arrangieren. - Es gibt sicher auch schon einen Termin in eurer perfekten Planung, oder?" Hilla glitt von ihrem Platz, trat hinter ihren Vater und legte ihm beide Hände auf die Schultern. "Das nicht. Aber so bald wie möglich. Das wünsche ich mir." Der Senior sah auf: "Und Günther? Willst du deinen Bruder überraschen, oder soll ich es ihm sagen


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