Evangelisch für Dummies. Marco Kranjc

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Evangelisch für Dummies - Marco Kranjc


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in diesem Jahr offiziell bekannt gemacht.

      Auch wenn Zwingli kein politisches Amt hatte, besaß er doch Einfluss auf den Rat der Stadt und durch seine Predigten natürlich auch auf das Volk.

      Zürich und darüber hinaus

      Innerhalb kürzester Zeit wurde Zürich vollständig nach Zwinglis evangelischen Ansichten umgestaltet: Zentrum des Gottesdienstes war nicht mehr das Abendmahl (Eucharistie), sondern die Predigt. Beim Abendmahl wurden nun Brot und Wein verteilt, Bilder wurden aus den Kirchen, Musik aus dem Gottesdienst verbannt. Die Klöster wurden aufgelöst, das Kirchenvermögen für Schulen und Armenfürsorge verwendet. Zwingli und die Zürcher handelten schneller und radikaler, als es Luther und die Wittenberger je taten.

      Unter dem Einfluss von Luthers Schriften und dem Vorbild von Zwingli weitete sich die Zürcher Reformation aus. St. Gallen, Basel und Bern – überall standen Männer auf, die die Trennung von der katholischen Kirche vorantrieben. Wieder im Gegensatz zu Luther wurde die Reformation hier von den Bürgern getragen, während die Oberschicht (die ja die Städte nicht regierte) abwartete.

Zwinglis Schriften sind meist nur noch antiquarisch zu bekommen. Wer sie unter www.zvab.com oder www.abebooks.de sucht, wird sicher fündig. Vorsicht bei Ausgaben bis circa 1940: Sie könnten in Frakturschrift sein, was nicht jedermanns Sache ist. Also vorher vielleicht das entsprechende Antiquariat anrufen. Antiquarisch (gedruckt) oder aber für den PC gibt es die Reihe Klassiker des Protestantismus (Bremen, 1960, oder als CD-ROM von Directmedia Publishing). Hier findet man eine sehr große Auswahl von Texten angefangen von Jan Hus bis hinein ins 20. Jahrhundert.

      Bleibendes Vermächtnis von Zwingli ist allerdings die Zürcher Bibel (erschienen 1524 bis 1529). Die älteste protestantische Übersetzung der gesamten Bibel erschien fünf Jahre vor der Lutherbibel. Sie ist bis heute die übliche Übersetzung in den Schweizer reformierten Gemeinden. Im Jahre 2007 erschien eine überarbeitete, modernisierte (also sprachlich der Zeit angepasste) Ausgabe, die unerwartet zum Bestseller wurde. Seit 2019 gibt es auch eine Ausgabe mit den »Deuterokanonischen Schriften« des Alten Testaments, also den Apokryphen (siehe Kapitel 16).

      Ein vorzeitiger Tod und ein unvollendetes Werk

      Allerdings waren nicht alle Kantone und Städte auf Zwinglis Seite. Die Urkantone Schwyz, Uri, Unterwalden sowie Zug und Luzern waren gegen die Reformation. Schon 1524 schlossen sie einen Pakt zur Verteidigung des katholischen Glaubens. In der »Tagsatzung«, der damaligen Versammlung der Vertreter von Städten und Kantonen, geriet man scharf aneinander. Allerdings wurden in den folgenden Jahren auch Bern und Basel evangelisch, keine Seite hatte also wirklich die Überhand.

      Zwingli, der Pazifist früherer Jahre, schloss mit den evangelischen Städten ein Bündnis und erklärte den katholischen Kantonen den Krieg. Im Juni 1529 standen die Heere sich gegenüber, aber durch die Vermittlung der neutralen Kantone konnte ein Kompromiss gefunden und die Schlacht abgewendet werden: Die einzelnen Dörfer und Gemeinden sollten per Mehrheitsentscheid (der Männer) abstimmen können, welchem Glauben man in Zukunft anhängen wollte.

      Die Kappeler Milchsuppe

      Den meisten Schweizern war es sicher nicht ganz wohl bei dem Gedanken, gegeneinander kämpfen zu müssen. Es wird berichtet, dass während der Friedensverhandlungen die einfachen Soldaten ihren eigenen Kompromiss fanden: Auf der Grenze zwischen den Kantonen Zug und Zürich entfachten sie ein Feuer, stellten einen großen Topf darauf und kochten eine Milchsuppe. Von den Zugern kam die Milch, von den Zürchern das Brot für die Milchsuppe, die die beiden Parteien dann gemeinsam auslöffelten. Die Kappeler Milchsuppe besiegelte also das Ende des ersten Kappeler Krieges von 1529.

      

Im gleichen Jahr 1529 fand das »Marburger Religionsgespräch« zwischen Luther und Zwingli statt (siehe auch Kapitel 2). Man hatte 15 Punkte zu diskutieren, über die man sich einigen wollte. Bei 14 Punkten war das kein Problem, beim 15. Punkt, dem Abendmahl, konnte man sich nicht einigen (siehe auch Kapitel 17). Die evangelische Bewegung blieb gespalten.

      Zwingli blieb ungeduldig und wollte die Reformation in der Schweiz vorantreiben. Doch der Rat Zürichs wollte sich zu einem Krieg gegen die katholischen Schweizer nicht überreden lassen. Man wollte die Katholiken aushungern und versuchte es mit einer Lebensmittelblockade, indem man die Grenzen zu Deutschland schloss. Das hatte wenig Erfolg, die benötigten Lebensmittel kamen dann aus Italien. Dafür bekam Zwingli nun, was er wollte: Die katholischen Kantone erklärten den evangelischen den Krieg.

      Wie schon 1529 standen sich die Heere am 11. Oktober 1531 gegenüber. Nun wurde gekämpft. Aber die Zürcher wurden in diesem zweiten Kappeler Krieg geschlagen, Zwingli blieb auf dem Schlachtfeld. Man weiß heute nicht mehr ganz genau, was passierte. Einigen Berichten zufolge wurde er schwer verwundet von seinen Feinden gefunden, verspottet, misshandelt und dann erschlagen (später rühmten sich mindestens drei Männer dieser Tat). Andere berichteten, dass Zwingli tot aufgefunden wurde. Das Ergebnis bleibt das gleiche: Zwinglis Leichnam wurde vom Henker gevierteilt und verbrannt, seine Asche mit Schweineasche vermischt und verstreut.

      Anna Reinhart

      Wenn Männer kriegslustig werden, leiden Frauen und Kinder. Zwinglis Frau Anna Reinhart (1484–1538) verlor in der Schlacht bei Kappel nicht nur ihren Mann. Auch ihr erster Sohn Gerold fiel, ebenso der Mann der älteren Tochter Margaretha, ihr Bruder Bernhard und ein Schwager. Sie selbst und zwei Kinder fanden danach Zuflucht bei Zwinglis Nachfolger Heinrich Bullinger.

      Zürich musste sich seinen Feinden unterwerfen. Für die Reformation in der Schweiz sah es schlecht aus. Doch in diesen Jahren der Zürcher Niederlage erlebte ein Mann seine Bekehrung, der das Blatt für die Reformation in der Schweiz wenden sollte: Johannes Calvin.

      Die Paradoxe des Huldrych Zwingli

      Zwingli ist heute nicht so berühmt wie Luther, aber auf seine Weise war er genau so ein widersprüchlicher und komplizierter Charakter wie dieser. Innere Kämpfe schien er nicht in dem Maße wie Luther gekannt zu haben. Er war viel eher dabei, das, was er für richtig hielt, auch gleich zu tun. Es den Leuten erklären konnte man hinterher immer noch. Was verwirrt:

       Der begabte Musiker verbannte Musik aus dem Gottesdienst.

       Der gegen den Kriegsdienst predigende Pazifist wollte seine Ziele mit Krieg erreichen.

       Er predigte die Freiheit, doch auch unter ihm mussten die Täufer leiden (siehe Kapitel 4).

      In den zwölf Jahren seines Wirkens war manches unvollendet geblieben. Seine Kriegslust fiel auf ihn selbst zurück und schädigte die Reformation in der Schweiz erheblich. Aber auslöschen konnte man auch sein Werk nicht mehr, und die reformierten Kirchen und Gemeinden in der Welt stehen bis heute auch auf seinen Schultern.

      

Verglichen mit Luther und Calvin gibt es zu Zwingli relativ wenig Literatur. Sein Leben beschreibt Ulrike Strerath-Bolz in Ulrich Zwingli: Wie der Schweizer Bauernsohn zum Reformator wurde (Berlin, 2013). Ulrich Gäbler achtet in Huldrych Zwingli: Leben und Werk (Zürich, 2004) besonders auf die politischen und zeitgeschichtlichen Umstände von
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