Blau Wasser. Gerstäcker Friedrich
Читать онлайн книгу.ihm abschließen können. Da drüben steht der Mann."
„Desto besser, desto besser! Spricht er Englisch?"
„Es ist ein Schotte."
„Oh, vortrefflich! - Ah, guten Tag, Mister - Pest noch einmal - das Gesicht kommt mir verdammt bekannt vor!"
„Wie geht's, Capitain Rogers?" fragte Tom, der rasch gefaßt, aber doch leicht erröthend und etwas verlegen lächelnd auf ihn zuging. Er reichte ihm dabei die Hand, die Jener langsam nahm, ihm jedoch immer aufmerksamer in's Auge sah. - „Sie kennen mich wohl kaum noch, wie? - Ja, ich, bin braun geworden in den langen Jahren und unter der heißen Sonne hier."
„Wäret Ihr nicht auf dem Bonnie Scotchman?"
„Allerdings."
„Zimmermann?" - Tom nickte. - „Und lieft mir auf Hapai davon?"
Tom wurde blutroth im Gesicht, aber ein gutmüthiges und doch halb verschmitztes Lächeln durchzuckte dabei seine Züge, als er erwiderte:
„Und Sie hätten mich beinah wieder erwischt, denn die nach mir ausgeschickten Eingeborenen waren mir ein paar Mal dicht auf den Fersen. Fünfzehn Stunden habe ich einmal bei einem furchtbaren Regenguß in dem Wipfel einer Palme zugebracht."
„Vier Tage bin ich Euch zu Liebe damals an der verdammten Insel liegen geblieben und habe indessen nicht allein den Fang versäumt, sondern mich auch nachher die ganze übrige Reise mir dem Esel von zweiten Zimmermann behelfen müssen."
„Es war vielleicht nicht recht damals, Capitain Rogers," gestand Tom ehrlich ein, „aber das Land lachte gar zu verlockend herüber, und Sie wissen selbst, was für ein grober, ungerechter Mensch Ihr damaliger erster Harpunier war. Er /23/ brachte uns fast Alle zur Verzweiflung und trieb die Meisten vom Schiff, wo sich ihnen nur die geringste Gelegenheit dazu bot."
„Das ist keine Entschuldigung, Mr. - wie war doch Euer Name gleich?"
„Tom Burton."
„Ach ja - Mr. Burton, das ist gar keine Entschuldigung. Ihr hattet Euch mir und dem Rheder für die ganze Fahrt verpflichtet und wäret nicht allein uns, sondern auch Euren Kameraden schuldig, daß Ihr bliebt. Ihr wißt recht gut, daß auf einem Walfischfänger die ganze Mannschaft gemeinsamen Antheil an dem Fang hat, den Fang aber nicht betreiben kann, wenn ihr die wichtigsten Handwerker dazu, Zimmermann und Böttcher, an Bord fehlen. Da wir Alle an Bord umsonst herumfahren würden, wenn die Boote nicht hinauskämen und an Fische festkämen, so ist das Instandhalten eben dieser Boote auch eine der wichtigsten Sachen an Bord eines Walfischfängers, und deshalb gerade werden die Zimmerleute engagirt und verpflichtet. Sobald sie ihren Contract brechen, gefährden sie den Fang des ganzen Schiffs und ziehen nicht allein dem Rheder, der das Schiff ausgerüstet hat, ungeheure Verluste zu, sondern schneiden auch der ganzen übrigen Mannschaft, vom Capitain hinunter bis zum Schiffsjungen, die Möglichkeit eines Verdienstes ab. Und zum Spaß treiben wir uns doch wahrhaftig auch nicht drei und vier Jahre bald zwischen Eisschollen, bald unter einer solchen Sonne umher, und lassen Weib und Kind indeß zu Hause."
„Sie haben vollkommen Recht, Capitain," sagte Tom, der jetzt ganz ernst und eher etwas blaß geworden war. „Hier und da liegt auch der Fehler wohl mit an den Officieren, die ihre Macht zu sehr mißbrauchten. Ich weiß allerdings, daß an Bord eines solchen Fahrzeugs eben so gut wie an Bord eines Kriegsschiffes unbedingte Subordination herrschen muß, wenn nicht Schiff und Mannschaft darüber zu Grunde gehen sollen. Aber die Herren - und Ihr früherer erster Harpunier war ein solcher, Capitain Rogers - glauben manchmal, daß sie mit ihren Untergebenen eben nach Willkür /24/ machen können, was sie wollen - widersetzen darf sich ihnen ja doch Niemand - und mißbrauchen dann die ihnen ertheilte Würde ebenso zum Schaden des Schiffs, wie es der Untergebene thut, der sich solcher ihm lästig oder unerträglich werdenden Herrschaft durch die Flucht entzieht."
„Mr. Williams war einer der tüchtigsten Officiere, die es geben kann, und ein ausgezeichneter Walfischfänger."
„Ich will ihn nicht anklagen, um mich zu vertheidigen, Capitain Rogers," entgegnete Tom freundlich. „Junge Leute, wie Sie recht gut wissen, sind oft leichtsinnig, und ich war damals noch ein ganz junger, unerfahrener Bursch. Jetzt bin ich vernünftiger und denke anders, vernünftiger darüber."
„Es ist mir lieb das zu hören," erwiderte der Capitain, „noch dazu, da es selbst jetzt nicht zu spät ist, um das Geschehene wieder gut zu machen."
„Durch Holz wenigstens," lächelte Tom, „um Ihnen das Auskochen an Bord zu erleichtern. Sie scheinen schon eine hübsche Ladung Thran genommen zu haben?"
„Es geht an," sagte der Capitain, immer noch zurückhaltend, und fuhr dann in dem früheren Thema fort: „So ist es auch diesmal mit den Leuten, und trotzdem daß wir ganz vorzügliche und ruhige Officiere an Bord haben - welchem Umstand Ihr großen Einfluß auf die Mannschaft zuschreibt - haben eine große Anzahl und unter ihnen sogar beide Zimmerleute und der erste Böttcher heimlich und widerrechtlich das Schiff verlassen und uns in die peinlichste Verlegenheit gebracht."
„Hm, das ist allerdings fatal."
„Desto mehr," sprach der Capitain ruhig, „freue ich mich, daß uns der Zufall zu so günstiger Zeit wieder zusammengeführt hat. Ihr hättet zu keiner gelegeneren Stunde an Bord zurückkommen können."
„Nur mit dem Unterschied," lächelte Tom, der aber doch fühlte, daß ihm das Herz dabei stockte, denn er ahnte, was der Capitain mit den Worten meinte, „daß ich nicht an Bord gekommen bin, um wieder zu fahren, sondern Ihnen nur mein Holz am Strand zu verkaufen."
„In welcher Absicht bleibt sich ziemlich gleich," erwiderte /25/ der Capitain mit einem leichten, aber nichts Gutes weissagenden Lächeln um die zusammengepreßten Lippen. „Ich will übrigens das Geschehene vergessen sein lassen und Euch die damals versäumten Tage bei dem, was wir künftig fangen, nicht in Anrechnung bringen. Euer früherer Antheil hat auch schon zum Theil dafür bezahlt."
„Künftig fangen, Capitain?" sagte Tom, der sich gewaltsam zwang ruhig zu bleiben; „ich glaube nicht, daß ich je wieder auf den Walfischfang ausgehe. Ich bin älter seit der Zeit geworden und ruhiger, und habe mir außerdem auch noch eine der Töchter dieses Landes zur Frau genommen. Dort unter den Palmen steht meine eigene Heimath, lebt meine Familie, und die darf ich schon nicht mehr verlassen, wenn ich selber wollte."
„Familie? Bah!" meinte der Capitain, „hab' ich etwa keine Familie zu Hause? Das ist das Schicksal der Seeleute, daß sie die Jahre lang entbehren müssen. Desto besser gefällt es ihnen aber auch dafür, wenn sie wieder nach Hause kommen."
„Mag sein - die Ansichten sind verschieden," brach Tom das Gespräch, das ihm peinlich zu werden begann, kurz ab. „Jetzt, Capitain, möcht' ich Sie bitten zu bestimmen, was und wie viel Sie von dem Holze brauchen - und hier," setzte er lächelnd hinzu, „hab' ich auch noch einige Kleinigkeiten mitgebracht, die meine Frau gearbeitet, und von denen sich die Officiere vielleicht Einiges mit nach Hause nehmen. Das Körbchen hier, Capitain Rogers, möchte ich Sie bitten, zum Andenken an mich zu behalten."
Der Capitain zögerte es zu nehmen, stellte es aber dann neben sich auf das Gangspill und sagte:
„Wir wollen das nachher zusammen abmachen. - Wie viel Holz habt Ihr drüben?"
„Sechs Klaftern."
„Und der Preis?"
„Ich bin beauftragt, Handelsartikel dafür einzutauschen."
»Gut. Mr. Hobart," sagte der Capitain zu dem jetzt näher tretenden Officier, „das Holz wäre mir allerdings erwünscht, wenn ich es an Bord hätte, aber - wir wollen /26/ uns nicht so lange damit aushalten. Nehmen Sie Ihr Boot und das des zweiten Harpuniers und fahren Sie damit an Land. Die Leute mögen da einladen, was sie herüberschaffen können. Wir sehen dann, wie viel es beträgt, und können Mr. Burton den gewünschten Preis dafür auszahlen."
„Es ist mir dann lieber, daß ich mit hinüberfahre," sprach Tom ruhig, „denn wenn Sie so wenig nehmen, wünschte ich gern, daß Sie das trockenste bekämen."
„Das wird sich Mr.