Sinnvoll zu betrachten. Geshe Kelsang Gyatso

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Sinnvoll zu betrachten - Geshe Kelsang Gyatso


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sein? Warum begehen wir also den Lebewesen zuliebe, die schon so bald verschwinden werden, soviel Falsches? Dennoch haben wir alle bereits solche nichttugendhaften Handlungen begangen, und wenn wir uns wünschen, für die Zukunft Sicherheit zu gewinnen, müssen wir diese Negativität sofort reinigen. Die Grundlage der Reinigung ist ein Gefühl des Bedauerns. Dieses entsteht, wenn wir über Unbeständigkeit, Tod und die Früchte fehlerhafter Handlungen nachdenken. Wenn drei Leute unabsichtlich vergiftete Nahrung zu sich nehmen und einer von ihnen stirbt und ein zweiter krank wird, was wird die dritte Person denken? Sicherlich wird sie es zutiefst bedauern, das Mahl gegessen zu haben. Genauso sollten wir an die vielen Menschen denken, die negative Taten begangen haben, gestorben sind und sich nun in einem niederen Bereich wiederfinden, wo sie großes Leiden erfahren, und wir sollten uns daran erinnern, daß wir die gleichen unseligen Handlungen auch begangen haben.

      Aufgrund starker Anhaftung haben wir um unserer Freunde willen gestohlen und gelogen. Mit großer Wut haben wir unseren Feinden viel Schaden zugefügt. Der Hauptgrund für all das Schädliche, das wir getan haben, ist unsere Unwissenheit um das Gesetz von Handlungen und ihren Auswirkungen. Da wir nicht erkennen, daß Leiden das einzige Ergebnis unserer Handlungen sein wird, beharren wir in ignoranter Weise auf unserem nichttugendhaften Verhalten.

      Wie schwer ist es für uns zu verstehen, daß unser Leben auf den Tod zurast und daß es nichts gibt, was wir tun können, um dies zu verhindern. Sekunde für Sekunde zerrinnt unsere Lebenskraft. Anders als Geld, das auf dem Konto bleibt, bis wir es ausgeben, verfließt unsere Lebenszeit stetig. Jetzt ist die Zeit gekommen, unsere Nichttugend zu bekennen und all das zu praktizieren, was tugendhaft ist.

      Falls wir nicht beginnen, den von uns angerichteten Schaden zu bedauern und zu reinigen und dadurch unserem Leben eine neue Richtung zu geben, werden wir uns den Weg in eine zukünftige Erfahrung höllischer Existenzzustände ganz sicher auf törichte Weise bahnen. Manche Menschen glauben fest an die Nichtexistenz solcher Bereiche. Sie sagen, daß solche Orte nicht existieren, weil sie sie nicht sehen können. Diese Art von Logik ist lächerlich! Wir könnten ebensogut sagen, daß auch Zukunft und Vergangenheit absolut nichtexistent sind, weil wir das, was morgen passiert, sowie die früheren Zivilisationen, die auf diesem Planeten existiert haben, nicht sehen können. Wir können nicht sagen, daß wir nächsten Monat nicht krank werden, bloß weil wir den Grund der Krankheit jetzt noch nicht sehen können. Selbst ein studierter Mann, der morgen bei einem Autounfall sterben wird, ist unfähig, dies heute vorherzusehen. Deshalb sollten wir uns nicht von falscher Logik beeinflussen lassen, die unkorrekterweise annimmt, daß das, was wir nicht sehen können, auch nicht existiert.

      Außerdem, auch wenn wir die Existenz von Höllenbereichen in Frage stellen, wer könnte die Existenz von Erfahrungen bezweifeln, die so grausam sind, daß man sie als «Hölle auf Erden» bezeichnet? Monatelang mit dem tödlichen Schmerz von Krebs zu leben, in Paranoia oder selbstmörderischen Depressionen gefangen zu sein, mit dem Tod durch Feuer konfrontiert zu sein - dies sind nur einige Beispiele höhlenähnlicher Leiden, denen wir auch in unserem menschlichen Bereich begegnen können. Wenn wir solches Leiden vermeiden wollen, müssen wir unsere nichttugendhaften Ursachen reinigen, in denen sie verwurzelt sind, und alle ähnlichen negativen und schädlichen Handlungen in Zukunft unterlassen.

      Buddha Shakyamuni und alle gelehrten Pandits, die ihm folgten, besaßen großes Verständnis und Hellsicht. Diese erleuchteten Wesen wiesen die Existenz von Höhlenbereichen und anderen niederen Existenzzuständen durch ihre eigene Erfahrung und viele logische Begründungen nach. Auch wenn wir die Existenz von Höllenbereichen nicht sofort selbst sehen können, sollten wir dafür eine möglichst aufgeschlossene Haltung haben. So wird großer Nutzen entstehen, und zum Zeitpunkt des Todes werden wir keine Angst haben. Wenn wir wirklich auf unser zukünftiges Wohlergehen bedacht sind, ist es das beste, sich der Gefahr zukünftiger Höllenbereiche bewußt zu sein, und dann aus Angst vor diesbezüglichen Leiden das, was nützlich ist, zu praktizieren, alles Nichttugendhafte zu reinigen und den Pfad des Dharmas zu betreten.

      In vielen Schriften geht Buddha bezüglich der Leiden in den Höllenbereichen sehr ins Detail. Es war sicher nicht seine Absicht, uns einfach nur zu erschrecken. Ein Buddha hat Großes Mitgefühl und Liebe für alle Lebewesen und wünscht, sie von ihren Leiden zu befreien. Aus diesem Grund erklärte Buddha Shakyamuni die leidvollen Existenzbereiche und gab viele Anweisungen, wie wir es vermeiden können, dort wiedergeboren zu werden. Er lehrte uns das Aufgeben von Nichttugend und das Praktizieren von Tugend nicht deshalb, weil er uns erschrecken, sondern weil er uns glücklich sehen wollte.

      Wenn eine Mutter ihren Kindern die Gefahren erklärt, die beim Spielen auf einer belebten Straße drohen, dann tut sie dies nicht, um ihnen Angst zu machen, sondern sie tut dies aus Mitgefühl und aus Sorge um die Sicherheit ihrer Kinder und aus einem realistischen Verständnis für die Gefahren dieser Situation. Das gleiche gilt für die Unterweisungen der erleuchteten Wesen. Sie sehen, zu welchen Qualen uns Nichttugend führen wird, und sie berichten uns von dieser Gefahr, damit wir sie vermeiden können. Ohne solche Anweisungen und Warnungen würden wir direkt ins Feuer des Leidens springen. Deshalb ist es wichtig, daß wir richtig gewarnt werden. Wenn wir nicht wissen, daß ein bestimmtes Tier giftig ist, kreuzen wir vielleicht direkt seinen Weg. Aber wer von uns würde sich einer Schlange nähern, von der er weiß, daß ihr Biß tödlich ist?

      Vom Standpunkt unserer Dharma-Praxis aus ist es wichtig, daß wir jetzt Angst vor den niederen Bereichen der Wiedergeburt entwickeln und nicht erst zum Zeitpunkt unseres Todes. Die Angst, die uns jetzt vorsichtig handeln läßt, ist hilfreich, aber die Angst, die beim Tod entsteht, ist es ganz und gar nicht. Was nützt es, daß wir unsere Nichttugend bedauern, wenn wir dem Herrn des Todes von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen oder bereits die Qualen der Hölle erleiden? Das einzig Vernünftige, das jetzt zu tun ist, ist das Praktizieren der Methoden, die uns vor zukünftigem Leiden bewahren. Wir sollten unseren Geistesstrom reinigen, bevor die Früchte unserer Nichttugend reifen, denn wenn diese Früchte einmal gereift sind, ist es selbst für einen Buddha zu spät, uns zu helfen. Buddhas beschützen Lebewesen, indem sie sie Dharma lehren und ihnen den Weg zeigen, der fort vom Leiden und hin zur Erleuchtung führt, aber sie sind nicht fähig, Lebewesen vorn Leiden zu erlösen, das diese bereits über sich gebracht haben. Wenn wir unsere Handlungen nicht überwachen, kann selbst ein Buddha nicht viel ausrichten.

      DIE KRAFT DES VERTRAUENS

      Im nächsten Abschnitt sucht Shantideva voller Bedauern über seine fehlgeleiteten Handlungen Zuflucht vor Leiden bei den Drei Juwelen:

      Ich nehme Zuflucht zu all den Buddhas, die alle fühlenden Wesen vor Angst beschützen. Ich nehme Zuflucht zum Dharma-Juwel, das alle diese Buddhas besitzen. Ich nehme Zuflucht zu der Versammlung der Höheren Bodhisattvas. Ich nehme Zuflucht zu Euch, den Drei Juwelen, und ich bitte um Schutz vor Nichttugend, der Ursache für eine Wiedergeburt in der Hölle.

      Ich bringe Dir, Arya Samantabhadra, meinen Körper dar, und ich bete, daß Du mich vor den Schrecken der Hölle beschützen mögest. Ich bringe meinen Körper als Dein Diener dar, Arya Manjushri, und ich bete, daß auch Du mich vor diesem Schrecken beschützen mögest. Ich weine traurig vor Dir, Herr Avalokiteshvara, bitte beschütze mich, denn ich habe schlecht gehandelt. Aus tiefstem Herzen bete ich zu Euch, o Mitfühlende Arya Akashagarbha, Arya Ksitigarbha, Arya Sarvanivaranaviskambini und Arya Maitreya: bitte beschützt mich! Und ich nehme Zuflucht zu Dir, Arya Vajrapani, bei dessen Anblick die Boten des Herrn des Todes voller Schrecken in die vier Richtungen fliehen.

      O Buddhas, früher habe ich Euren Ratschlag mißachtet und viel Nichttugend begangen, aber jetzt sehe ich die Ergebnisse - die Qualen der Hölle - und ich nehme Zuflucht zu Euch. Möge durch das Vertrauen in Euch jede Nichttugend und aller Schrecken schnell gereinigt werden. [47-53]

      Hier stellt Shantideva fest, daß er alle seine bedauernswerten nichttugendhaften Handlungen nur begangen hat, weil er es versäumte, die Unterweisungen der erleuchteten Wesen zu befolgen. Da das Reinigen sämtlicher Nichttugend vom aufrichtigen Befolgen dieser Unterweisungen abhängt, beschwört Shantideva die Kraft des Vertrauens, indem er aus der Tiefe seines Herzens Zuflucht nimmt zu Buddha, Dharma und Sangha.

      In der Mahayana-Tradition bezieht sich die Kraft des Vertrauens auf die Zufluchtnahme und das Entwickeln


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