Acht Schritte zum Glück - Neuausgabe. Geshe Kelsang Gyatso

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Acht Schritte zum Glück - Neuausgabe - Geshe Kelsang Gyatso


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äußeren Umstände zu ändern, sodass sie unseren Wünschen entsprechen, oder wir können unseren Geist ändern. Bisher haben wir versucht die äußeren Umstände zu ändern, doch das hat offensichtlich nicht funktioniert. Nun müssen wir unseren Geist ändern.

      Der erste Schritt, unseren Geist zu ändern, ist, zu erkennen, welche Geisteszustände Glück hervorbringen und welche Leiden hervorbringen. Geisteszustände, die den Frieden des Geistes fördern und zu Glück führen, werden «tugendhafte Geistesarten» genannt, während jene, die den Frieden des Geistes zerstören und zu Leiden führen, «Verblendungen» genannt werden. Wir haben viele unterschiedliche Arten von Verblendungen wie unkontrolliertes Begehren, auch als begehrende Anhaftung bekannt, Wut, Neid, Stolz, Faulheit und Unwissenheit. Diese sind als «innere Feinde» bekannt, weil sie unseren inneren Frieden, unser Glück, von innen heraus kontinuierlich zerstören. Ihre einzige Funktion ist es, uns zu schaden.

      Verblendungen sind eine verzerrte Weise, uns selbst, andere Menschen und die Welt um uns herum zu betrachten. Die Art und Weise, wie ein verblendeter Geist diese Phänomene wahrnimmt, stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein. Der verblendete Geisteszustand des Hasses betrachtet zum Beispiel andere Menschen als an sich schlecht, doch so etwas wie einen an sich schlechten Menschen gibt es nicht. Begehrende Anhaftung betrachtet andererseits ihr Objekt des Begehrens als an sich gut und als wahre Quelle des Glücks. Haben wir das heftige Verlangen, Schokolade zu essen, dann erscheint Schokolade an sich als begehrenswert. Haben wir aber zu viel davon gegessen und es wird uns schlecht, dann scheint sie nicht länger begehrenswert zu sein, sondern vielleicht sogar widerwärtig. Dies zeigt, dass Schokolade an sich weder begehrenswert noch widerwärtig ist. Es ist der Geist der Anhaftung, der alle möglichen begehrenswerten Eigenschaften auf sie projiziert und sich dann darauf bezieht, als hätte sie wirklich diese Eigenschaften.

      Alle Verblendungen funktionieren in dieser Weise. Sie projizieren ihre eigene verzerrte Version der Wirklichkeit auf die Welt und beziehen sich dann auf diese Projektion, als wäre sie wahr. Wenn unser Geist unter dem Einfluss von Verblendungen ist, sind wir nicht in Berührung mit der Realität und halluzinieren gewissermaßen. Da unser Geist die ganze Zeit von zumindest subtilen Formen der Verblendungen beeinflusst wird, ist es nicht verwunderlich, dass unser Leben so häufig voller Enttäuschungen ist. Es ist, als jagten wir fortwährend Trugbildern nach, nur um enttäuscht zu sein, wenn sie uns nicht die Befriedigung geben, die wir uns erhoffen.

      Die Quelle aller Verblendungen ist ein verzerrtes Gewahr­sein, «Unwissenheit des Festhaltens am Selbst» genannt, das an Phänomenen als inhärent, oder unabhängig, existent festhält. In Wirklichkeit sind alle Phänomene in Abhängigkeit entstehende Phänomene, das bedeutet, dass ihre Existenz völlig von anderen Phänomenen abhängt, wie von ihren Ursachen, ihren Teilen und dem Geist, der sie erfasst. Objekte existieren nicht von ihrer eigenen Seite, nicht an sich oder aus sich heraus. Was sie sind, hängt davon ab, wie sie wahrgenommen werden. Unser Unvermögen, dies zu begreifen, ist der Ursprung all unserer Probleme.

      Die Art des Festhaltens am Selbst, die uns am meisten schadet, ist das Festhalten an unserem eigenen Selbst, oder Ich, als inhärent, oder unabhängig, existent. Wir haben instinktiv das Gefühl, dass wir ein vollkommen wirkliches und objektives Selbst oder Ich haben, das unabhängig von allen anderen Phänomenen existiert, sogar unabhängig von unserem Körper und Geist. Eine Folge des Festhaltens an unserem Selbst als unabhängige, eine von der Welt und Anderen getrennte Wesenheit ist, dass wir Selbstwertschätzung entwickeln, einen Geist, der uns selbst als höchst wichtig betrachtet. Weil wir uns so stark wertschätzen, fühlen wir uns zu Menschen und Dingen hingezogen, die wir anziehend finden, möchten uns von Menschen und Dingen fernhalten, die wir abstoßend finden, und haben kein Interesse an Menschen und Dingen, die wir weder anziehend noch abstoßend finden. Auf diese Art und Weise werden begehrende Anhaftung, Wut und Gleichgültigkeit geboren. Da wir ein übertriebenes Gefühl unserer eigenen Bedeutung haben, haben wir das Gefühl, als würden unsere Interessen mit denen anderer kollidieren und dies wiederum führt zu Rivalität, Neid, Arroganz und Rücksichtslosigkeit ihnen gegenüber. Handeln wir unter dem Einfluss dieser und anderer Verblendungen, so werden wir uns destruktiv verhalten: wir töten, stehlen, üben sexuelles Fehlverhalten aus, lügen und sprechen in verletzender Weise. Die Folgen dieser negativen Handlungen sind Leiden für uns selbst und andere.

      Obwohl unsere Verblendungen tief verwurzelt sind, sind sie kein innewohnender Teil unseres Geistes und können deshalb mit Sicherheit entfernt werden. Verblendungen sind lediglich schlechte geistige Angewohnheiten und können wie alle Angewohnheiten überwunden werden. Indem wir uns aufrichtig und stetig bemühen, mit konstruktiven Geistes­zuständen vertraut zu werden, können wir sogar die hartnäckigsten Verblendungen beseitigen und sie durch entgegengesetzte Tugenden ersetzen. Wir können zum Beispiel unsere Wut verringern, indem wir unseren Geist mit Geduld und Liebe vertraut machen, unsere Anhaftung verringern, indem wir unseren Geist mit Nichtanhaftung vertraut machen, und unseren Neid verringern, indem wir uns am Glück anderer erfreuen.

      Um Verblendungen jedoch vollständig zu beseitigen, müssen wir ihre Wurzel zerstören – den Geist des Festhaltens am Selbst. Um dies zu tun, müssen wir unseren Geist mit der wahren Natur der Wirklichkeit, oder endgültigen Wahrheit, vertraut machen. Dies wird ausführlich im Kapitel über Schulung in endgültigem Bodhichitta erklärt. Wenn wir das Festhalten am Selbst zerstören, hören alle anderen Verblendungen ganz natürlich auf, so wie die Blätter und Äste eines Baumes absterben, wenn wir seine Wurzeln zerstören. Haben wir unsere Verblendungen erst einmal vollkommen beseitigt, so wird es völlig unmöglich sein, dass wir unfriedliche Geisteszustände erleben. Da wir nicht länger die inneren Ursachen des Leidens in uns tragen, werden die äußeren Ursachen des Leidens wie Krankheit oder Tod keine Macht mehr haben, unseren Geist zu stören. Diese dauerhafte Beendigung der Verblendungen und des Leidens ist als «Befreiung» oder «Nirvana» auf Sanskrit bekannt.

      Obwohl die eigene Befreiung von Leiden eine großartige Erlangung ist, ist sie unzureichend. Wir sind kein isoliertes Individuum, sondern Teil der Familie aller Lebewesen. Alles was wir besitzen, alles was uns erfreut, alle unsere Gelegenheiten für spirituelle Entwicklung und sogar unseren Körper verdanken wir der Güte anderer. Würden wir unserem eigenen Leiden entfliehen und dann alle anderen ihrem Schicksal überlassen wollen? Dann wären wir wie ein junger Mann, der mit seinen alten Eltern in Gefangenschaft gerät, seine eigene Flucht organisiert, jedoch seine Eltern zurücklässt. So jemand hätte unsere Bewunderung nicht verdient. Wir müssen uns definitiv bemühen, uns aus dem geistigen Gefängnis unserer verblendeten Geisteszustände zu befreien, doch unser endgültiges Ziel muss es sein, allen anderen zu helfen, dasselbe zu tun.

      Folglich ist unser endgültiges Ziel das Erlangen der vollen Erleuchtung, oder Buddhaschaft. Das Sanskritwort «Buddha» bedeutet «der Erwachte» und bezieht sich auf jeden, der aus dem Schlaf der Unwissenheit erwacht und frei ist vom Traum fehlerhafter Erscheinung. Da gewöhnliche Wesen wie wir noch nicht aus dem Schlaf der Unwissenheit erwacht sind, leben wir weiterhin in einer traumähnlichen Welt fehlerhafter Erscheinungen und sehen nicht die wahre Natur der Dinge. Das ist der Hauptgrund, weshalb wir Leiden erleben und anderen nur bedingt helfen können. Buddhas haben allwissende Weisheit erlangt und die grenzenlose Fähigkeit, allen Lebewesen zu helfen, indem sie alle Spuren der Dunkelheit der Unwissenheit vollständig aus ihrem Geist entfernt haben.

      Ihr grenzenloses und allumfassendes Mitgefühl gibt den Buddhas die Energie, ohne Unterlass für das Wohl anderer zu arbeiten. Sie verstehen die wirklichen Ursachen des Glücks und des Leidens und wissen genau, wie sie Lebewesen im Einklang mit ihren individuellen Bedürfnissen und Nei­gungen helfen können. Buddhas haben die Kraft, den Geist aller Lebe­wesen zu segnen, sodass sie inneren Frieden erleben können, und die Fähigkeit, unzählige Formen zum Wohle anderer auszustrahlen. Doch die wirksamste Art und Weise, wie Buddhas Lebe­wesen helfen, besteht darin, sie zu lehren, ihren Geist zu zähmen und dem spirituellen Pfad zur Befreiung und Erleuchtung zu folgen.

      Der Gründer des Buddhismus in dieser Welt war Buddha Shakyamuni. Nachdem er Erleuchtung erlangt hatte, gab Buddha vierundachtzigtausend Unterweisungen, die allesamt Ratschläge sind, wie wir Verblendungen bändigen und überwinden, indem wir tugendhafte Geisteszustände entwickeln. Buddhas Lehren sowie die inneren Verwirklichungen, die durch das Umsetzen dieser Lehren erlangt werden, sind als «Dharma» bekannt.


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