Kleiner Mann was nun?. Ханс Фаллада

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Kleiner Mann was nun? - Ханс Фаллада


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Wir wollen hingehen, das muß ich in der Nähe betrachten.«

      Sie machen sich auf die Wanderschaft, aber wenn sie auch meistens hintereinander gehen müssen, Lämmchen läßt ihren Hannes nicht los.

      Also: das Zimmer ist eine Schlucht, gar nicht mal so schmal, aber endlos lang, eine Reitbahn. Und während vier Fünftel dieser Bahn ganz vollgestellt sind mit Polstermöbeln, Nussbaumtischen, Vertikos, Spiegelkonsolen, Blumenständern, Etageren, einem großen Papageienkäfig (ohne Papagei), stehen im letzten Fünftel nur zwei Betten und ein Waschtisch. Aber die Trennung zwischen dem vierten und dem fünften Fünftel, die ist es, die Lämmchen lockt. Es ist eine Scheidung herbeigeführt zwischen Wohn- und Schlafgemach, aber mit keiner Rabitzwand, mit keinem Vorhang, mit keiner spanischen Wand. Sondern – also mit Leisten ist so eine Art Spalier gemacht, eine Art Weingeländer vom Boden bis zur Decke mit einem Bogen, durch den man gehen kann. Und diese Leisten sind nicht etwa einfache glatte Holzleisten, sondern schön braun gebeizte Nussbaumleisten, jede mit fünf parallelen Riefen in sich. Aber daß das Spalier nicht so nackt aussähe, sind Blumen hineingewunden, Blumen aus Papier und Stoff. Rosen und Narzissen und Veilchentuffs. Und dann sind da lange grüne Papiergirlanden, die man von den Bockbierfesten her kennt.

      »Oh Gott!« sagt Lämmchen und setzt sich. Sie setzt sich, wo sie steht, aber es ist keine Gefahr, daß sie auf die Erde zu sitzen kommt, überall ist was da, immer ist was da, ihr Po stößt auf einen rohrgeflochtenen Klaviersessel, Ebenholz, der dort steht, ohne Klavier.

      Pinneberg steht stumm dabei. Er weiß nicht, was er sagen soll. Ihm hat eigentlich beim Mieten alles so ziemlich eingeleuchtet, und das Spalier hat er ganz lustig gefunden.

      Plötzlich beginnen Lämmchens Augen zu funkeln, ihre Beine haben wieder Kraft, sie steht auf, sie nähert sich dem Blumenspalier, sie fährt mit den Finger über eine Leiste. Diese Leiste hat Riefen, Rillen, Kerben, das ist schon gesagt, Lämmchen prüft ihren Finger.

      »Da!« sagt sie und hält dem Jungen den Finger hin. Der Finger ist grau.

      »Ein bißchen staubig«, sagt er vorsichtig.

      »Bißchen!!« Lämmchen sieht ihn flammend an. »Du hältst mir 'ne Frau, ja. Mindestens fünf Stunden täglich muß hier 'ne Frau her.«

      »Aber warum denn? Wieso denn?«

      »Und wer soll das sauber halten, bitte? Die dreiundneunzig Möbel mit ihren Kerben und Knäufen und Säulen und Muscheln, na ja, ich hätt's noch getan. Trotzdem es sündhaft ist, solche Quatscharbeit. Aber dieses Spalier, da habe ich ja allein jeden Tag drei Stunden damit zu tun. Und dann die Papierblumen ...«

      Sie versetzt einer Rose einen Schmiß. Die Rose fällt zu Boden, aber ihr nach tanzen durch den Sonnenschein Millionen grauer Stäubchen.

      »Hältst du mir 'ne Frau, du?« fragt Lämmchen und ist gar kein Lämmchen.

      »Wenn du's vielleicht einmal in der Woche gründlich machtest?«

      »Unsinn! Und hier soll der Murkel aufwachsen. Wieviele Löcher soll er sich an den Knäufen und Knorren rennen? Sag!«

      »Bis dahin haben wir vielleicht 'ne Wohnung.«

      »Bis dahin! – Und wer soll das heizen im Winter? Unter'm Dach? Zwei Außenwände! Vier Fenster! Jeden Tag einen halben Zentner Briketts und dann noch geklappert!«

      »Ja, weißt du«, sagt er etwas pikiert, »möbliert ist natürlich nie so wie eigen.«

      »Das weiß ich auch, du. Aber sag selbst, wie findest du das? Gefällt dir das? Möchtest du hier leben? Denk dir doch mal aus, du kommst nach Haus und dann rennst du hier zwischen Eiern rum und überall sind Deckchen. Aua! – dacht ich mir doch, mit Stecknadeln festgepiekst!«

      »Aber wir finden nichts Besseres.«

      » Ich finde was Besseres. Verlaß dich drauf. Wann können wir kündigen?«

      »Am ersten September. Aber ...«

      »Zu wann?«

      »Zum dreißigsten September. Aber ...«

      »Sechs Wochen«, stöhnt sie. »Nun, ich werde es überstehen. Mir tut nur der arme Murkel leid, der dies alles miterleben muß. Ich dachte, ich würde schön mit ihm spazieren gehen können hier draußen. Kuchen, Möbel polieren.«

      »Aber wir können nicht sofort wieder kündigen!«

      »Natürlich können wir. Am liebsten gleich, heute, diese Minute!«

      Sie steht da, ganz Entschlossenheit, die Backen rot, aggressiv, die Augen blitzend, den Kopf im Nacken.

      Pinneberg sagt langsam: »Weißt du, Lämmchen, ich habe dich mir ganz anders gedacht. Viel sanfter ...«

      Sie lacht, sie stürzt auf ihn zu, fährt mit der Hand durch seine Haare. »Natürlich bin ich ganz anders, wie du gedacht hast, das weiß ich doch. Dachtest du, ich wäre Zucker, wo ich seit der Schule ins Geschäft gegangen bin, und bei dem Bruder, dem Vater, der Vorgesetzten, den Kollegen!«

      »Ja, weißt du ...«, sagt er nachdenklich.

      Die Uhr, die berühmte Glasstutzuhr auf dem Ofensims – zwischen einem hämmernden Amor und einem Glaspirol –, schlägt hastig siebenmal.

      »Marsch los, Junge! Wir müssen noch runter ins Geschäft, zum Abendessen einkaufen und für morgen. Jetzt bin ich ja nur gespannt auf die sogenannte Küche!«

      Pinnebergs machen einen Antrittsbesuch, es wird geweint, und die Verlobungsuhr schlägt immerzu

      Das Abendessen ist vorüber, ein Abendessen, eingekauft, zubereitet, durch ein Gespräch belebt, mit Plänen ausgefüllt von einem ganz veränderten Lämmchen. Es hat Brot und Aufschnitt gegeben, dazu Tee. Pinneberg war mehr für Bier gewesen, aber Lämmchen hatte erklärt: »Erstens ist Tee billiger. Und zweitens ist für den Murkel Bier gar nicht gut. Bis zur Entbindung trinken wir keinen Tropfen Alkohol. Und überhaupt ...«

      » Wir«, dachte Pinneberg wehmütig, fragte aber nur: »Und was überhaupt?«

      »Und überhaupt sind wir nur heute Abend mal so üppig. Zweimal die Woche mindestens gibt es nur Bratkartoffeln und Brot mit Margarine. Gute Butter –? Vielleicht sonntags. Margarine hat auch Vitamine.«

      »Aber nicht dieselben.«

      »Schön, entweder wollen wir vorwärtskommen oder wir brauchen allmählich das Ersparte auf.«

      »Nein, nein«, sagt er eilig.

      »So, und nun räumen wir ab. Abwaschen kann ich morgen früh. Und dann packe ich die erste Ladung zusammen und wir besuchen Frau Scharrenhöfer. Das schickt sich so.«

      »Willst du wirklich gleich den ersten Abend –?«

      »Gleich. Die soll sofort Bescheid wissen. Übrigens hätte sie sich längst sehen lassen können.«

      In der Küche, die wirklich nichts weiter wie eine Bodenkammer mit einem Gaskocher ist, sagt Lämmchen noch einmal: »Schließlich gehen sechs Wochen auch mal vorbei.«

      Ins Zimmer zurückgekehrt, entfaltet sie eine emsige Tätigkeit. Alle Deckchen und Häkeleien nimmt sie ab und legt sie fein säuberlich zusammen. »Rasch, Junge, hol eine Untertasse aus der Küche. Die soll nicht denken, wir wollen ihre Nadeln behalten.«

      Endlich: »So.«

      Sie legt das Paket mit den Decken über ihren Arm, sieht sich suchend um: »Und du nimmst die Uhr, Junge.«

      Er zweifelt noch immer: »Soll ich wirklich –?«

      »Du nimmst die Uhr. Ich gehe voran und mache die Türen auf.«

      Sie geht wirklich voran, ganz ohne Furcht, erst über den kleinen Vorplatz, dann in einen kammerähnlichen Raum mit Besen und solchem Gemurks, dann durch die Küche ...

      »Siehst du, Junge, das ist eine Küche! Und hier darf ich nur Wasser holen!«


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