Raus aus der Krise. Geri Schnell

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Raus aus der Krise - Geri Schnell


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Melden sie sich um neun Uhr bei Herr Friener im zweiten Stock. Tut uns leid, dass sie Unannehmlichkeiten haben, aber leider können wir bei einem Mord nicht allzu viel Rücksicht nehmen.»

      Die Tür schliesst sich hinter den Beamten. Susi ist wie erschlagen und weiss nicht was sie von der Sache halten soll.

      Kann man sich so in einem Menschen täuschen? Wie stark sitzt Max da mit drin? Hat ihn die lange Einsamkeit dazu getrieben? War es die Scheidung, die er nicht verkraftet hat, oder doch eher die ausgestandene Angst in Ägypten?

      Jetzt muss sie Paul informieren. Sie ist gespannt, was er zu dieser Entwicklung des Falls sagen wird. Mit zittriger Hand wählt sie die Nummer.

      «Na endlich, wo hast du die ganze Zeit gesteckt? Ich weiss immer noch nicht, ob wir nun die Story bringen können oder nicht.»

      «Es hat sich da etwas im Fall gewendet, ich bin gespannt, was du dazu meinst», gegen die Tränen ankämpfend erzählt sie Paul alles, was sie in den letzten zwei Stunden erlebt hat.

      «Ich kann mir das mit Max einfach nicht vorstellen, aber ich kenne ihn ja nicht so gut wie du! Ich war nie mit ihm im Bett. Entschuldigung, das war geschmacklos», Paul ist immer noch eifersüchtig auf Max, denn seit der bei Susi eingezogen ist, konnte er bei ihr nicht mehr landen. Aber wenn er ehrlich ist, er kann es sich trotzdem nicht vorstellen, dass Max zu so einer Tat fähig wäre. Sicher, er hatte in letzter Zeit viel Pech gehabt und so etwas konnte einen Menschen sehr stark verändern. Er weigert sich trotzdem, so etwas von Max zu denken. Aber langsam beginnt er sich zu ärgern, denn er sieht ein, dass ihm eine tolle Story den Bach hinunter schwimmt, vor seinem Gewissen kann er es einfach nicht verantworten, in dieser Situation über den Fall zu berichten.

      «Ich weiss effektiv nicht, was wir machen sollen», fragt Paul, «was meinst du?»

      «Wenn ich das wüsste, ich könnte platzen vor Wut, wenn ich daran denke, dass er mich mit diesem jungen Ding betrügen wollte. Ich kann ihn ja verstehen, in diesem Alter sah ich auch noch sehr gut und verführerisch aus. Warum läuft diese Göre auch so sexy rum?»

      «Bist du eifersüchtig? Man hört die betrogene Freundin heraus. Pass Morgen bitte auf, dass du ihn nicht zu stark belastest, sonst sitzt er unter Umständen noch lange im Gefängnis. Ich höre aus deinem Gespräch heraus, dass du ihn bereits als schuldig verurteilst. Ich glaube, ich bringe morgen noch nichts in der Zeitung, es ist mir zu riskant, wir können später unsere gute Position immer noch ausspielen, wenn wir sicher sind. Gute Nacht, ich muss jetzt zuerst darüber schlafen.»

      Der Gefängnisalltag beginnt für Max mit dem Bezug seiner Zelle im vierten Stock des Polizeigebäudes. Seine wenigen persönlichen Effekten, die er auf sich trägt, werden ihm abgenommen. Er erhält leihweise einen Trainingsanzug für die Nacht. Wenn er länger bleiben muss, darf er seine eigenen Kleider tragen. Doch damit rechnet Max nicht, er ist ja unschuldig.

      Die Zelle ist etwa zwei Meter breit und drei Meter lang. Das Fenster liegt etwas erhöht, er muss auf einen Stuhl steigen, wenn er auf die Strasse runter sehen will. Er hat eine schöne Aussicht auf den Jura. In der Nähe des Fensters steht ein Schreibtisch und an der Wand ein normales Bett. Hinter einem Vorhang leicht versteckt, gibt es ein Lavabo und die Toilette. Im Vergleich zu den Hotels in Ägypten ist es direkt komfortabel eingerichtet, vor allem ist es blitzsauber, was ihn etwas positiver stimmt.

      Der Wärter, welcher ihn einquartiert und mit der Hausordnung vertraut macht, erklärt nur das Nötigste und zieht sich nach kurzer Zeit zurück.

      «In einer halben Stunde gibt es Nachtessen», erklärt er Max bevor er die Türe hinter sich schliesst, «bis dahin würde ich noch die Hausordnung durchlesen, sie liegt in der obersten Schublade des Schreibtisches.»

      Nun ist Max allein und beginnt in der Zelle auf und ab zu gehen. Mit so etwas hat er in Ägypten gerechnet, aber dass ihm das in der Schweiz passieren würde, das überrascht ihn doch ziemlich. Er fühlt sich hundemüde und freute sich, auf eine ruhige Nacht, hoffentlich ist das Essen gut.

      «Was wird wohl Susi denken, wenn er nicht nach Hause kommt? Herr Friener hat ihm versichert, dass sie über seinen Verbleib informiert wird. Doch wie wird sie reagieren, wenn sie hört, dass er im Gefängnis gelandet ist? Sicher wird sie alle Hebel in Bewegung setzten, dass er wieder freikommt.»

      Optimistisch für den nächsten Tag schläft Max ein, er ist überzeugt, dass es die einzige Nacht im Gefängnis sein wird. Er hat eine neue Erfahrung gemacht, welche ihm als Journalist vielleicht zu gute kommen wird. Mit diesen Gedanken schläft er ein, ohne zu ahnen, dass er sich doch irrt.

      Als Susi am nächsten Morgen aufsteht, holt sie als erstes die Zeitung aus dem Briefkasten. Sie hat schlecht geschlafen, es ist eigenartig, wie sie sich bereits an Max gewöhnt hat. Sie will heute versuchen, einen Besuchstermin bei Max zu bekommen.

      Sie holt die Zeitung aus dem Briefkasten und erschrickt, da steht in grossen Buchstaben:

      «Ist der grausame Mörder von Anita endlich gefasst?»

      Mit kleineren Buchstaben geht es weiter: «Ist der Verhaftete M. M. der Mörder von Anita? Noch hat er kein Geständnis abgelegt, aber der Verdacht wird immer konkreter. Kein Alibi, er weiss über den Fall Anita Details, welche nur der Täter wissen kann, M. M. hielt sich sehr oft im besagten Gebiet auf, M. M. verfolgte öfters junge Mädchen, die zwölfjährige R. K. hatte riesiges Glück, sie war auf dem Weg mit M. M. in einen Wald, als die Polizei einschritt und M. M. verhaftete. Ist die Verhaftung zu früh erfolgt? Fehlen jetzt die Beweise gegen M. M.? Hätte die Polizei die Zwei nicht besser noch eine Weile beobachtet? Die Staatsanwaltschaft wird es sehr schwer haben, die Tat zu beweisen, im Fall Anita gibt es sehr wenig Spuren.»

      Anschliessend wird der ganze Fall Anita neu aufgerollt. Unter dem Motto, sie erinnern sich, können nochmals einige Spalten gefüllt werden.

      Susanne kocht vor Wut, jetzt hat doch Paul alles Material, welches sie zusammengetragen hat, gegen ihren Willen veröffentlicht. Schnaubend vor Wut rennt sie die Treppe hoch und greift zu Telefon. Paul ist in der Redaktion nicht anzutreffen, also versucht sie es zu Hause. Pauls Frau nimmt ab und erklärt ihr: «Mein Mann hat die ganze Nacht durchgearbeitet und braucht jetzt Schlaf.»

      Susanne ruft in der Zeitung an und verlangt den stellvertretenden Redaktor. Dieser erklärt ihr, dass Paul spät in der Nacht nochmals mit Staatsanwalt Friener gesprochen hat und dass die ziemlich sicher sind, den richtigen Täter verhaftet zu haben. Es steht schlecht um Max. Sie muss sich keine Sorgen machen, denn sie wird an dem Fall tüchtig mitverdienen. Sie ist am jetzigen Artikel finanziell beteiligt.

      «Am Besten ist, du machst dich gleich an die Arbeit, eine solche Chance bekommst du nicht so schnell wieder.»

      Mit einem gemischten Gefühl geht Susanne zur Einvernahme auf den Polizeiposten. Max ist für sie selber zu einem Rätsel geworden. Irgendwie ist sie eifersüchtig auf Rebekka. Dieses junge Ding nimmt sich einfach heraus, ihr Max wegzunehmen. Aber handelt es sich um ein Wegnehmen? Aber was wollte er sonst von ihr? Macht es ihn einfach unglaublich scharf, ein unverdorbenes Mädchen zu verführen? Gehört er zu den Männern, welche auf solche jungen Mädchen stehen? Denkbar wäre es schon, dass die Scheidung, der Alkohol und die Ereignisse in Afrika, zu einer psychischen Störung führten.

      Während der Befragung regt sie sich furchtbar darüber auf, was für intime Details, dieser Beamte alles wissen will. Mehrmals verweigert sie die Aussage unter dem Hinweis, dass ihr Sexualleben nicht zur Diskussion steht. Sie hat nicht die Absicht, einen Seelenstrip hinzulegen und ist auch nicht bereit, den Beamten über ihre Sexpraktiken Auskunft zu geben, damit sich der daran ergötzen kann. Der Beamte treibt sie aber trotzdem ziemlich in die Enge. Seine Drohungen, bezüglich der Illegalität ihrer Beziehung zueinander, sowohl steuertechnisch, wie auch nach den geltenden Arbeitsrechten, verunsichern Susanne sehr. Zum Glück bezieht Max keine Arbeitslosenunterstützung mehr, sonst wäre sie vermutlich noch wegen Beihilfe zum Betrug einvernommen worden. Aus der jetzigen Situation kann nicht mehr nachgewiesen werden, ab wann Max wesentlich zu ihrem Verdienst beisteuert hat.

      Nach drei Stunden hat Susanne das Verhör endlich hinter sich gebracht, mit einer Wut im Bauch verlässt sie den Polizeiposten. Es ist


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