Raus aus der Krise. Geri Schnell

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Raus aus der Krise - Geri Schnell


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nur weiss er nicht genau, wie die aussehen muss. Der Pfarrer jedenfalls scheint nicht der richtige Partner zu sein.

      Der Pfarrer gibt ihm den Rat, sich einen Rechtsanwalt zu suchen. So wie seine Lage zurzeit steht, muss Max einsehen, dass es wohl das Beste ist.

      «Können sie mir einen empfehlen», fragt er den Pfarrer, «bis jetzt habe ich nur bei der Scheidung einen gebraucht, aber den möchte ich nicht mehr sehen, das ist für mich abgeschlossen.»

      «Ich habe da eine Liste mit allen Rechtsanwälten der Region», erklärt der Pfarrer und nimmt einige Blätter mit Adressen aus der Aktentasche, «ich kenne die Leute auch nicht gut, in ihrer Lage wird es schwer werden, dass wir einen finden, der den Fall übernehmen will. Die sind an Fällen, bei denen es viel Arbeit gibt und nur schlechte Aussichten auf normale Bezahlung besteht, nicht besonders interessiert.»

      Max darf mit dem Pfarrer in ein Zimmer mit einem Telefon wechseln und dort rufen sie einige Rechtsanwälte an. Wie der Pfarrer bereits angekündigt hat, sind die meisten zu sehr beschäftigt und wollen vor ihrem Jahresabschluss nicht noch einen neuen Fall übernehmen. Schliesslich finden sie eine Frau Doktor M. Moser, welche sich bereit erklärt, den Fall zu übernehmen. Für heute reicht es allerdings nicht mehr zu einem Besuch. Sie würde versuchen, ihren neuen Mandanten morgen zu besuchen. Vor diesem Gespräch ist nicht sicher, dass sie den Fall übernimmt.

      Max muss sich also damit abfinden, dass er noch eine Nacht hier verbringen muss. Dieser Gedanke ist für ihn in seiner heutigen Verfassung fast unerträglich, ausserdem quält ihn, dass er nicht mit Susi sprechen darf. Er hätte ihr gerne alles erklärt, wie das mit der Beziehung zu Rebekka genau war, sicher hätte sie Verständnis für ihn gehabt. Den Pfarrer konnte er mit seiner Geschichte überzeugen, so hat er wenigstens den Eindruck gehabt, doch bei einem Pfarrer weiss man nie so genau, ob sie ihre Meinung äussern, oder er nur das erzählt, was sein Gegenüber hören will.

      Max hat auf jeden Fall einen sehr schlechten Nachmittag, wenn er noch gewusst hätte, was in der Zeitung stand, wäre es ihm noch schlechter gegangen. Den endgültigen Tiefschlag erhält er kurz vor dem Nachtessen. Ein uniformierter Polizist bringt ihm seine Koffer. Darin sind alle seine Effekten verstaut. Sie hat gar nichts vergessen. Alles ist im Koffer, sein Schachcomputer, sein Notebook, seine Pyjamas und seine gesamte Wäsche. Viel mehr besitzt er ja immer noch nicht. Durch die Tränen in seinen Augen kann er den kurzen, aber eindeutigen Brief fast nicht lesen, welcher den Koffern beigelegt ist. Darin teilt ihm Susi mit, dass sie von ihm grenzenlos enttäuscht sei, vor allem, dass er hinter jungen Mädchen herschleiche, was ja bewiesen sei, veranlasse sie, ihre Beziehung sofort zu lösen. Sie wünsche, dass er endgültig aus ihrem Leben verschwinde und sie nicht mehr belästige.

      Nun ist Max wieder allein. Mit Rebekka kann er sich in nächster Zukunft sicher nicht aussprechen und Susi hat ihn mit diesem Brief so grenzenlos enttäuscht, dass er selber sie gar nicht mehr sehen will. Es wird ihm bewusst, dass ihre Beziehung nicht die grosse Liebe war, sondern doch eher eine zweckmässige Verbindung. Das hiess jedoch und das ist für Max ein schwerer Schlag, er hat soeben, seinen Job, seine Wohnung und seine letzte Bezugsperson verloren. Das Essen rührt er nicht an und hat deshalb mit dem Wärter eine heftige Diskussion, weil das Geschirr noch schmutzig ist, als der es abholen will.

      «Ach, leck mich am Arsch», hat er geschrien und es hätte nicht viel gefehlt und er hätte ihm das Geschirr an den Kopf geworfen. Der Beamte hat zum Glück Erfahrung mit solchen Situationen und zieht sich sofort, ohne sich auf eine weitere Diskussion einzulassen, mit dem gefüllten Essgeschirr zurück. Max ist für die Nacht mit seinen Gedanken allein.

      «Soll er sich umbringen?», fragt er sich immer wieder, «es hat ja alles keinen Sinn mehr, alles läuft gegen ihn!»

      Die Verteidigerin

      Am nächsten Morgen wird Max um neun Uhr ins Besuchszimmer geführt. Dort wartet er gespannt auf seine Verteidigerin. Er muss nicht lange warten und die Türe öffnet sich. Eine kleinere, nicht als schlank zu bezeichnende Frau, mit schönen dunkelblonden Haaren betritt das Zimmer. In ihren dunklen Augen erkennt Max einen unsicheren, aber freundlichen Eindruck.

      «Ich bin Frau Marina Moser», stellt sie sich vor, «und Sie sind Herr Max Meier? Sehr erfreut.»

      Sie geben sich die Hand und sie setzt sich ihm gegenüber an den Tisch. Langsam richtet sie sich ein und meldet sich mit gezücktem Kugelschreiber bereit.

      «So, von mir aus kann's losgehen», beginnt sie das Gespräch, «noch kurz zu meiner Person, ich habe mein Studium vor einem Jahr abgeschlossen, meine eigene Kanzlei betreibe ich erst seit einem Monat. Nun erzählen sie mir, wie sie in die Sache rein geraten sind?»

      Max erzählt der Reihe nach, wie alles passierte, beginnend bei seiner Entlassung und der Scheidung, über seine abenteuerliche Flucht bis zur verhängnisvollen Suche nach Rebi, welche ihm schliesslich diese Probleme eingebrockt hat.

      «Ja, das ist eine schöne Geschichte, die sie mir da erzählen, für mich tönt es sogar glaubwürdig. Wenn ich es allerdings aus der Sicht des Staatsanwalts betrachte, könnte das natürlich ebenso eine sorgfältig vorbereitete Geschichte sein, in dieser Hinsicht verstehe ich den Staatsanwalt, dass er zuerst die Ermittlungen zu Ende führen will.»

      «Steht es so schlecht um mich?», fragt Max ängstlich, «das gibt's doch nicht, ich bin wirklich unschuldig. Man kann doch nicht einen unbescholtenen Bürger einfach einsperren.»

      «Doch man kann! Allerdings nicht unbeschränkt, wir müssen jetzt schnell versuchen, ihre Unschuld eindeutig zu beweisen. Nur weiss ich im Moment noch nicht, wo wir da anfangen sollen, das muss ich mir zuerst noch genau überlegen. Ihrer Freundin Susanne setzt die Sache mächtig zu. Sie schiesst mit scharfem Geschütz auf sie. Aber das wissen sie vermutlich noch gar nicht, sie durften bis jetzt noch keine Zeitungen lesen.»

      Mit einem Griff in die Aktentasche holt sie einige Zeitungen hervor. Die Schlagzeilen sind nicht zu übersehen. In der Ausgabe von gestern ist noch von M. M. die Rede, in der heutigen Ausgabe heisst er schon Max. M. ein geschiedener, arbeitsloser Computerfachmann aus Olten. Wenn das so weiter geht, steht morgen bereits der volle Name mit Bild in der Zeitung.

      «Dies müssen wir als erstes verhindern», erklärt Frau Moser kämpferisch, «ihnen Herr Meier, kann ich nur empfehlen, sich auf einen längeren Aufenthalt einzurichten, denn bei dieser Pressekampagne kann sich die Polizei nicht erlauben, sie laufen zu lassen, ohne dass sie von ihrer Unschuld hundertprozentig überzeugt ist. Ich brauche noch etwas Zeit, um mich mit dem Fall vertraut zu machen. Das Beste ist, wir sagen alle Termine beim Staatsanwalt ab, bis wir unser Konzept erstellt haben, es ist manchmal sehr wichtig, dass man nicht alle Karten gleich am Anfang auf den Tisch legt. Ab sofort gibt es keine Befragungen mehr, ohne dass ich anwesend bin.»

      «Wenn wir uns nicht zur Vernehmung stellen, dauert es doch noch länger, bis ich meine Unschuld beweisen kann.»

      «Da haben sie allerdings Recht, doch solange wir ihnen nicht beweisen können, dass sie es nicht waren, werden sie sicher nicht freigelassen. Wenn wir unsere Trümpfe zu früh auf den Tisch legen, stechen sie vielleicht nicht so gut, wie sie sollten. Sie können doch Schachspielen? Sie können auch auf Komfort verzichten? Eine Stelle haben sie, soweit ich informiert bin, auch keine mehr? Also, sie werden das schon packen, nur Mut. So, nun muss ich mich verabschieden, aber noch etwas muss ich ihnen sagen: Sobald ich nicht mehr von ihrer Unschuld überzeugt bin, werde ich mein Mandat niederlegen und das wäre für sie sehr schlecht. Ich kann sie als Frau nur verteidigen, wenn ich von ihrer Unschuld überzeugt bin. Wenn sie also schuldig sind, unterzeichnen sie diese Vollmacht besser nicht und suchen sich einen Mann als Verteidiger, der kann dafür sorgen, dass die Strafe etwas milder ausfällt. Also, Herr Meier, können sie meine Vollmacht mit ruhigem Gewissen unterzeichnen?»

      «Ja, das kann ich ohne Bedenken tun», erklärt Max und setzt die Unterschrift unter die Vollmacht, «ich habe volles Vertrauen zu Ihnen.»

      Damit ist die erste Sitzung mit seiner Verteidigerin beendet.

      Da alle Termine mit dem Staatsanwalt abgesagt sind, muss Max den ganzen Tag in seiner Zelle verbringen. Er ist sehr deprimiert,


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