Raus aus der Krise. Geri Schnell

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Raus aus der Krise - Geri Schnell


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Überraschung», stammelt sie voller Rührung, «komm, wir müssen verschwinden, bevor die Presse von deiner Freilassung erfährt. Ich will mit diesen Tränen nicht in einer Zeitung erscheinen.»

      Sie verstauen die Koffer im Kofferraum ihres Tesla.

      «Wenigstens in dieser Beziehung habe ich mich verbessert», denkt Max für sich, ist aber sehr skeptisch: «War es richtig, sich gleich wieder in eine aufgezwungene Zufallsbekanntschaft zu stürzen?»

      Auf jeden Fall hat er wieder ein Dach über dem Kopf und mit Marina versteht er sich wirklich gut. Er glaubt auch, dass er ihr nicht gleichgültig ist, das hat er beim Kuss gleich gespürt. Trotzdem, der Anfang in der Freiheit wird nicht einfach werden. Marina ist eine sehr selbstbewusste Frau. Er vermutet, dass sie vor lauter lernen, nur wenig Erfahrung mit Männern sammeln konnte. Einesteils ist das schön, anderseits kann es auch zu einigen Problemen führen. Max nimmt sich vor, die Sache sehr vorsichtig anzugehen. Er will sich Zeit lassen und nicht mit der Türe ins Haus fallen. Auch nimmt er sich vor, die Beziehung sofort zu lösen, wenn er feststellt, dass sie nur auf Mitleid aufgebaut ist.

      «Du hast es tatsächlich geschafft, ich danke dir!», stammelt Max, auch er muss gegen die aufkommende Rührung ankämpfen und bekommt ganz wässrige Augen. Dann steigen sie ein und fahren, ohne viel miteinander zu Reden, durch Olten. Max ist gespannt auf sein neues Zuhause. Er weiss nur, dass Marina in einer Eigentumswohnung in Trimbach wohnt, hat aber keine Ahnung wie gross sie ist. Aber das spielt eigentlich keine Rolle. Die Hauptsache ist, dass sich jemand um ihn kümmert.

      Später parkiert sie ihr Auto in der Einstellhalle, welche zu einer Terrassenhaussiedlung am sonnigen Hang gehört. Also, gegen die Wohnlage ist schon Mal gar nichts einzuwenden. Vielleicht ein bisschen abgelegen, aber schön und ruhig. Sie geht voraus und meint: «So, da wären wir, ich hoffe es gefällt dir. Etwas mehr Komfort als vorher kann ich dir schon bieten.»

      Als Erstes sucht sie eine passende Blumenvase und gibt den Rosen Wasser.

      «Die sind so schön, ich hoffe sie bleiben recht lange.»

      Max schaut sich inzwischen um. Die Wohnung ist modern eingerichtet. Das Prunkstück ist die Terrasse mit dem abgedeckten Teil, auf welchem man sich auch bei Regenwetter aufhalten kann, aber zwei Drittel der Terrasse liegen unter freiem Himmel, ohne dass irgend jemand von aussen Einsicht haben kann. Dem Rand entlang gibt es grosse Gefässe, in welchen Büsche, Blumen und kleine Bäumchen wachsen. Die eine Ecke bildet ein kleiner Grillplatz, welcher ebenfalls von Pflanzen umgeben ist.

      «Das ist ja ein richtiges Paradies», meint Max, als Marina mit der Vase zurückkommt, «ich weiss gar nicht, womit ich so etwas verdient habe.»

      «Na, wenn man schwer arbeitet, hat man auch das Recht schön zu wohnen. Natürlich haben mir meine Eltern etwas Vorschuss gegeben, aber ich bin sicher, dass ich ihnen alles zurückzahlen kann. Wann spielt eigentlich keine Rolle, die haben sowieso zu viel. Willst du etwas trinken?»

      «Ja gern, zum Aufwärmen könnte ich einen Tee vertragen, hast du Münzentee?»

      Nach einer kurzen Wohnungsbesichtigung machen sie es sich in einem Liegestuhl auf der Terrasse gemütlich. Max hat das Gefühl, dass es ihm noch nie so gut gegangen ist, wie gerade heute. So lässt sich gut leben. Auch Marina geniesst es, endlich einmal auszuspannen, denn seit sie den Fall Meier übernommen hatte, waren die Stunden der Musse selten geworden. Nach dem erfolgreichen Abschluss will sie auf alle Fälle ein paar Tage Ferien machen und das am liebsten zu Hause.

      «Wie wäre es, wenn wir uns ein bisschen gemütlicher anziehen würden», fragt Marina, als sie den Tee serviert, «auf der Terrasse ist es sehr heiss, ich ziehe mich auf jeden Fall um.»

      Schnell verschwindet sie in ihrem Schlafzimmer. Max eilt ins eben bezogene Gästezimmer und tauscht seine Jeans gegen die Turnhose ein. Er überlegt, ob er ohne T-Shirt auf die Terrasse gehen soll, doch dann entscheidet er sich, wenigstens das ärmellose Hemd anzuziehen. Als er zurück zum Liegestuhl kommt, liegt Marina bereits ausgestreckt auf ihrer Liege.

      «Das fühlt sich gut an», als sich Max neben sie auf den Liegestuhl legt und sie in den Arm nimmt.

      Für die zwei Verliebten werden es schöne Ferientage. Sie verlassen ihre Wohnung nur um einzukaufen. Am Morgen joggt Max kurze eine Runde. Sonst liegen sie engumschlungen auf der Terrasse und lassen sich bräunen.

      Allmählich erfährt Max, wie Marina gelebt hatte, bevor er bei ihr eingezogen ist. In ihrer Studentenzeit hatte sie einige Liebeleien, welche mehr oder weniger lange dauerten. Gegen Ende der Studienzeit hatte sie aber keine Zeit mehr für eine intensivere Beziehung und dabei blieb es, als sie ihre eigene Kanzlei eröffnete. Sie lebt nicht als Einsiedlerin. Sie hat drei Freundinnen, mit denen sie sich regelmässig trifft. Zwei sind nicht besonders glücklich verheiratet, die Dritte lebt ebenfalls allein.

      In unregelmässigen Abständen trifft sich das Kleeblatt zu einem Damenabend. Meistens in der Wohnung von Marina, um sicher zu sein, dass nicht plötzlich einer der Ehemänner auftaucht. An solchen Abenden wird so richtig getratscht, die Ehemänner werden kritisiert, eventuelle mögliche Freunde, werden Marina vorgeschlagen, um sie ihr gleich wieder auszureden.

      Max wird den drei Freundinnen bisher vorenthalten, Marina will ihn nicht den Hyänen zum Frass vorwerfen, er bleibt an diesen Abenden in seinem Zimmer.

      Marina kommt aus gutem Haus, ihr Vater führt die Niederlassung eines grossen Weltkonzerns in Zürich und ist dauernd überlastet. Ausser kurzen Telefongesprächen hat sie wenig Kontakt mit ihm. Sie ist ein Einzelkind, wenn sie finanzielle Hilfe braucht, muss sie nie lange betteln, da gibt es keine Probleme. Nur wenn sie ein Problem besprechen will, liegt sie bei ihren Eltern völlig falsch. Inzwischen hat sie sich daran gewöhnt, mit ihren Problemen selber fertig zu werden oder sie mit ihren Freundinnen zu besprechen. In der Regel hat sie eigentlich keine Probleme, es geht ihr gut und sie vermisst nichts.

      Max hat nie im Gästezimmer übernachtet, schon am ersten Abend schlief er in ihrem breiten Doppelbett. Die Freundschaft harmoniert von der ersten Minute an, jeder nimmt Rücksicht auf den andern. Die Hausarbeiten werden gemeinsam erledigt, wobei sich beide bemühen, dass sie sich auf ein Minimum beschränkt.

      Nach einer Woche voller nichts tun, muss sich Marina langsam Gedanken machen, dass sie doch einige Korrespondenz in ihrer Kanzlei erledigen muss. Auch in den Ferien kommen Briefe, die beantwortet werden müssen. Sie stellt ihre Lebensgewohnheiten um und erledigt am frühen Morgen, das heisst für sie, um zehn Uhr, ihre Korrespondenz. Am ersten Tag dauert es rund zwei Stunden, an den darauf folgenden Tagen, ist es nur noch eine Sache von einer halben Stunde. In dieser Zeit verstaut Max bereits das Frühstücksgeschirr in der Abwaschmaschine und räumt die Wohnung auf. Schon hat man wieder Zeit für einander und geniesst die ruhigen Stunden auf der Terrasse.

      Wenn Max so im Liegestuhl liegt, denkt er über seine Situation nach: Wie soll es aber weiter gehen, wenn Marina wieder arbeitet?

      Wenn es nach Marina ginge, würde er die Rolle des Hausmanns übernehmen und sie schafft das Geld heran. Das ist eigentlich nicht die Art von Job, die sich Max vorgestellt hat, aber immer noch besser, als im Freien zu übernachten und im Arbeitsamt zu stempeln. Sicher könnte er ihr auf dem Computer helfen, ihre Administration zu vereinfachen. Die Hausarbeit wird ihn nicht allzu sehr belasten. Einmal in der Woche putzt eine Putzfrau und die kulinarischen Ansprüche von Marina sind bescheiden, schon wegen ihrer Figur.

      Inzwischen hat Max auch seine Postadresse von, postlagernd Olten, zu Marina umgeleitet. Auch seine Schriften deponiert er in Trimbach. Mit der Angabe seines Arbeitgebers und seines Berufs hat er einige Schwierigkeiten.

      «So, sie machen Frau Moser den Haushalt», hat der Beamte gefragt, dann stellte er keine weiteren Fragen mehr zu diesem Thema. Man sah ihm aber an, dass er am liebsten Gigolo als Beruf eingetragen hätte. Auf jeden Fall hielt er ihn für einen Schmarotzer. Als Max aus der Gemeindekanzlei trat, hatte er endlich wieder das Gefühl, in geordneten Verhältnissen zu leben.

      Je länger die Ferien dauern, umso länger muss jetzt Marina am Morgen ihre Kanzleikorrespondenz erledigen, immer mehr Kunden kommen aus den Ferien zurück und brauchen den Rat ihrer Anwältin. Wegen der Corona-Krise sind


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