Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg. Gerstäcker Friedrich

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Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg - Gerstäcker Friedrich


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am besten umzugehen, und nachher lösen wir Dich ab." /7/

      „Eine verfluchte Idee," lachte der Angeredete vor sich hin, indem er ohne Weiteres seine Waffen neben dem Weg in den Busch legte und das Instrument aufgriff – „komische Wegeverbesserer, die wir jedenfalls sind, und ich weiß gerade nicht, ob uns die Regierung Ihrer Majestät besonders dankbar dafür sein wird."

      „Die Regierung Ihrer Majestät soll verdammt sein," brummte sein zuletzt gekommener Kamerad, „was die für uns gethan hat, lohn' ihr der Teufel, und wenn ich's einmal quitt machen könnte, sollt' es „mir zur Ehre gereichen", wie der alte Friedensrichter in Osborne immer sagte."

      „Ein wenig tiefer in den Weg hinein müssen wir doch gehen," sagte jetzt Bill, der junge Mann, der indessen auf das Gespräch nicht geachtet und nur den Beginn der Arbeit beobachtet hatte. „Die Pferde weichen sonst am Ende rechtzeitig aus, und wir haben den ganzen Spaß umsonst gehabt."

      „Der Weg ist so verdammt hart," brummte Jim, „die Spitze fährt ja kaum einen halben Zoll in den Boden."

      „Das wird besser, wenn wir nur ein klein wenig tiefer kommen," tröstete ihn Bill - „so - bis dahin, das wird's vollkommen thun. Das eine Rad muß hier die Rinne fassen."

      Jim arbeitete mit der Hacke ruhig weiter, während alle Uebrigen ebenfalls ihre Waffen abgelegt, ja sogar ihre Röcke ausgezogen hatten, und das losgehauene Erdreich, in Ermangelung von Schaufeln, mit ihren Händen beseitigten. Ueber die Absicht ihrer Arbeit konnte auch nicht länger ein Zweifel sein, denn Jim hieb ganz direct das eine Fahrgleis der von Bathurst nach Sidney führenden, vortrefflich angelegten, aber sehr schlecht unterhaltenen Chaussee auf, wodurch die jetzt von Golbourne kommende Postkutsche, so wie sie diese Stelle berührte, rettungslos umgeworfen werden mußte - hatte doch außerdem noch der Abhang hier Fall genug, um ein rasches Einhalten vollständig unmöglich zu machen.

      Endlich war die Arbeit beendet und das Loch für tief genug erachtet, um den Zweck vollkommen zu erreichen, die Nacht auch indessen vollständig eingebrochen. Nur eine Zeit lang herrschte noch jenes dämmernde Zwitterlicht, bis auch der letzte Schein im Westen verblichen war und die Sterne ihren matten /8/ Strahl durch die zerstreuten Wolken nieder auf die Erde sandten.

      Die vier Gesellen hatten jetzt weiter nichts zu thun, als eben ihre Zeit abzuwarten, und ein klein Stück vom Weg ab - von wo aus sie diesen jedoch vollständig übersehen konnten - lagerten sie im Busch unter einem der alten Gumbäume, und sprachen gemeinschaftlich einer großen Flasche Rum zu, die Bill mitgebracht hatte und den Kameraden freigebig überließ; genoß er doch selber sehr wenig von dem starken Getränk.

      Die Unterhaltung war dabei freilich nur sehr einsilbig, denn Alle horchten immer dann und wann in die Nacht hinaus, ob sie nicht das jetzt längst erwartete Fuhrwerk hören könnten. Es dauerte aber wohl noch eine volle Stunde, bis Jim plötzlich in die Höhe fuhr und mit leiser, vorsichtig gedämpfter Stimme sagte:

      „Sie kommen!"

      Niemand antwortete ihm - Alle lauschten schweigend wohl eine Minute lang - Jim hatte aber ganz Recht gehabt - ein dumpfes Knarren und Poltern ließ sich hören, das freilich bis jetzt noch sehr undeutlich zu ihnen herüberdrang. Jetzt konnten sie Stimmen unterscheiden. Einer der Nahenden pfiff ein Lied „the last rose of summer" - näher und näher kamen die Laute - jetzt plötzlich war Alles wiederum todtenstill.

      „Sie steigen ein," flüsterte Bill - „der Wagen hält."

      Jim nickte nur einfach mit dem Kopf, denn jetzt war nicht mehr viel Zeit zu verlieren. Bill hatte, wie sie nur die Gewißheit der ersten Annäherung bekamen, eine kleine Blendlaterne angezündet und unter seine Jacke versteckt, die vier unheimlichen Gestalten griffen dann ihre Waffen auf und nahmen die schon vorher verabredeten Posten ein, die sich ziemlich genau bestimmen ließen, denn sie wußten ja recht gut, an welcher Stelle der Wagen umschlagen mußte, so wie nur selbst das linke Vorderrad in die eingegrabene Falle gerieth.

      Jetzt rollte das Fuhrwerk wieder rasch herbei. Der Kutscher, der hier die schwierigste Passage überwunden wußte und jeden Fußbreit Weges genau kannte, hieb in die Pferde ein, um sie zu schärferem Trab anzutreiben, hatte er doch wenigstens dreiviertel Stunden seiner Zeit nachzuholen. Die /9/ Passagiere, die an der letzten steilen Bergkuppe abgestiegen waren und den Razorback zu Fuß überschritten hatten, brauchten noch einige Zeit, bis sie sich auf ihren Sitzen wieder zurechtrücken konnten, und jetzt erschien der dunkle Schatten des offenen Fuhrwerks auf der matt beleuchteten Straße - näher kam es - immer näher - schon erreichten die Pferde den Platz, auf dem Jim die aufgehauene Erde sorgfältig weggezogen und nach dem Busch hinüber geworfen hatte.

      „Woh! wohah!" schrie da der Kutscher plötzlich und suchte die Thiere nach rechts hinüber zu reißen. Sein scharfes Auge hatte selbst bei der nur ungewissen Beleuchtung entdeckt, daß dort im Wege nicht Alles in Richtigkeit wäre, wenn er auch nicht gleich erkennen konnte, ob der Schatten vor ihm ein Loch oder ein hineingeworfener Baumstamm sei - aber es war zu spät. Die Pferde, an diese rauhen Buschpfade gewöhnt, wo sie alle Augenblicke nach rechts oder links ausweichen müssen, gehorchten zwar im Moment, aber das Vorderrad hatte schon das verräterische Gleis erreicht, der schwere Wagen war überhaupt im Rollen, und fast gleichzeitig mit dem Ruf des erschreckten Kutschers sanken beide linke Räder tief bis über die Achsen in das gegrabene Loch, und die royal mail, wie der offene Postkarren etwas übertrieben getauft war, schlug unter dem Zetergeschrei der Passagiere nach der linken Seite über.

      Der Kutscher selber ward weit vom Bock hinweggeschleudert, traf wahrscheinlich mit dem Kopf an einen Stein und blieb besinnungslos liegen, und die Pferde, die sich in dem zur Seite gerissenen Geschirr verwickelten, stampften und schlugen und bäumten, bis sich die beiden vorderen Thiere losarbeiteten und dann in voller Flucht die Straße hinabtobten.

      Einer der Räuber wollte ihnen vorspringen und sie zurückscheuchen, aber es war nicht mehr möglich; die Thiere, durch das plötzliche Schreien und Toben der Passagiere selbst, wie durch den eigenen Unfall scheu gemacht, ließen sich nicht mehr halten, und wenige Secunden später verhallte der donnernde Schlag ihrer Hufe auf der Straße in weiter, weiter Ferne.

      Bill mit seinen Gefährten hatte aber jetzt auch keine Zeit, sich weiter um sie zu bekümmern, denn der Moment nahm ihre ganze Thätigkeit in Anspruch. Vortrefflich wurde der junge /10/ Mann, besonders von Jim und dem Trompeter unterstützt, die Beide nichts weniger als Neulinge in dem „Geschäft" schienen.

      Beide nämlich, ohne ihre Flinten von der Schulter zu nehmen, waren - Jeder mit einer gespannten Pistole in der Hand - unter die wild am Boden umhergestreuten Passagiere gesprungen, und ehe sich diese wieder aufraffen konnten, ja ehe sie sich nur so weit von dem nicht unbeträchtlichen Sturz gesammelt hatten, um recht zu begreifen, was eigentlich geschehen sei, sahen sie ein paar dunkle, drohende Gestalten und hörten Jim's tiefe, vollkommen leidenschaftslose Stimme, mit der er laut und deutlich sagte:

      „Bleibt ruhig liegen, meine Herzchen; dem Ersten, der Miene macht, aufzustehen, ja der nur den Kopf vom Boden hebt, schick' ich eine Ladung Rehposten durch den Schädel - weiter nichts - wer mich dann nicht verstanden hat, mag sich nachher beklagen."

      Nur ein dumpfes Stöhnen antwortete ihm, denn die Passagiere, wenn sie nicht selber schon einen ähnlichen Unfall erlebt, waren in Bathurst und unterwegs so mit Erzählungen von „bushrangern" und ähnlichen Ueberfallsgeschichten gefüttert, und dabei so unausgesetzt gewarnt worden, sich um Gottes willen in einem solchen Falle nicht zu widersetzen, daß sie, theils von dem Sturz, theils von der neuen Ueberraschung wie gelähmt - jedenfalls vollkommen machtlos - am Boden lagen, und auch nicht den geringsten Versuch zu einem Widerstand machten.

      Jim beobachtete sie ein paar Secunden schweigend, und dann zufrieden mit dem Kopf nickend, fuhr er fort:

      „So recht, meine Herzblättchen! - sind lauter brave Kinder, wie ich sehe - würde Euch aber auch nicht viel helfen, wenn Ihr unartig sein wolltet, denn wir sind hier unser sechzehn Mann, alle bis an die Zähne bewaffnet und gerade in der Laune, das mit Anstand auszuführen, was wir so allerliebst begonnen haben. - Also, Bill, fangt einmal an, daß wir mit den Herren zu Ende kommen, die Zeit möchte ihnen sonst da unten ein wenig lang werden."

      Bill, dem als dem Gewandtesten das Geschäft der


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