Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg. Gerstäcker Friedrich

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Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg - Gerstäcker Friedrich


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schwarzer Gaze mit Löchern für die Augen, was aber doch hinreichte, seine Züge zu verbergen. Er mußte auch schon genau wissen, wo sich das meiste Geld befand, denn nur noch kurz seinen Kameraden Aufmerksamkeit empfehlend, sprang er rasch zu dem umgestürzten Karren, öffnete mit ein paar Schlägen der schweren Spitzhacke das Schloß des Kastens, in dem die Briefbeutel waren, und hatte bald gefunden, was er suchte: ein nicht sehr großes, aber sehr schweres Paket in Leder eingeschnürt, das er mit den Briefbeuteln herausnahm und eine kleine Strecke in den Wald hineintrug. Dann kehrte er rasch zurück, und jetzt begann die Untersuchung der Passagiere selber, die herausgeben mußten, was sie an Geld oder Geldeswerth bei sich führten.

      Es geschah das in der gewöhnlichen Weise. Jeder wurde einzeln vorgenommen, mußte sich halb aufrichten und die Arme ausgestreckt von sich halten, und während der Trompeter mit gespanntem Gewehr, den Lauf höchst ungenirt gerade in das Gesicht des Bedrohten haltend, vor ihm stand, visitirte Bill die Taschen des Opfers und seinen Körper nach einem verborgenen Geldgurt oder versteckten Kleinodien, zog auch wohl in einzelnen Fällen dem unglücklichen Individuum die Stiefeln aus, um sich zu überzeugen, daß nichts Weiteres in diesen oder vielleicht in den Strümpfen versteckt war.

      Das Ganze ging aber verhältnißmäßig außerordentlich rasch vor sich, und nur ein junger Mann war noch übrig, der jetzt ebenfalls an die Reihe kam. Er war sehr anständig gekleidet und gab willig her, was er hatte: eine Uhr, ein gut gefülltes Taschenbuch und das Geld, welches er lose in der Westentasche trug. Bill hatte ihm aber in das Gesicht geleuchtet, befühlte ihn dann am ganzen Körper, und entdeckte auf seinem Rücken noch ein kleines, sorgfältig eingenähtes Paket, welches außerordentlich schlau versteckt schien.

      Ein tiefer Seufzer hob des Passagiers Brust, als er sein Geheimniß verrathen sah, aber er leistete nicht den geringsten Widerstand, der ja auch unter diesen Umständen vollkommen /12/ nutzlos gewesen wäre. Bill machte ebenfalls rasche Arbeit, indem er ein kleines scharfes Messer herausnahm und den Theil des Rocks, der den verborgenen Schatz hielt, einfach herausschnitt.

      Dabei hatte sich der Räuber aber etwas bücken müssen, und gerade wie er das erbeutete Paket in seiner eigenen Tasche barg, fiel ihm die Maske vom Gesicht. Unwillkürlich ließ in demselben Augenblick der junge Fremde den Strahl des Lichts voll auf die Züge des Räubers fallen, und mit erschreckter, aber nur halblauter Stimme rief er aus:

      „Bill! um Gottes willen, bist Du das?"

      Bill biß die Zähne fest zusammen, brachte aber seine heruntergefallene Maske wieder in Ordnung und sagte dann mit völlig ruhiger Stimme:

      „Es thut mir leid um Dich, daß Du mich erkannt hast, Kamerad." - Zugleich nahm er seine Pistole aus dem Gürtel, und in dem nächsten Moment dröhnte der Schuß durch den Wald, mit dem der unglückliche Passagier lautlos an der Stelle, an der er kniete, zusammenbrach.

      „Alle Teufel!" rief Jim überrascht aus, „das macht Lärm."

      „Wir sind fertig," sagte Bill, der die Laterne aufgriff und die abgeschossene Waffe wieder in seinen Gürtel zurückschob - „hier, Bob, trag das, ich bringe allein nicht Alles fort. Habt Ihr von Euren eigenen Sachen nichts zurückgelassen?"

      „Die Spitzhacke liegt noch am Wagen."

      „Die mögen sie zum Andenken mitnehmen," knurrte der Trompeter - „verdammt, wenn ich die alte Hacke auch nur noch einen Schritt weit schleppe."

      „Gut! also fort! Guten Abend, meine Herren. Sie können Ihre Reise jetzt ungestört fortsetzen" - und mit den Worten, ehe die Ueberfallenen auch nur noch recht wagten, den Kopf zu heben, waren die Räuber im Wald verschwunden, die geplünderte Reisegesellschaft sich selber überlassend. /13/

      2.

      Das Lager im Busch.

      Die armen Reisenden blieben in einer wenig beneidenswerthen Lage zurück, denn noch thaten den meisten die Glieder von dem rauhen Sturz weh, und geplündert, mit dem Ermordeten zwischen sich, ihr Wagen umgeworfen, die Pferde in dem zersprengten Geschirr verwickelt, der Kutscher, um den sich keiner der Räuber gekümmert hatte, noch immer bewußtlos auf dem Sand ausgestreckt, standen sie rathlos da und wußten im ersten Augenblick gar nicht, was sie zuerst beginnen sollten.

      „Sind sie fort?" frug da plötzlich eine noch immer vorsichtig gedämpfte Stimme, und als sie sich Alle rasch dorthin drehten, sahen sie zu ihrem Erstaunen, daß es der Kutscher selber war, der bis jetzt für gut befunden hatte, den Halbtodten zu spielen. Allerdings mochte er wohl ein wenig unsanft aufgefallen sein; sobald er aber wieder zu sich kam und die ganze Scene überschaute, wußte er recht gut, was hier vorging, und hielt sich demzufolge - das Gescheiteste, was er für seine eigene Person thun konnte - passiv. Die Kutscher selber wurden bei derlei Ueberfällen, nach einem stillschweigenden Uebereinkommen der Räuber, nie belästigt, so lange sie sich nicht, was aber ebenfalls nie geschah, zur Wehr setzten, und da ein solcher persönlich kein weiteres Interesse an der Sache hatte, kümmerte es ihn sehr wenig, was mit seinen Passagieren oder den ihm übergebenen Poststücken geschah; konnte er doch nie dafür verantwortlich gemacht werden.

      So wie er übrigens die Bestätigung erhielt, daß die Räuber oder Bushranger im Busch verschwunden seien, hob er sich langsam vom Boden und stand dann, sich verlegen am Kopf kratzend, neben seinem arg zugerichteten Geschirr, das er mit sehr betrübten Blicken betrachtete. Um den Erschossenen, um den sich die übrigen Reisenden jetzt sammelten, kümmerte er sich gar nicht. Das war ja nur ein Passagier.

      Der Unglückliche, ein junger, blühender Mann, der Sohn /14/ eines Stationshalters vielleicht - Niemand der Passagiere kannte ihn - lag regungslos in seinem Blut am Boden, und das matte, unsichere Licht des Mondes verrieth nur, daß die mörderische Kugel ihm in die Brust gegangen sei - aber er war noch nicht todt, sein Röcheln kündete noch Leben in dem mißhandelten Körper, und ein alter Herr mit weißen Haaren kniete jetzt neben ihm nieder, hob ihm den Kopf auf sein Knie und begann die Wunde zu untersuchen.

      Der Kutscher hatte sich indessen daran gemacht, die Pferde zu entwirren, was ihm endlich gelang, denn hier oben konnten sie doch nicht halten bleiben, und das Nothwendigste blieb jetzt, den umgestürzten Wagen wieder aufzurichten.

      Glücklicher Weise war an diesem kein Rad gebrochen, und der Kutscher - jetzt ganz sicher, daß ihn die Bushranger nicht mehr hören konnten - fluchte in einer Weise, wie man sie vielleicht nur in Australien zu hören bekommt, auf die heillosen Halunken, die seinem guten Geschirr in so ausgesucht heimtückischer Weise eine Grube gegraben und gewissermaßen das ganze Nest darin gefangen hatten - denn über die Art, wie sie hier überlistet worden, blieb natürlich kein Zweifel mehr - das tief ausgewühlte Gleis verrieth das deutlich genug.

      Die übrigen Passagiere - der Alte beschäftigte sich noch immer mit dem Verwundeten - leisteten jetzt die nöthige Hülfe, um den umgestürzten Karren wieder aufzurichten, übrigens kein leichtes Stück Arbeit - und nach einer guten Stunde hatten sie wenigstens die Genugthuung, ihr Fuhrwerk wieder so weit in Stand gesetzt zu sehen, um ihre Reise fortsetzen zu können. Von hier aus waren auch die zurückgebliebenen zwei Pferde im Stande, die königliche Post fortzubringen, denn der Weg ging fast ausschließlich bergab, und nur, was mit dem vom Schuß Getroffenen werden sollte, blieb noch die Frage.

      Der alte Herr verlangte allerdings, daß ihrer Vier den Unglücklichen, der jedenfalls noch lebte, bis zum nächsten Haus hinab tragen sollten, da ihm das Rütteln des Fuhrwerks vielleicht den Tod bringen konnte. Dagegen aber protestirten die Uebrigen, die geradezu erklärten: sie hätten heut Abend der Unbill genug gelitten, um jetzt auch noch mit den überdies /15( durch den Sturz schmerzenden Gliedern eine Leiche Stunden weit zu schleppen. Die Wunde in der Brust sei jedenfalls tödtlich, und das Einfachste, den armen Teufel hier unter einen Baum zu legen und dann vom nächsten Haus Leute abzuschicken, die ihn begraben oder sonst mit ihm machen konnten, was sie wollten. Was kümmerte sie überhaupt der fremde Mensch!

      Dem widersprach der alte Herr auf das Entschiedenste. Den Verwundeten hier ohne Hülfe zurück zu lassen, wäre kaum weniger ein Verbrechen gewesen, wie der Mord selber, und wenn sich auch ein paar der Rohesten noch dagegen sträubten, setzte er doch endlich die Mitnahme durch. So gut das eben die Umstände erlaubten, wurde dem Unglücklichen ein bequemer Platz hergerichtet; der alte Herr


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