Retourkutsche. Kendran Brooks

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Retourkutsche - Kendran Brooks


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Brillanten besetzt, wie Jules nur zu gut wusste. Ihre fünfundzwanzig Karat an Diamanten fabrizierten selbst im Licht der Tischlampen ein glitzerndes Feuerwerk.

      Sieht für eine Herrenuhr doch reichlich schwul aus, lautete das Urteil von Jules über den teuren Chronographen, sie passt wohl eher an das Handgelenk von Elton John, statt an das eines ernsthaften Bankers.

      Wermelinger hatte seine scharfe Entgegnung zurückgehalten, räusperte sich bloß laut und vernehmlich, fuhr dann mit einer etwas heiser klingenden Stimme fort. Sie allein verriet, unter welch innerer Anspannung der Vorsitzende des Vereins der privaten Banken stand.

      »Lassen wir diesen Teilaspekt vorerst beiseite, Herr Lederer. Die Klärung von Schuldfragen ist nicht unser Anliegen heute. Ich will stattdessen kurz die bekannten Tatsachen aus unserer Sicht zusammenfassen.«

      Noch einmal pausierte Wermelinger, schien sich neu zu sammeln.

      »Die amerikanischen Behörden haben unter Beteiligung der amerikanischen Regierung und mit Hilfe des US-Parlaments versucht, das Schweizer Bankkundengeheimnis zu demontieren. Dabei bedienten sie sich auch unlauteren, ja kriminellen Mitteln. Nur dank diesen konnten sie einen solch massiven Druck auf die Bank und auf unsere Landesregierung aufbauen, so dass wir letztlich den USA große Zugeständnisse beim Bankkundengeheimnis einräumen mussten. Die hier Versammelten sind eine private Interessengruppe. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den USA für den ungesetzlichen Angriff auf unseren Finanzplatz einen gehörigen Denkzettel zu verpassen. Das ist der Grund für die Einladung an Sie.«

      »Und wie stellen Sie sich diesen Denkzettel vor?«

      Jules Stimme klang weiterhin ruhig, doch der Spott war gänzlich daraus verschwunden, hatte einem kühlen, geschäftlich-sachlichen Tonfall Platz gemacht, was Wermelinger mit Zufriedenheit registrierte.

      »Die hier Versammelten vermuten, dass viele Behörden der USA mit Terroristen, Rebellenorganisationen und Gottesfanatikern zusammenarbeiten. Wir glauben auch, dass der NSA, die CIA und selbst das FBI und das Heimatschutzministerium enge Verbindungen zu Verbrechersyndikaten unterhalten und diese im Kampf um die Macht auf der Erde rücksichtslos einsetzen.«

      »Und wie gelangten Sie zu diesen Annahmen?«

      Die Frage von Jules war eher rhetorisch und nicht etwa als Widerwort gedacht.

      »Nicht nur die USA überwachen die weltweiten Finanzströme. Auch den Banken in der Schweiz fällt eine gewichtige Rolle zu. Gewisse Transaktionen haben einzig den Zweck der Terrorfinanzierung oder der Unterstützung von politischen oder militärischen Umstürzen. Natürlich fehlen uns dafür die letzten, unwiderlegbaren Beweise, um die Verwicklungen der amerikanischen Regierung und ihren Behörden stichhaltig nachzuweisen. Wir besitzen auch kein vollständiges Bild über die Größenordnungen der Transaktionen...«

      »...und beides soll ich Ihnen beschaffen?«

      Die Frage von Jules klang wie eine Feststellung.

      Wermelinger nickte.

      »Verstehen Sie, Herr Lederer. Die hier Versammelten möchten in den Besitz unleugbarer und unwiderlegbarer Beweise für die kriminellen und verfassungswidrigen Machenschaften der US-Regierung, ihrer Behörden und Geheimdienste und nicht zuletzt auch von einzelnen Parlamentariern in Senat und Repräsentantenhaus gelangen. Damit meinen wir im besonderen Maße all die Männer und Frauen, die sich in der Vergangenheit mit ganz besonderer Härte gegen die Interessen der Schweiz gewandt haben.«

      »Sie meinen, gegen das Schweizer Bankkundengeheimnis und den Finanzplatz, nehme ich an? Wir sollten doch präzise bleiben.«

      Der Spott hatte sich in Jules Stimme zurückgemeldet.

      »Von mir aus auch das«, winkte Wermelinger ungeduldig ab.

      »Wie groß, glauben Sie, sind Ihre Erfolgsaussichten?«, meinte nun Jules lächelnd, »immerhin geht es gegen eine Weltmacht, die mehr als ein Dutzend verschiedener Geheimdienste unterhält und sich das größte Militärbudget aller Nationen leistet.«

      Wermelinger schluckte hörbar, so als wenn ihm die Tragweite der Aufgabe erst in diesem Moment wirklich bewusst geworden wäre. Doch seine Stimme zeigte ausgesprochene Härte als er weitersprach.

      »Vor vierzig Jahren haben wir die USA bereits einmal in die Knie gezwungen. Diesen Sieg werden wir heute auf einem anderen Gebiet wiederholen. Wir werden dieser verlogenen Nation voller Schaufenster-Moralisten einen gehörigen Schlag versetzen, der sie vor der versammelten Weltöffentlichkeit und für eine sehr lange Zeit bloßstellt und sie so in ihre Schranken weist.«

      »Spielen Sie mit dem Sieg vor vierzig Jahren auf den Goldstandard des US-Dollars an und wie er unter der Führung der Gnomen aus Zürich in den 1970er Jahren gebrochen wurde, Herr Wermelinger, worauf der US-Dollar bis zum heutigen Tag immer weiter an Wert verlor?«

      »Es waren zum Teil die Väter und Großväter der heute hier Versammelten, die damals die notwendige Weitsicht und die Beharrlichkeit besaßen, um diesen wirtschaftlich so dringenden Wechsel zu erzwingen und damit die damals schon größte Militärmacht auf Erden erstmals zu besiegen.«

      Jules Lederer schüttelte ablehnend seinen Kopf.

      »Der Großvater gründet das Unternehmen, der Vater baut es weiter aus und der Sohn führt es in den Bankrott«, meinte er dann salopp und wenig respektvoll, was mit weiteren, unwirschen Grunzern und ärgerlichem Gemurmel aus der Dunkelheit quittiert wurde.

      Auch der Blick von Wermelinger zeigte nun offenen Zorn.

      »Sie sind wohl doch der falsche Mann für diese Aufgabe«, warf er Lederer den Fehdehandschuh hin. Der Vorsitzende des Vereins der privaten Banken war der andauernden Provokation von Jules Lederer leid, »wir werden uns jemand Anderen suchen müssen.«

      Doch Jules begann nun entwaffnend jugendlich zu lächeln und entgegnete Wermelinger sanft: »Ich bin schon der Richtige. Doch ich bin kein Depp, meine Herren. Immerhin verlangen Sie von mir, ich soll gegen eine Nation vorgehen, die im Inland genauso wie im Ausland einige zehntausend Agenten beschäftigt, weltweit Spionage betreibt, Krieg verdeckt oder offen führt und, wie Sie selbst zugeben, mit Terroristen und Verbrechersyndikaten eng zusammenarbeitet. Wie groß, glauben Sie, sind da meine Chancen? Ich meine nicht die Chancen auf Erfolg bei der Datenbeschaffung, sondern die Aussichten zu überleben?«

      Bevor Wermelinger auf diese Frage eingehen konnte, meldete sich dieselbe Stimme, die sich schon zuvor einmal eingeschaltet hatte und die Jules wohlbekannt war, wieder aus der Dunkelheit zu Wort.

      »Lass mich bitte antworten, Franz. Ja, Herr Lederer, um genau diese Fragen zu klären, sitzen wir hier zusammen. Wir benötigen Ihren Rat und Ihre Einschätzung, ob eine solche Sache überhaupt machbar ist, wie man dabei vorzugehen hat und wer sie letztendlich für uns durchziehen kann, falls Sie selbst kein Interesse daran haben sollten. Wir sind durchaus nicht naiv, Herr Lederer, ganz bestimmt nicht. Doch wir wollen den USA unter allen Umständen die Maske der verlogenen Moral vom Gesicht reißen. Dafür sind wir bereit, einen entsprechend hohen Betrag auszulegen.«

      Jules blickte in Richtung der Stimme, die er vor zwei Jahren auf mehreren Tonbandaufnahmen abgehört hatte. Es war die Stimme des damaligen CEO der Großbank, die durch Selbstverschulden in die Fänge der US-Justiz geriet. Jules wusste, dass dieser Mann und seine Familie damals von der CIA erpresst wurden, so dass er seine Bank durch fehlgeleitete Spekulationen beinahe in den Ruin trieb. Erst die massiven finanziellen Probleme der Bank hatten es den Behörden der USA letztendlich ermöglicht, mit der Drohung einer Strafanzeige wegen Steuervergehen nachhaltigen Druck auf die Schweizer Regierung auszuüben und so die Zugeständnisse beim Bankkundengeheimnis abzupressen. Jules konnte die Wut des Mannes auf die USA und ihre Behörden darum gut verstehen.

      »Mit genügend Geld ist in der heutigen Zeit fast alles machbar«, beantwortete Jules die eine Frage des Bankiers, »aber welche Summe möchten Sie zur Finanzierung des Auftrages anlegen? Ich muss den Betrag kennen, um die Chancen für einen Erfolg richtig einschätzen zu können.«

      Nicht Wermelinger antwortete ihm diesmal, sondern der Mann mit der strahlenden Rolex am Armgelenk, die er weiterhin wie eine Trophäe auf der


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