Der Plethora-Effekt. Jon Pan

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Der Plethora-Effekt - Jon Pan


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folgten ihm. Sie traten an einer Stelle durch das Weiß hindurch, die ich vorhin als Wand zu sehen geglaubt hatte.

      Ich ging ihnen nach. Tatsächlich gab es in der weißen Wand eine nicht sehr breite, jedoch ziemlich hohe Öffnung. Ich achtete noch immer darauf, nicht mit dem leuchtenden Stein in Kontakt zu kommen. Ich machte einige Schritte, blieb unmittelbar vor der Öffnung stehen, um einen genügend großen Abstand zu den drei Männern zu halten. Sie befanden sich in einem Raum nebenan, der genauso weiß war wie derjenige, in dem ich mich noch aufhielt. Ich schlich mich durch die Öffnung. Keiner der Männer beachtete mich. Einer sprach wieder. Ich beobachtete sie voller Aufregung. Mir fielen ihre Haare auf, die sehr kurz geschnitten waren, schwarze Stoppeln, die weit in den Nacken hineinwuchsen und an dessen Spitzen diese mehlige Substanz haftete.

      Warum machte ich mich nicht bemerkbar? Sie wussten doch, dass ich hier war. Also mussten sie mich zur Kenntnis nehmen. Ihr Spiel der Ignoranz verfehlte zwar nicht seine Wirkung. Doch war ich überhaupt bereit, sie herauszufordern? Und in mir brannte die Frage nach dem Sinn meiner Gefangennahme. Ich hatte ein Recht, zu erfahren, warum sie mich festhielten.

      Meine angstgebundene Vernunft blockierte selbst ein schwaches Räuspern, das ich von mir geben wollte, und ich verhielt mich weiterhin still. Ab und zu blickte einer der Männer in meine Richtung, doch es schien mir, als starre er mehr durch die Öffnung, vor der ich stand. Sie regten sich in ihrer seltsamen Sprache auf, so hörte es sich für mich jedenfalls an. Hatten sie ein Problem? Ein Problem mit mir? Wussten sie nicht, ob sich mich gleich töten sollten? Oder zuerst foltern? Was dachte ich da! Gut, sie hatten mich gewaltsam festgenommen. Seit ich mich aber hier in diesen weißen Räumen befand, griff mich niemand mehr an. Irgendwie hatte ich sogar das Gefühl, dass wenn ich einen Ausgang fände, sie mich ohne Widerstand gehen lassen würden. Doch ich fand keinen Ausgang, oder besser, mir fehlte der Mut, mich auf die Suche danach zu machen.

      Noch immer konnte ich nur drei Männer sehen. Wo aber waren die anderen? Soweit ich mich erinnerte, hatten uns auf dem Feld draußen einige mehr direkt oder indirekt bedroht. Gab es noch weitere solche Räume. Ich vermutete es. Vielleicht gab es sogar ein ganzes System von Räumen. Unterirdische Räume? Möglich, denn ich war bisher noch keinem Fenster begegnet.

      Die Männer verließen auch diesen Raum durch eine von Licht überblendete Öffnung. Ich eilte ihnen nach, denn sie bewegten sich sehr schnell voran. Wir passierten zwei weitere weiße Räume. Ich hatte mich also nicht getäuscht. Nirgends trafen wir auf andere Männer. Das Vibrieren dröhnte ununterbrochen fort, doch ich begann mich daran zu gewöhnen. Da ich barfuß war, kam ich praktisch geräuschlos voran. Worauf ich bisher allerdings nicht geachtet hatte, war der Boden. Er bestand nämlich aus demselben weißen Material wie die Wände, und meine Füße berührten ihn direkt. Ich empfand aber nichts Besonderes. Die Temperatur schien mir normal.

      Seltsamerweise sah ich diesen kreideartigen Staub nur auf den Gewändern und den Haarspitzen der drei Männer. Versickerte er bei mir in der Haut? Es war der falsche Moment, mir darüber Gedanken zu machen. Vielmehr lag mir daran, die Männer im Auge zu behalten. Wenn sie auf dem Weg nach draußen waren, so bot sich mir damit garantiert eine Chance zur Flucht.

      Im vierten Raum stießen auf andere Männer. Ich blieb stehen, wich ein wenig zurück, als könnte ich mich dadurch besser verbergen. Diese anderen Männer saßen auf rötlichen Würfeln, die einen Halbkreis bildeten. Auch sie trugen diese schwarzen Gewänder und schauten ähnlich aus wie die drei, denen ich bis hierher gefolgt war. Ich blieb stehen. Für einen Moment verlor ich sogar die ständig in mir bohrende Angst. Gab es das denn wirklich? Oder hatte ich mich in eine moderne Theateraufführung verirrt? Schon nahm die Angst in mir wieder ihren Platz ein. Der Raum mit den rötlichen Würfeln war ebenfalls von diesem leuchtenden Weiß erfüllt. Doch vor dem Halbkreis, wo die Männer, alle mit leicht vorgebeugten Oberkörpern, saßen, entdeckte ich auf dem Boden ein dunkles Quadrat. Das Vibrieren war hier um einiges schwächer. Doch was taten die Männer? Sie schauten in dieses dunkle, in dieses schwarze Quadrat hinein.

      Mich überkam der Drang, näher zu treten. Doch dazu hätte ich an den drei Männern, die neben dem Durchgang standen, vorbeigehen müssen. Sie beachteten mich nach wie vor nicht. Vielleicht gehörte es zu ihrem Plan, mich nicht zu beachten. Einer der sitzenden Männer – fünf waren es insgesamt – hob den Kopf. Seine Augen waren nur zwei schmale Striche in dem bronzefarbenen Gesicht. Er gab ebenfalls diese seltsame Sprache von sich, wandte sich damit an die drei Männer. Dabei hätte er mich bemerken müssen. Aber er tat es nicht. Ich bewegte mich nicht von der Stelle. Vollkommen steif verhielt ich mich. Meine Hände waren eiskalt, im Gegensatz zu meinen nackten Füssen, die sich auf dem Boden angenehm warm anfühlten.

      Bewegten wir uns, samt den Räumen? Daher dieses Geräusch. Warum trat ich nicht näher und schaute mir an, was die Männer da genau machten? Ich hatte nichts zu verlieren. Ganz vorsichtig versuchte ich es. Der Mann, der vorhin gesprochen hatte, hatte seinen Kopf wieder gesenkt und starrte in das schwarze Quadrat hinein. Nun war ich auf der Höhe der drei Männer angelangt. Jetzt mussten sie auf mich reagieren. Der eine drehte sich tatsächlich um. Kam er auf mich zu? Nein. Seine schmalen Augen würdigten mich keines Blickes. Auch die anderen beachteten mich nicht. Die drei Männer gingen knapp an mir vorbei und verließen den Raum. Warum dieses Spiel? Wollten sie mich damit verwirren?

      Das schwarze Quadrat zog mich magisch an. Da die auf den Würfeln sitzenden Männer sehr beschäftigt wirkten, wagte ich es, mich ihnen und vor allem dem schwarzen Quadrat noch mehr zu nähern. Dann erstarrte ich.

      Dieses schwarze Quadrat war ein Fenster, aber kein normales Fenster. Ich erkannte, ohne eine Sekunde zu zweifeln und fast schon wie in einem Schock, um es was es sich tatsächlich handeln musste! Es war ein Fenster zum Weltall! Die Unfassbarkeit dieser Feststellung war so ungeheuerlich, dass mir die Tränen in die Augen schössen. Ein starkes Gefühl von Verlassenheit und absoluter Einsamkeit schaffte eine schier unerträgliche Leere in mir. Von Abenteuer keine Spur. Mein Blick wurde von diesem Schwarz herab gerissen, ich drohte mit meiner ganzen Person vornüber zu kippen und abzustürzen.

      Ein Fenster zum Weltall! Warum war ich mir so sicher, dass ich da nicht einfach in die Nacht hinausblickte? Und die seltsamen Männer auf ihren Würfeln? Steuerten sie ein Raumschiff? Verrückt war das! Ich hätte beinah laut lachen müssen. Dabei liefen mir die Tränen herunter. Allein im Weltall! Hatte ich davon nicht schon in unruhigen Nächten geräumt? Und nun hatte jemand den Strang durchgetrennt. Ich fiel von der Erde weg.

      Nachdem die ersten inneren Erschütterungen ein wenig abgeklungen waren, fragte ich mich, ob ich in einer solchen Lage überhaupt überleben konnte, wobei ich schon wieder von der Unfassbarkeit meiner Situation eingeholt wurde.

      Meine schlimmsten Visionen, die ich in meinem bisherigen Leben gehabt hatte, waren nichts dagegen. Jetzt saß ich mittendrin. Ich musste wieder weinen. Ob ich dabei Geräusche machte, wusste ich nicht. Vielleicht sprach ich auch mit mir selbst. Was interessierten mich die Männer auf ihren Würfeln! Sie würden nie Mitleid mit mir haben. Wer waren sie denn überhaupt? Außerirdische? Oder Menschen mit einer geheimen Mission, von der niemand auf der Erde etwas wissen durfte? Ich dachte das alles nicht wirklich. Ich schwamm in einer Flut von Ängsten, stieß gegen die Klippen des Schreckens. Mein Ich torkelte in einer kleinen Nussschale hin und her, immer hart an der Grenze umzukippen und unterzutauchen, hinab in dieses Schwarz, das da vor diesem Fenster lauerte.

      Ich fiel auf die Knie. Wenn es eine Gerechtigkeit gab, so musste sie mich in diesem Augenblick erlösen. Die Hoffnung war umsonst. Es gab nur das Gesetz des Überlebens, meines Überlebens. Hatte ich denn nicht eben begriffen, dass ich mich in einem Raumschiff befand? Auf was wartete ich also noch? Warum erhob ich mich nicht? Die Stärke musste wiedergefunden werden. Ansonsten war ich hoffnungslos verloren. Unterwegs im Weltraum. Es holte mich erneut ein. Mein Geist war nicht dazu gemacht, dies so schnell zu verarbeiten. Es war zu viel. Ich stürzte seitlich zu Boden und verlor ein zweites Mal das Bewusstsein.

      Als ich wieder zu mir kam, lag ich dicht vor dem schwarzen Quadrat. Ich hob meinen Kopf, der sich schwer anfühlte, hoch und schaute mich um. Die fünf Männer saßen noch immer auf ihren Würfeln, doch nun sprachen sie miteinander. Ich stand auf, wobei mich sofort ein starkes Schwindelgefühl befiel. Meine Hand suchte seitlich Halt an der weißen Wand. Wie ich es schon die ganze Zeit an


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