Revenge. Fritz Dominik Buri
Читать онлайн книгу.es nicht viele Fahrgäste, was ganz anders zur Rush Hour aussah, da waren die Linienbusse immer gerammelt voll mit Pendlern die in die Stadt zur Arbeit fuhren und am Abend wieder zurück, vertieft in ihre Smartphones.
Wie eine Herde Schafe die man am Abend wieder raus liess damit sie am anderen Morgen wiederkamen, erinnerte ihn dies jedes Mal.
Seit er seinen Wagen abgegeben hatte, resp. in der Garage stand, weil er die Versicherung nicht mehr bezahlen konnte und er so die Schilder abgeben musste, hatte er angefangen, ebenfalls auf die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen.
Was blieb ihm auch anderes übrig.
Ruckartig setzte sich der Bus in Bewegung, Herb lächelte, wenn Fahrgäste im Bus gewesen wären die nicht so viel Glück hatten in der Rush Hour um einen Sitzplatz zu ergattern, wären bei diesem brüsken Anfahrmanöver bestimmt umgefallen oder hätten sich in letzter Sekunde hilfesuchend nach einem rettenden Griff umgesehen.
Einige hätten wohl gelästert und andere geschmunzelt und der Busfahrer hätte mit einem verstohlenen Lächeln in den Spiegel geschaut, auch Busfahrer wollten ihren Spass haben dachte Herb und grinste in sich hinein.
Nach mehreren Haltestellen kam der Bus planmässig an, herb stieg aus und wünschte dem Fahrer einen schönen Tag, dieser nickte und wünschte ihm ebenfalls einen schönen Tag, dann betrat Herb den Bürgersteig und unter das Vordach der Haltestelle, klemmte seine schwarze Mappe unter seine linke Schulter um sich eine Zigarette anzuzünden.
Es war ein sonniger aber kalter Oktobertag, Herb schlug den Kragen seiner Jacke hoch um sich besser gegen den Wind zu schützen und lief dann in abgehackten Schritten und der Zigarette im Mundwinkel zu dem mehrstöckigen Gebäude, wo ihn sein Berater bestimmt schon bald erwarten würde.
Vor der Treppe zum Eingang, einer doppeltürigen Glastür, stand ein Aschenbecher, ohne sie auszudrücken warf er die brennende Zigarette in den Aschenbecher, früher oder später würde sie erlöschen.
Hier im Innern war es merklich angenehmer als draussen dem kalten Wind ausgesetzt zu sein, sein Schritt entspannte sich und seine Schultern sackten herunter, ohne Hetze stieg er die Treppen hinauf bis in den fünften Stock hoch.
Im dritten Gang stand eine Frau vor dem Fahrstuhl mit einem Bündel Unterlagen unter dem Arm, sie hatte gerade die Tür des Fahrstuhles aufgemacht, als sie Herb bemerkte wie er die Treppe hochkam «wohin müssen Sie» fragte sie Herb.
«In den obersten Stock» gab Herb zur Antwort, «da will ich auch hin, stiegen Sie ein.»
«Danke ich laufe lieber» antwortete Herb und lächelte.
Die Frau sah ihn einen Moment lang an, schien zu überlegen «in Ordnung» sagte sie schliesslich und betrat den Lift.
Wenn er rennen würde, dann wäre er bestimmt noch vor der Frau im fünften Stock überlegte Herb, für einen Moment lang war er versucht, zu rennen und beschloss dann, es doch sein zu lassen, denn es gab keinen Grund zu rennen.
Im fünften Stock angelangt, trat Herb vor einen Schalter, der mit Rauchglas besetzt war, dessen Scheibe man zur Seite schieben konnte, dahinter brannten eine Reihe von Neonröhren.
Ein kleines Schild mit der Aufschrift «Bitte klingeln» neben einer eingefassten Klingel forderte den Besucher auf, zu klingeln.
Herb betätigte die Klingel, hinter der Rauchglasscheibe waren Stimmen und Schritte zu hören, dann wurde die Scheibe zur Seite gezogen und die Frau die Herb zuvor angeboten hatte Lift zu fahren, schaute ihn an.
Sie lächelte «sind wir wieder gleichweit.»
«Ja sind wir» Herb lächelte zurück, es war ein ehrliches Lächeln der dicklichen Frau mit einem Pickel auf der Nase «ich habe mit Herrn Saxer einen Termin!»
«Ah gut, einen kleinen Moment, ich rufe ihn gerade, nehmen Sie doch da drüben Platz» und dabei zeigte sie auf die drei Stühle die auf der gegenüberliegen Seite aufgestellt waren.
«Danke», die Frau lächelte wieder und schob das Rauchglasfenster wieder zu, Herb wollte sich nicht hinsetzen und blieb stehen.
«Hallo Herr Himmler» begrüsste ihn Herr Saxer «wie geht es Ihnen» wollte sein Berater von Herb wissen?
Wie soll es mir schon gehen dachte Herb, immer diese abgedroschenen Phrasen, den meisten Menschen würde gar nicht bewusst sein, wie oft und ohne Überlegung sie dies zu anderen Menschen sagten.
Würde es etwas ändern, wenn er zur Antwort beschissen sagen würde, würde er dies überhaupt registrieren, eher nein dachte Herb und gab stattdessen zur Antwort «Danke gut, und selbst?»
«Auch gut danke» nachdem sie sich zur Begrüssung die Hände gegeben hatten, ging Herr Saxer den Gang entlang wo links und rechts kleine Einzelbüros der Berater waren, einige Türen standen offen und der Berater im entsprechenden Büro schaute kurz von seinem Bildschirm auf.
Die Türen die verschlossen waren wurden wohl gerade Beratungsgespräche geführt dachte Herb und lief weiter hinter Herr Saxer her, bis sie sein Büro, das zweithinterste auf der rechten Seite erreicht hatten.
Da Herb nicht das erste Mal hier war, wusste er wo Menschen wie er, Arbeitslose Platz nahmen, legte seine schwarze Mappe auf den runden Tisch und zog seine Jacke aus, das Zimmer war gut beheizt und wenn er die Jacke anbehalten würde, würde er schon bald anfangen zu schwitzen.
Lieber schwitzen als frieren durchfuhr es Herb, wenn bei ihm demnächst auch der Strom abgestellt werden würde, dann würde er frieren!
Doch daran wollte er nicht denken, nicht jetzt in diesem Moment.
«Sie waren ja vor sechs Wochen das letzte Mal hier» begann Herr Saxer der sich inzwischen ebenfalls ihm gegenübergesetzt hatte, Herb nickte «hat sich in der Zwischenzeit etwas getan?»
«Nein» Herb schüttelte den Kopf «Sie kennen ja immer die alte Leier, wir danken Ihnen für Ihr Interesse an unserem Unternehmen, doch… dann kam das grosse DOCH leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass bla bla».
«Ja leider» Herr Saxer seufzte hörbar und schaute, für Herbs Empfinden, einen Moment ziemlich bescheuert aus der Wäsche, fing sich dann gleich wieder auf «ja die Lage ist zurzeit angespannt.»
Diese Erkenntnis war für Menschen wie Herb ein schwacher Trost, wie würden sich Eltern fühlen, wenn ihnen der Arzt, der zuvor ihr Kind untersucht hatte, mitteilte, dass ihr Kind an einer unheilbaren Krankheit leidet und es auf dem Markt ein neues Präparat gab, dessen Erfolgsaussichten jedoch noch zu wenig erforscht und bekannt waren!
Hiess das nicht so viel wie, tja es tut mir leid, aber…, dumm gelaufen, ihre Bemühungen in Ehren!
Also wäre es doch besser, einfach die Schnauze zu halten, würde sein Vater in solchen Situationen immer sagen, da hatte er recht.
Sein Vater hatte ihm einige gute Ratschläge mit auf den Weg gegeben, einige trafen nicht mehr ganz den Zeitgeist doch wieder andere hatten zu jeder Zeit ihre Gültigkeit.
Doch gegen die Schieflage in der er sich nun befand, würde sein Vater wohl auch ratlos gegenüberstehen hatte sich Herb gefragt, oder wäre ihm eine zündende Idee gekommen?
Herb bezweifelte es.
«Doch Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben Herr Himmler» fuhr sein Berater fort und versuchte dabei, ihm einen positiven Eindruck rüberbringen zu wollen, gleich würde er ihm wohl auf die Schulter klopfen und sagen, hey alter Junge, das bringen wir schon auf die Reihe, keine Bange (doch er tat es nicht) «gerade letzte Woche hat ein Kollege von mir einen Kandidaten gehabt er mit 56 Jahren eine neue Anstellung gefunden hat.»
«Schön für ihn» entwich es Herb und fügte schnell hinzu «das mag ich dem Mann gönnen.» was der Wahrheit entsprach, auch diese gut gemeinte Floskel kannte Herb zur Genüge, Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben, ha ha ein guter Witz.
Jeder hat gut reden der nicht in dieser Situation ist, da ist es immer einfach ein paar schlaue Sprüche abzugeben, Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben?
Und