Der Oelprinz. Karl May

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Der Oelprinz - Karl May


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euch an, uns im Schlafe in dieser Weise zu behandeln? Wir haben euch gastlich aufgenommen, euch nicht beleidigt, nicht das mindeste gethan und dafür seid – — —«

      »Nicht das mindeste gethan?« unterbrach ihn Sam. »Glaube wohl, daß euch das ungeheuer ärgert – übrigens wozu die vielen Worte: wir wissen und kennen eure Absichten, denen wir zum Opfer fallen sollten, und zum Danke dafür gedenken wir euch dem Richter auszuliefern.«

      Da lachte Buttler höhnisch auf und fragte:

      »Und der wird euch ohne Beweise glauben?«

      »Ihr habt euch in eurem Rausche verschnappt.«

      »Und selbst wenn es so wäre, wird kein Richter auf das Wort eines Schwertrunkenen hören. Eure Beweise stehen auf schwachen Füßen, Sir. Mag der Richter erscheinen; wir werden ihm ruhig entgegensehen. Was haben wir euch gethan? Euch nicht ein einziges Haar gekrümmt!«

      »Weil wir so klug waren, euch zuvorzukommen. Sehen aber freilich ein, daß eine Anzeige nichts taugt. Könnten zwar beschwören, was wir von euch gehört haben, würden aber so viel Zeit mit euch und dem Richter verlieren, daß wir lieber davon absehen.«

      »Das ist der beste Gedanke, den ihr zum Vorteile für euch haben könnt. Nun hoffe ich aber auch, daß ihr die Fesseln von uns nehmt!«

      »Nicht so stürmisch, Sir! Haben vorher noch ein Wort mit euch zu reden.«

      »So macht schnell! Was wollt ihr noch?«

      »Bezahlung für den Ochsen, den ihr erstochen habt.«

      »Was geht euch der Ochse an!«

      »Sehr viel. Haben uns nämlich diesen deutschen Emigranten angeschlossen. Wollen nämlich auch hinauf in die Berge, um Bären und Biber in Fallen zu fangen, grad so wie wir. Sind also ihre Gefährten geworden, und haben also die Pflicht, dafür zu sorgen, daß sie ihren Verlust ersetzt erhalten.«

      »Das geht euch dennoch nichts an!« zürnte Buttler. »Wir geben nichts!«

      »Schadet nichts; denn was ihr nicht gebt, das nehmen wir uns.«

      »So, wollt ihr uns bestehlen?«

      »Nein, sondern nur dafür sorgen, daß wir euch für ehrliche Bezahler halten dürfen. Wie hoch wird wohl der Wert des Ochsen sein, Master Buttler?«

      »Das ist uns gleich. Wir haben kein Geld mehr. Ihr wißt ja, daß ihr uns infolge der Wetten alles abgenommen habt.«

      »Habt euch aber wenig darüber geärgert, weil ihr es uns wieder rauben wolltet. Rechnen wir hundertfünfzig Dollar. Nicht?«

      »Meinetwegen hunderttausend. Wir können nicht bezahlen.«

      »Mit Geld freilich nicht; ist auch nicht nötig; werdet ja nicht ganz und gar leere Taschen haben.«

      »Zounds! Wollt ihr uns etwa die Taschen ausräumen!«

      »Warum nicht?«

      »Sir, das wäre Raub!«

      »Schadet nichts. Freut uns, euch einmal in das Handwerk pfuschen zu können.«

      »Wir sind keine Räuber, und wenn ihr euch an den Dingen vergreift, welche wir bei uns haben, werden wir euch anzeigen!«

      »Würde uns sehr lieb sein. Möchten gern wissen, was der Richter sagt, wenn er euch zu sehen bekommt. Also vorwärts, Dick und Will! Wollen einmal ihre Taschen untersuchen.«

      Die beiden Genannten machten sich mit dem größten Vergnügen an das Werk; die Finders sträubten sich dagegen, soviel sie konnten, doch ohne Erfolg; ihre Taschen wurden alle geleert. Es fanden sich viele Gegenstände, besonders einige wertvolle Uhren vor, von denen man getrost behaupten konnte, daß sie gestohlen oder geraubt worden waren. Sam nahm die Uhren, zeigte sie Schmidt und fragte diesen:

      »Die Burschen besitzen kein bares Geld. Würden Sie diese Uhren an Zahlungsstatt nehmen?«

      »Wenn sie keine Münze haben, ja,« antwortete der Gefragte; »nur fragt es sich, ob ich nicht dadurch einbüße. Ich müßte die Uhren verkaufen, und kein Händler zahlt dafür den wirklichen Wert.«

      »Haben Sie keine Sorge. Sie büßen keinen Pfennig ein. Diese Uhren haben gewiß den vierfachen Wert Ihres Ochsen; darauf können Sie sich verlassen.«

      »Aber mein Gewissen, Herr!«

      »Wieso?«

      »Wird es mir erlauben, diese Gegenstände anzunehmen?«

      »Warum nicht?«

      »Wenn sie nun gestohlen sind!«

      »Das sind sie wahrscheinlich.«

      »So gehören sie dem Bestohlenen, aber nicht mir.«

      »Das ist richtig; aber diese Leute würden die Uhren niemals wieder bekommen. Wahrscheinlich sind sie ermordet worden und selbst wenn dies nicht wäre, dürfen Sie ohne Skrupel zugreifen. Es herrschen hier ganz andre Verhältnisse als drüben in der deutschen Heimat.«

      »Aber man hat doch, wenn die rechtmäßigen Eigentümer nicht mehr leben oder nicht ausfindig gemacht werden können, die Pflicht, solche Gegenstände der Behörde zu übergeben!«

      »Wen meinen Sie hier unter der Bezeichnung Behörde? Kein hiesiger Beamter würde sich die Mühe geben, nach dem Eigentümer zu forschen, sondern die Uhren einfach für sich behalten und Sie heimlich auslachen. Stecken Sie dieselben also getrost ein und falls Sie damit ein Unrecht zu begehen glauben, werde ich die Verantwortung auf mein Gewissen nehmen.«

      »Wenn das so ist, so würde es geradezu Dummheit von mir sein, wenn ich mich ferner weigern wollte.«

      Er schob die Uhren also in die Tasche. Als Buttler dies sah, rief er aus:

      »Was soll das heißen? Ich glaube, dieser Mensch will sich an unserm Eigentum vergreifen. Das soll —«

      »Schweig, Schurke!« schnitt ihm Sam in donnerndem Tone die Rede ab. »Er hat sie als Bezahlung für den getöteten Ochsen betrachtet und ihr könnt froh sein, wenn dies die ganze Strafe ist, welche ihr für das, was ihr gethan habt und noch thun wolltet, erleidet. Heute seid ihr einmal an die richtigen Leute gekommen, an drei Schneider, welche es verstehen, solchen Halunken, wie ihr seid, die Röcke anzumessen. Wenn euch wieder einmal solche Kleiderhändler begegnen sollten, so seht euch ja vor, ehe ihr wieder daran denkt, mit ihnen wetten zu wollen! Uebrigens sind wir ganz und gar nicht gewillt, uns in Beziehung auf diese Uhren der Rechenschaft zu entziehen. Wir fahren von hier nach Tucson und werden morgen abend an dem dahinter liegenden Knotenpunkte unser Lager aufschlagen. Ihr könnt uns folgen und uns mit Polizei aufsuchen, welcher wir sehr gern Rede stehen wollen.«

      »Ja, ja, das werden wir thun, ganz gewiß werden wir das thun! Wir kommen in euer Lager und holen uns wieder, was ihr uns gestohlen habt. Und nun nehmt uns die Fesseln ab! Das können wir verlangen, da ihr jetzt wohl endlich mit uns fertig seid.«

      »Daß wir Narren wären. Geben wir euch frei, so würdet ihr uns schon heut im Lager aufsuchen anstatt morgen. Ihr bleibt also so liegen, wie ihr seid. Wenn es Tag geworden ist, wird wohl jemand kommen, der euch frei macht.«

      »So nehmt den Lohn dafür später in der Hölle!«

      »Danke, Sir! Und damit ihr nicht etwa einen von uns unberechneten Schaden anrichten könnt, werden wir euch jetzt eure Munition nehmen. Ihr könnt sie euch morgen mit den Uhren wieder holen. Es wird euch bis dahin alles ehrlich aufgehoben werden.«

      Hawkens, Stone und Parker entluden die Gewehre und nahmen alle vorhandenen Patronen oder Kugeln und das Pulver an sich, worüber die Finders in außerordentlichen Zorn gerieten.

      Frau Ebersbach war während der ganzen Scene stille Zuschauerin gewesen. Sie verstand nicht, was gesprochen wurde, konnte sich aber dennoch alles leicht erklären. Und noch einen andern stummen Zuschauer gab es – Mary, das Maultier Sams, welches seinem Herrn auch jetzt wieder gefolgt war, mit dem Vorderleibe im Hause stand und alle Bewegungen seines Herrn mit großer Aufmerksamkeit verfolgte.

      Als man mit den Finders zu Ende war, wurde die Schänke verlassen und die Thür von außen zugemacht und mit einem schweren Steine angedrückt; dann marschierten die fünf Personen nach dem Lager.


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