Der Oelprinz. Karl May

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Der Oelprinz - Karl May


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sind!«

      »Es gibt aber keine Grizzlyfallen und wird auch keine geben!«

      »So lassen wir uns in Prescott von einem Schmiede welche machen.«

      »Wie denn? In welcher Konstruktion?«

      »Das werden wir ihm schon sagen.«

      »Ihr drei Schneider? Halt auf, Kleiner, Dicker, halt auf, sonst ersticke ich!«

      Er lachte wieder aus vollem Halse und konnte erst nach einer Weile fortfahren —

      »Und selbst wenn das mit den Grizzlybären möglich wäre, so müßte man sich doch schon darüber halb totlachen, daß ihr, um Biber zu fangen, hinauf nach Prescott wollt.«

      »Nach Prescott eigentlich nicht; dort wollen wir die Fallen kaufen; dann reiten wir nach dem Gila und dem San Franziskoflusse.«

      An welchem es zwei Zoll hoch Wasser gibt; wo sollen da die Biber herkommen!«

      »Das laßt nur unsre Sorge sein, Sir! Hab ein Buch gelesen, in welchem alles steht, auch das von den Bibern.«

      »Schön, schön, vortrefflich! Wenn ihr so klug seid, euch nach einem Buche zu richten, so läßt sich nichts weiter sagen. Ich wünsche euch so viel Biber und Bären, wie ihr wollt. Aber ihr werdet auch noch andres finden.«

      »Was?«

      »Wilde Indianer, welche euch Tag und Nacht umschleichen, um euch zu überfallen.«

      »Da wehren wir uns.«

      »Mit euern Waffen etwa?«

      »Yes.«

      »Zum Beispiel hier mit Eurer Flinte?«

      »Yes.«

      »Alle Wetter, werdet ihr da ungeheure Heldenthaten verrichten. Zeigt doch einmal das Schießholz her! Das müssen wir uns unbedingt besehen.«

      Er nahm Sam Hawkens das Gewehr aus der Hand und ging mit demselben zu seinen Genossen hinüber, welche es unter den kräftigsten Bemerkungen betrachteten. Auch Dick Stone mußte seine lange Rifle zeigen, welche den-

      selben ironischen Beifall fand; dann sagte Buttler, indem er die Gewehre zurückgab:

      »Ich habe euch ein großes Unrecht gethan, Mesch’schurs, und muß euch deshalb um Verzeihung bitten.«

      »Welches Unrecht?« fragte Sam.

      »Ich hätte euch fast mit andern Leuten verwechselt.«

      »Mit wem?«

      »Mit dem Kleeblatte.«

      »Kleeblatt? Wer ist das?«

      »Das sind drei berühmte Jäger, welche stets beisammen sind und darum das Kleeblatt genannt werden, Sam Hawkens, Dick Stone und Will Parker.«

      »Kennt Ihr die?«

      »Nein, eben nicht, sonst wäre ich doch nicht in die Gefahr geraten, euch beinahe mit ihnen zu verwechseln.«

      »Aber Ihr müßt doch wenigstens wissen, wie sie aussehen!«

      »Das weiß ich auch. Sam Hawkens ist so klein und dick wie Ihr, und die beiden andern sollen so lang und dürr wie Eure Gefährten sein; das stimmt. Dazu kommt, daß Sam einen ledernen Jagdrock zu tragen pflegt, an welchem Fleck an Fleck so aufgenäht ist, daß kein Indianerpfeil mehr hindurchzudringen vermag. Ihr habt auch einen solchen Rock. Das ist nur Zufall, führte mich aber doch für einige Minuten irre. Jetzt freilich weiß ich, woran ich bin. Das Kleeblatt hat nicht mit alten Kleidern Pleite gemacht, ist jedenfalls ganz anders und weit besser beritten als ihr und würde nie solche Schießprügel auch nur berühren, wie die eurigen sind. Da man aber nie vorsichtig genug sein kann und besonders Sam Hawkens ein großer Pfiffikus sein soll, so will ich doch noch sicherer gehen, als ich bis jetzt gegangen bin. Ich habe gehört, daß Will Parker einmal skalpiert worden sein soll und infolgedessen eine Perücke trägt. Mr. Berry und Mr. White mögen mir also einmal ihre Köpfe zeigen!«

      Buttler fühlte sich also noch nicht ganz beruhigt. Glücklicherweise war er falsch berichtet worden; nicht Will Parker, sondern Sam Hawkens hatte das entsetzliche Unglück gehabt, skalpiert zu werden. Stone und Parker entblößten bereitwillig ihre Häupter; Buttler griff in ihre Haare, überzeugte sich, daß es keine falschen waren, und sagte:

      »All right, ihr seid drei Schneider, und ich will nun nur um euertwillen hoffen, daß ihr mit euern Gewehren jetzt ebenso umzugehen versteht wie früher mit euern Nähnadeln.«

      »Keine Sorge!« meinte Sam sehr zuversichtlich. »Was wir treffen wollen, das treffen wir.«

      »Wirklich?«

      »Wirklich!«

      »Wettschießen, wettschießen!« flüsterten diejenigen, welche Buttler am nächsten saßen, diesem zu.

      Im Westen, wo fast jeder Mann ein guter Schütze ist, läßt nie jemand die Gelegenheit zu einem Wettschießen vorübergehen. Die Schützen messen sich gern miteinander; der Ruhm des Siegers spricht sich weit herum, und es werden oft dabei bedeutende Summen auf das Spiel gesetzt. Hier nun gab es nicht nur Gelegenheit zu einem Wett, – sondern sogar zu einem spaßhaften Schießen; die drei Schneider hatten wohl nicht gelernt, mit Gewehren umzugehen, und da die ihrigen nichts taugten, so gab es jedenfalls etwas zu lachen, wenn man sie dazu brachte, ihre vermeintliche Kunst zu zeigen. Darum sagte Buttler, um Sam anzustacheln, in zweifelndem Tone:

      »Ja, mit der Nähnadel den Aermel eines Rockes treffen, das kann sogar ein Blinder; aber schießen, Schießen, das ist doch etwas ganz andres. Habt Ihr denn schon einmal geschossen, Mr. Grinell?«

      »Yes,« antwortete der Kleine.

      »Wonach?«

      »Nach Sperlingen.«

      »Mit diesem Gewehre?«

      »Nein, mit dem Blasrohre.«

      »Mit dem Blasrohre!« lachte Buttler laut auf. »Und da denkt Ihr, daß Ihr auch mit dem Gewehre ein guter Schütze

      seid?«

      »Warum nicht? Zielen ist doch zielen!«

      »So? Wie weit könnt Ihr denn treffen?«

      »Doch jedenfalls so weit, wie die Kugel läuft.«

      »Sagen wir zweihundert Schritte?«

      »Well.«

      »Ungefähr so weit entfernt steht die zweite Hütte da drüben. Glaubt Ihr, sie zu treffen?«

      »Die Hütte?« meinte Sam in beleidigtem Tone. »Die trifft ein Blinder, grad wie mit der Nadel den Rockärmel.«

      »So wollt Ihr wohl sagen, daß das Ziel kleiner sein soll?«

      »Yes.«

      »Wie groß ungefähr?«

      »Wie meine Hand.«

      »Und das glaubt Ihr zu treffen, mit diesem Euerm Schießzeuge hier?«

      »Yes.«

      »Unsinn! Dieser Lauf muß ja gleich beim ersten Schuß zerplatzen, und wenn er das nicht thut, so ist er so krumm gezogen, daß Eure Kugeln um jede Hausecke biegen, nie aber gerade fliegen werden.«

      »Versucht es doch einmal!«

      »Wollen wir wetten? Ihr habt ja Geld dazu.«

      »Nicht nur Geld, sondern auch Lust.«

      »Wieviel setzt Ihr?«

      »Soviel wie Ihr.«

      »Also einen Dollar?«

      »Einverstanden.«

      »So gilt also die Wette. Aber wir wollen nicht nach jener Hütte schießen, weil der Besitzer es wohl nicht dulden würde, sondern ich —«

      »Schießt nach der meinigen!« unterbrach ihn der Wirt. »Ich klebe an die hintere Front ein Papier, so groß wie meine Hand; dies ist das Ziel.«

      Dieser Vorschlag wurde angenommen. Man begab sich nach der hintern Seite; das Papier wurde angeklebt, und dann zählte Buttler zweihundert Schritte ab. Er setzte einen Dollar, und Sam gab den seinigen. Darauf loste man, wer


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