Die Juweleninsel. Karl May

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Die Juweleninsel - Karl May


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hin und her patroulliren.

      »Siehst Du jetzt, Magda, daß sie doch gekommen sind und ich sie gefangen habe!«

      »Ja, Du hast noch niemals Angst oder Furcht gehabt und wirst einst ein großer Held werden.«

      »Und Du meine Frau, meine Heldin!«

      »Natürlich. Und weil eine Frau ihrem Mann Alles belohnen muß, so darf ich Dir jetzt für Deine Tapferkeit einen Kuß geben. Nicht wahr?«

      »Ja. Komm schnell!«

      Viertes Kapitel: Der Schatz der Begum

      Es war vor langen langen Jahren, und zwar im Wunderlande von Indien. Ein von vierzehn Kulis gerudertes Boot fuhr den Ganges hinauf, dessen Wasser bei den Indiern so heilig gilt, daß sie es weithin versenden und sogar den Glauben hegen, daß Derjenige, welcher in den Fluthen des berühmten Stromes den Tod sucht oder sich von den darin befindlichen Krokodilen auffressen läßt, sofort von Brahma in den herrlichsten seiner Himmel aufgenommen wird.

      Das Boot war mit zwei Mattensegeln und einem Zelte versehen, unter welchem ein Mann lag, der hier Schutz vor den glühenden Strahlen der Sonne suchte. Er hatte seine lange hagere Gestalt auf einem rothseidenen Divan ausgestreckt und sog den Duft eines köstlichen Tabakes aus einer persischen Hukah[2], welche mit prächtigen Edelsteinen ausgelegt war. In der Linken hielt er die neueste aus London nach Indien gekommene Nummer der Times, welche bereits seit einer vollen Stunde seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen hatte.

      Jetzt legte er sie von sich.

      »Raadi!«

      »Sihdi!« ertönte eine sanfte Stimme von außen.

      Der Musquitovorhang, welcher den Eingang des Zeltes verhüllte, wurde bei Seite geschoben, und der Kopf eines indischen Dieners erschien.

      »Was befiehlst Du?«

      »Frage den Steuermann, wie lange es noch dauert, bis wir nach Augh kommen!«

      Der Kopf verschwand und kehrte nach wenigen Augenblicken wieder.

      »In einer Stunde werden wir die Stadt des Rajah erreichen.«

      »Dann wecke mich!«

      Er schob sich ein Kissen unter den Kopf und plazirte den letzteren so, daß seine dünnen Bartkoteletten unmöglich in Unordnung gerathen konnten. Noch waren nicht zwei Minuten vergangen, so schlief er fest, wie die schnarchenden Töne bezeugten, welche er hören ließ.

      Genau zu der angegebenen Zeit erschien der Diener wieder.

      »Sihdi!«

      Ein leises Klatschen seiner hellbraunen Hände begleitete diesen halblauten Ruf. Der Engländer erwachte.

      »Die Stadt ist da.Willst Du Dich erheben, Sahib?«

      »Yes!«

      Der Diener kam vollends in das Zelt und war seinem Herrn behilflich, sich von dem Divan zu erheben.

      »Befiehlst Du Deine Waffen?«

      »Yes!«

      Raadi brachte einen krummen Säbel, einen malayischen Kais und zwei kostbar ausgelegte Pistolen herbei, band dem Gebieter einen persischen Shawl um die Hüften und befestigte die Waffen an und in demselben. Nun trat der Engländer aus dem Zelte.

      Der heilige Strom erglänzte im Lichte der strahlenden Sonne wie feuerflüssiges Silber. Zahlreiche Boote durchkreuzten seine Fluthen und dazwischen bewegten sich die schwimmenden Fischer, nach indischer Sitte auf zwei mit einander verbundenen irdenen Töpfen liegend, während sie mit den Händen das Netz regieren. Am Landeplatze hielt ein Zug von englischen und eingeborenen Offizieren, vor welchen ein Sipoy ein köstlich aufgeschirrtes Pferd hielt, welches für einen Fürsten bestimmt zu sein schien.

      Der Engländer verließ, während zwei Kulis einen breiten Sonnenschirm über ihn hielten, das Boot. Kaum berührte sein Fuß den festen Boden, so ertönten von der Stadt her Flintensalven und Kanonenschüsse, und sämmtliche anwesende Indier beugten sich demüthig zur Erde. Auch die englischen Offiziere begrüßten ihn in einer Weise, welche vermuthen ließ, daß er sie an Rang bedeutend überrage.

      Dieser Mann war General Lord Haftley, der gegenwärtige Bevollmächtigte der englisch-ostindischen Regierung. Er kam nach Augh, um mit dem Fürsten dieses Landes zu verhandeln, und hatte seine Equipage nebst den Offizieren, welche ihn jetzt empfingen, voraus gesandt, um ihm seine Wohnung zu bereiten. Ein reich bewaffneter Indier trat auf ihn zu.

      »Sahib, mein Herr, der Rajah Madpur Sing, dem Alles gehört, was dieses Land bedeckt, hat mir befohlen, Dich willkommen zu heißen.«

      »Yes!«

      Er begrüßte mit einer leichten Handbewegung die ihn erwartenden Offiziere und ließ sich von den Kulis auf das Pferd heben. Der Indier hielt sich an seine Seite. Die Augenbrauen des Lords hatten sich zusammengezogen. Er schien nicht sehr guter Laune zu sein.

      »Rittmeister Mericourt!«

      Auf diesen Ruf drängte einer der ihm folgenden Offiziere sein Pferd an die rechte Seite des Generals, da der Indier auf der Linken ritt.

      »General!«

      »Sie sind ein Franzose!«

      »Zu dienen.«

      »Die Franzosen sind das höflichste Volk der Erde.«

      »Wie man sagt.«

      »Sie wissen also, was höflich ist?«

      »Ich denke es zu wissen.«

      »Ist dieser Empfang von Seiten des Rajah höflich?«

      »Es scheint mir nicht so!«

      »Yes!«

      »Er schickt seinen Hausmeister und eine handvoll Soldaten, um den Vertreter und Gesandten des allmächtigen Albion zu empfangen. Das ist Alles.«

      »Yes!«

      »Wo bleibt das Aufsehen, der großartige Pomp, den diese Rajahs bei andern Gelegenheiten entwickeln? Wo bleibt die Schaar der Reitelephanten, der Leoparden- und Tigerkäfige und tausend andere Dinge, mit denen die indischen Fürsten zu prahlen pflegen? Der Empfang entspricht nicht der Würde dessen, der empfangen wird.«

      »Yes!«

      »Man muß diesen Leuten zeigen wer wir sind. Man möchte sich wundern, daß man die Güte gehabt hat, uns in dem Palaste des Radjah einzuquartiren.«

      »Yes!«

      Der Indier hatte bisher seinen Blick kaum von dem Kopfe seines Pferdes erhoben. Er verstand jedenfalls kein Wort von ihrer Unterhaltung, wie die Beiden annahmen.

      »Sie werden, Excellenz, während den Verhandlungen dieselbe Höflichkeit zeigen müssen, die man Ihnen jetzt entgegenbringt.«

      »Yes!«

      Und streng auf die Erfüllung unserer Forderungen dringen, General.«

      »Yes!«

      Das hinterste Paar des kleinen Zuges bildeten zwei Lieutenants. Der Eine war auf alle Fälle ein Engländer; der Andere schien von südlicherer Abstammung zu sein. Er mochte ungefähr zweiundzwanzig Jahre zählen und zeigte neben der Gestalt eines Adonis das offene, Vertrauen erweckende Gesicht eines Kindes.

      »Der Alte macht ein sehr schlechtes Gesicht,« meinte der Erstere.

      »Der einfache Empfang wird ihm nicht gefallen, und dieser Mericourt, von dem er sich so auffällig bevormunden und beeinflussen läßt, thut das Seine, um Oel in die Flamme zu gießen.«

      »Du liebst den Rittmeister nicht, obgleich Ihr Landsleute seid.«

      »Pah! Er ist ein Pariser, und ich bin ein Korse; wir gehen einander nichts an.«

      »Noch mehr, Ihr haßt einander.«

      »Meinetwegen!«

      »Der Rittmeister kann Dir schaden.«

      »Pah! Er ist ein Feigling, der seinen Rang nur seiner Schlauheit, nicht aber seiner Tapferkeit verdankt. Er war früher vielleicht Gamin, Flaneur oder Kommis voyageur und ist nach Indien gegangen,


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<p>2</p>

Wasserpfeife.