Die Juweleninsel. Karl May

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Die Juweleninsel - Karl May


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verwickeln, welche uns das Recht gaben, ihn festzuhalten; wir konnten – soll ich wirklich Alles herzählen, was wir konnten? Ich bin überzeugt, daß ich gegen den Lieutenant vollständig gerecht gehandelt habe. Nicht wahr, Herr General?«

      »Yes!«

      »Aber was nun thun? Er wird den Rajah bearbeiten und ihn bestimmen, unsere Vorschläge zurückzuweisen!«

      Jetzt bequemte sich der General endlich zu einer längeren Rede.

      »Das ist es ja, was wir wünschen!«

      »Ah! Ist es möglich?«

      »Ich kenne meine Instruktionen. Das Königreich Augh wird unser.«

      »Alle Teufel, also darum die heimlichen Rüstungen; darum diese hastige Konzentration des verfügbaren Militärs an die Gangesstationen, und darum diese Anhäufung von Transportmaterial am untern Flusse?«

      »Yes!«

      »Sie sollen verhandeln, um nachweisen zu können, daß nur der Rajah es ist, der den Krieg heraufbeschworen hat, aber Sie sollen so verhandeln, daß man ein Resultat erzielt, welches zum Kriege ermächtigt.«

      »Yes!«

      »Höchst interessant! Dieser Lieutenant Maletti dient also zur Förderung unserer Interessen, anstatt dieselben zu schädigen. Ich werde ihn noch ein wenig beleidigen, aber nicht in dienstlicher Weise, sondern auf meine Privatrechnung hin. Geben Sie mir die Erlaubniß dazu, Herr General?«

      »Yes!«

      »So bin ich im Stande, Ihnen die glückliche Lösung unserer Aufgabe zu garantiren.«

      Vor Freude darüber ließ sich der wortkarge General zu einer weiteren rednerischen Anstrengung hinreißen:

      »Haben Sie das im Auge, daß unsere Abreise gleich einer Kriegserklärung gilt. Der Maharajah ist auf Feindseligkeiten keineswegs vorbereitet, er kann uns keinen nennenswerthen Widerstand leisten, und wenn drei oder vier Tage nach unserem Aufbruche von hier unsere Truppen in sein Gebiet einrücken, so muß er fliehen oder untergehen. Weitere andere Wege sind nicht denkbar.«

      »Wer wird den Oberbefehl über die Okkupationsarmee erhalten? Ich vermuthe, daß man Sie selbst dabei in das Auge genommen hat. Nicht, Herr General?«

      »Yes!«

      »Darf ich dann bitten, eine Schwadron übernehmen zu dürfen?«

      »Yes!«

      »Ich danke! Es soll mein Bestreben sein, mir Ruhm und Ihre Anerkennung zu erwerben.«

      »Und schwere Beute!« meinte der General mit sarkastischem Lächeln. »Jetzt aber will ich zur Ruhe gehen. Gute Nacht, Rittmeister!«

      »Gute Nacht, Herr General!«

      Der Rittmeister ging, er trug in seinem Herzen das stolze Bewußtsein, ein Mann zu sein, der seinen höchsten Vorgesetzten zu lenken und zu regieren verstehe. Und der General suchte sein reiches üppiges Lager auf mit der Ueberzeugung, daß der Abenteurer ein sehr selbstbewußtes aber gerade deshalb brauchbares Werkzeug für ihn sei, welches man abnutzen und dann fallen lassen werde.

      Hinter dem Palaste des Maharajah dehnte sich ein ungeheurer Garten, welcher mit seiner hinteren Seite an den Ganges stieß. Er war in zwei ungleiche Hälften getheilt, deren kleinere für die Frauen des königlichen Harems bestimmt war.

      Kurz nach der bei dem General stattgefundenen Unterredung gingen zwei Männer in der größeren Hälfte des Gartens spazieren. Es war der Rajah und sein oberster Minister.

      »Du irrst, Tamu,« meinte der erstere. »Diese Engländer kommen nicht in friedlicher Absicht. Was wollen sie in Gibraltar, auf Malta, auf dem Kap, in Amerika, China und Japan? Was wollen sie in Indien? Brauchen wir sie? Wenn wir sie brauchten, würden wir sie rufen. Aber, haben wir sie gerufen? Wo sie hinkamen, flossen Ströme von Blut. Es wird auch hier fließen.«

      »Nein, es wird keines fließen. Sie kommen, um ein Bündniß mit Dir abzuschließen gegen Deine Feinde und die ihrigen.«

      »Ich brauche dieses Bündniß nicht. Ich bin mächtig genug, um meine Feinde zu besiegen, wenn ich welche hätte; aber ich habe keine. Ich regiere mein Volk in Liebe, und ich bin freundlich und gerecht mit meinen Nachbarn.«

      »Die Engländer werden Dir beweisen, daß Du Feinde hast.«

      »Sie können es nicht beweisen.«

      »Sie werden Dir sagen, was ihnen Deine Nachbarn für Vorschläge gemacht und für Rathschläge gegeben haben.«

      »Das werden sie lügen.«

      »Sie werden Dich überzeugen.«

      »Haben Sie Dich schon überzeugt?«

      »Ja.«

      »Mit ihrem Golde.«

      »Sahib, Du weißt, daß ich der treuste Deiner Diener bin!«

      »Ich weiß, daß Du ein Mensch bist, und daß Du in Deinem Hause viel brauchst.«

      »Sahib, nimm Deinen Dolch und stoße ihn mir in das Herz; ich werde unschuldig sterben.«

      »Unschuldig sollst Du nicht sterben. Dieser Dolch ist nur dann für Dich, wenn Du schuldig bist, dann aber, Tamu, wird er Dich so sicher treffen, wie er hier diesen Farren trifft!«

      Er durchfuhr mit seinem haarscharfen Kris die Luft und fällte mit demselben einen Baumfarren, dessen Schaft die Stärke eines Armes hatte. Dann fuhr er fort:

      »Du hast mit dem General gesprochen?«

      »Nicht mit ihm, sondern mit dem Franzosen.«

      »Aber der General war dabei?«

      »Nein. Der Franzose war allein bei mir.«

      »Der General ist ein listiger Schakal. Er spricht nicht selbst, um alle Folgen auf seinen Diener zu werfen. Und dieser kennt die Gefahr nicht, die ihm droht. Warum verhandelt er nicht selbst mit Dir?«

      »Du verhandelst auch nicht selbst mit ihm, Sahib. Ich spreche für Dich, und sein Diener spricht für ihn.«

      »Das ist falsch, Tamu. Ich habe zu verhandeln mit der Regierung dieser Engländer. Der General spricht für diese Regierung, und Du sprichst für mich. So ist es richtig. Wenn Dir der General den Franken schickt, so beleidigt er mich. Du sollst nie wieder mit dem Franken reden. Sage das dem Generale. Ich gebiete Dir dieses ganz ausdrücklich!«

      Der Minister blickte vor sich nieder.

      »Sihdi, einst besaß ich Dein ganzes Vertrauen, jetzt aber besitze ich es nicht mehr!«

      »Tamu, einst besaß ich Deine ganze Treue, jetzt besitze ich sie nicht mehr! Ich sage Dir dies weil ich Dich liebe. Du dientest meinem Vater und solltest auch mir dienen bis an meinen oder Deinen Tod. Wenn ich Dich nicht liebte, würde ich schweigen; ich zeige Dir aber meine Trauer um Dich, damit Du umkehrest und wieder mein Freund werdest. Gehe jetzt heim und sprich mit Deinem Gewissen. Es wird Dir den rechten Rath ertheilen!«

      Der Minister verbeugte sich und ging. Eben als er in den Palast treten wollte, tauchte eine Gestalt vor ihm auf. Es war der Rittmeister.

      »Nun, Du hast mit dem Rajah gesprochen?«

      »Ja.«

      »Was sagte er?«

      »Er trauert.«

      »Warum?«

      »Weil er ahnt, daß ich Euer Freund geworden bin.«

      »Und Du trauerst mit?«

      »Nein. Ich habe seinem Vater treu gedient, denn er wußte meine Treue zu belohnen. Dieser aber mästet seine Unterthanen und läßt seine Minister hungern. Verdopple die Summe, welche Du mir geboten hast, und das Königreich Augh ist Euer!«

      »Darüber muß man noch sprechen. Doch jetzt komm, es ist hier nicht der geeignete Ort zu solchen Geschäften. Diese Muskatbäume könnten Ohren beherbergen, die uns gefährlich sind.«

      Sie verschwanden unter den Säulen.

      Der Maharajah war tiefer in den Garten hineingegangen und hatte sich dann hinüber nach der für die Frauen bestimmten Abtheilung


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