Die Juweleninsel. Karl May

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Die Juweleninsel - Karl May


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oder nicht. Erlaubst Du dies?« frug er, zum General gewendet.

      »Ich erlaube es!«

      So kannst Du jetzt mit Deinen Leuten gehen. Eure Wohnungen sind bereit. Meine Diener werden euch führen!«

      Er stieg vom Throne, ergriff den Lieutenant bei der Hand und verschwand mit ihm hinter einem Vorhange.

      Am Abende desselben Tages wurde Maletti zum General befohlen. Dieser saß bei seiner Hukah, und neben ihm stand der Rittmeister Mericourt, als Alphons eintrat. Der General gab dem Rittmeister einen Wink, worauf dieser begann:

      »Herr Lieutenant, Sie kannten den Rajah?«

      »Ja.«

      »Wo lernten Sie ihn kennen?«

      »In Kalkutta. Ich glaube, daß er dies in Ihrer Gegenwart bemerkte.«

      »Wie oft verkehrten Sie mit ihm?«

      »Einen Monat lang fast täglich.«

      »Sie sprachen doch nicht von dieser für uns so wichtigen Bekanntschaft?«

      »Madpur Sing war nach Kalkutta gekommen, um Studien zu machen. Er hielt sich deshalb inkognito, und ich mußte ihm mein Ehrenwort geben, dieses nicht zu verrathen.«

      »Aber dann, als Ihnen das Ziel unserer Reise bekannt wurde, erforderte es Ihre Pflicht, den Schleier zu lüften.«

      »Wie Sie es mit Ihrer Ehre halten, das ist Ihre Sache; meine Pflicht aber gebietet mir, niemals ein gegebenes Ehrenwort zu brechen.«

      »Herr Lieutenant!«

      »Herr Rittmeister!«

      »Sie stehen vor Ihrem Vorgesetzten!«

      »Allerdings, und dieser Vorgesetzte sitzt vor mir. Sie aber sind es nicht!«

      »Was soll das heißen?«

      »Das soll heißen, daß ich mit dem Herrn General, nicht aber mit Ihnen zu sprechen wünsche.«

      »Der Herr General haben mich beauftragt, das Gespräch zu übernehmen. Ist dies nicht so, Excellenz?«

      »Yes!« antwortete der Gefragte mit einem finstern Blick auf Maletti.

      »Sie hören es!«

      »Ich höre es. Da aber der Herr General sicherlich nicht unter Kuratel gestellt sind und auch jeder Untergebene das Recht hat, direkt mit seinem Vorgesetzten zu verkehren, falls derselbe gegenwärtig ist, so werde ich jetzt sprechen und antworten, um nur den allgemeinen Pflichten der Höflichkeit zu genügen, nicht aber, weil ich von dienstlichen Erfordernissen dazu gezwungen bin.«

      »Alle Teufel, sprechen Sie kühn! Eine solche Rede verdient der Züchtigung. Nicht wahr, Herr General?«

      »Yes!«

      Malettis Augen leuchteten auf.

      »Der Züchtigung? Wie meinen Sie das? Wer wird gezüchtigt? Sagen Sie das!«

      »Wer es verdient hat!«

      »So bin von uns Beiden ich dies jedenfalls nicht; dieser Gedanke beruhigt mich.«

      »Herr Lieutenant!«

      »Herr Rittmeister!«

      »Der Herr General hat Sie rufen lassen, um Sie zur Rechenschaft darüber zu ziehen, daß Sie Ihre Bekanntschaft mit dem Rajah verschwiegen haben. Sie tragen die Schuld, daß uns ein so demüthigender Empfang geworden ist!«

      »Ich! Pah! Ich habe keinem Menschen geboten, eine Unterhaltung in Gegenwart eines Mannes zu führen, welcher jedes Wort hören mußte und möglichen Falles auch jedes Wort verstehen konnte.«

      »Mäßigen Sie sich! Sie hatten zu melden, wer der Mann sei, der uns empfing.«

      »Ich kann meine Verpflichtung zu dieser Meldung nicht ersehen und bitte, die gegenwärtige Konferenz möglichst abzukürzen. Ich wurde für die jetzige Zeit zu dem Rajah gewünscht, dem ich leider den schwierigen Beweis zu liefern habe, daß er nicht englisch sprechen kann.«

      »Sie haben zuvörderst zu bedenken, daß jetzt wir es sind, bei denen Sie gebraucht werden! Nicht wahr, Herr General?«

      »Yes!«

      »Ihre Verschwiegenheit ist ein Vergehen von solcher Tragweite, daß wir noch gar nicht im Stande sind, die Strafe zu bemessen, welche mit diesem Vergehen kongruent ist. Wir befinden uns jetzt, so zu sagen, nicht im Dienste, weshalb wir Sie gegenwärtig noch nicht bestrafen können, müssen uns aber doch Ihren Degen ausbitten, Herr Lieutenant. Nicht wahr, Herr General?«

      »Yes!«

      Maletti fuhr wirklich mit der Hand nach dem Degen, nicht aber um denselben abzugeben, sondern instinktiv, wie um den Beleidiger damit zu züchtigen. Das Blut fließt dem Korsen heiß und glühend durch die Adern, und er hat eine größere Empfindlichkeit und ein unendlicheres Gedächtniß für Beleidigungen, als mancher Andere. Man sah es ihm an, daß er seinen Zorn mit aller Gewalt niederkämpfte.

      »Sind Sie damit fertig, mit dem was Sie mir zu sagen hatten, Herr Rittmeister?«

      »Ja.«

      »So werde auch ich gleich fertig sein! Ich soll Ihnen meinen Degen abgeben, weil ich mein Ehrenwort nicht brach. Ein solches Urtheil kann nur die Ehrlosigkeit selbst fällen —«

      »Lieutenant!«

      »Pah, spielen wir nicht Komödie! Sie können wohl Andere in einen Zweikampf verwickeln, besitzen aber nicht den Muth sich selbst zu schlagen. Sie verlangen meinen Degen. Wohlan, Sie sollen ihn haben, doch nicht so, wie Sie ihn wünschen, sondern wie ich Ihnen denselben geben will, nämlich mit dem Griffe in das Gesicht!«

      »Das ist eine Beleidigung, welche bestraft werden muß, nicht wahr, Herr General?«

      »Yes.«

      »Bestraft? Sie verwechseln die Begriffe. Ein Vergehen wird bestraft, eine Beleidigung aber wird geahndet, mein Herr. Ihre Feigheit allerdings brächte es zu Stande, meinen Worten den Stempel eines dienstlichen Vergehens zu ertheilen, um nur nicht in die Lage zu kommen, sich mir bewaffnet entgegenstellen zu müssen. Doch das kann Ihnen leider nicht gelingen, da Sie soeben selbst gesagt haben, daß wir uns hier nicht im Dienste befinden. Sie betragen sich nicht nur rücksichtslos, ungerecht und feig, sondern auch unklug. Der Herr General ist mit Vollmachten versehen, gewisse schwierige Verhandlungen mit dem Maharajah von Augh anzuknüpfen; der Herr General weiß, daß der Rittmeister Mericourt den Rajah heut beleidigt hat; der Herr General hat gehört, daß der Rajah zu dem Lieutenant Maletti gesagt hat »ich habe Dich lieb!« Der Herr General bestraft aber den Lieutenant wegen dieser Liebe. Der Herr General mag nachdenken, wie ein solches Verfahren genannt werden muß und welches die geeignetste Person wäre, den Rajah seinen Plänen geneigt zu machen. Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte, und bitte mich zu verabschieden.«

      »Sie sollen einstweilen gehen, müssen aber Ihren Degen zurücklassen! Nicht wahr, Herr General?«

      »Yes!«

      »Gut, meine Herren. Dieser Degen ist mein Privateigenthum, das ich nur dann von mir gebe, wenn ich es verkaufe oder verschenke. Ich bin Ihnen, Herr General, als Volontair beigegeben, und bitte, mich zu entlassen. Ich ersuche um meinen Abschied!«

      »Den bekommen Sie nicht.«

      »So nehme ich ihn mir.«

      »Merken Sie wohl, das wird Desertion genannt; nicht wahr, Herr General?«

      »Yes!«

      »Wohlan, so lasse ich mich lieber als Deserteur erschießen, als daß ich mich für einen Wortbruch belohnen lasse. Ich erkläre, daß Ihnen meine Person in keiner Beziehung mehr zur Verfügung steht. Gute Nacht!«

      Maletti ging. Das hatten die beiden Andern nicht gedacht. Der Lieutenant war trotz seiner Jugend ein kenntnißvoller, muthiger und sehr brauchbarer Offizier. War es ihm wirklich gelungen, sich die Freundschaft des Rajah zu erwerben, so stand ihm eine glänzende Karrière bevor und er konnte den Engländern ganz außerordentlich hinderlich werden. Das sagte sich auch der General, und darum meinte er:

      »War dies nicht zu scharf, Rittmeister?«

      »Nein. Dieser Mensch hat uns ungeheuren


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