Das Nibelungenlied. Unknown

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Das Nibelungenlied - Unknown


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hört ich einen Ritter lieblich singen;

      In des Kürnbergs Weise es aus der Menge klang:

      Er muß das Land mir räumen, sonst leg ich ihn in meinen Zwang."—

      "Nun bringt mein Ross und bringt mir mein Eisengewand,

      Denn einer Frauen räumen muß ich dieses Land.

      Sie will mich zwingen, daß ich ihr gewogen sei:

      Sie bleibt meiner Minne immer ledig und frei.

      Ein Weib und ein Federspiel, die werden leichtlich zahm:

      Wer sie nur weiß zu locken, so suchen sie den Mann.

      So warb ein schöner Ritter um eine Fraue gut;

      Wenn ich daran gedenke so trag ich hoch meinen Muth."

      In der ersten Strophe hört die fürstliche Frau, die gegen Abend an der Zinne ihrer Burg steht, einen Ritter aus der davor versammelten Menge ein Lied singen in der Weise Kürnbergs. Diese mag damals sehr bekannt gewesen sein, jetzt weiß Niemand mehr von ihr. Die Stimme des Ritters, ja der Ritter selbst, gefällt aber der Fürstin so sehr, daß sie auf ihn zu fahnden beschließt: ihm soll nur die Wahl bleiben, ihr Geliebter zu werden oder ihr das Land zu räumen.

      Die zweite Strophe, denn das Gedicht ist ein "Wechsel", sehen wir nun dem Ritter in den Mund gelegt, der seinem Knappen befiehlt, ihm Ross und Rüstung herbeizubringen, denn er müße einer Frau das Land räumen, die ihn zwingen wolle, ihr hold zu sein: er möge aber ihr Geliebter nicht werden. Man sieht, diese zweite Strophe schließt sich genau an die erste, obgleich sie in der Handschrift weit von ihr entfernt steht.

      Die dritte, welche in der Handschrift den Schluß der fünfzehn Strophen begreifenden kleinen Liedersammlung bildet, setze ich nach Vermuthung an den Schluß unseres Liedes. Der Ritter fährt fort zu singen: wir hören wieder das uns schon aus Kriemhildens Traum bekannte Gleichniss von dem Falken, mit dem aber hier die Frau, nicht der Mann verglichen wird: "Frauen und Federspiel sind leicht zu zähmen, wenn man sie nur zu locken versteht." So hat Er es verstanden, und das verleiht ihm hohen Muth, daß er gewust hat, sich jene fürstliche Frau geneigt zu machen, von der er sich jedoch nicht feßeln zu laßen gedenkt.

      Noch ein andermal hören wir in den s.g. Kürnbergschen Liedern jenes erste Lied von Kriemhilds Traum nachklingen. Man könnte zur Noth an dasselbe Liebesverhältniss denken. Das Lied besteht wieder aus drei Strophen, die dießmal auch in der Handschrift beisammen stehen. Die Frau ist es wieder, die spricht; sie klagt um den entschwundenen Geliebten:

      "Es hat mir an dem herzen vil dicke wê getân, daz mich des geluste des ich niht mohte hân noch niemer mac gewinnen: daz ist schedelich; jone mein ich golt noch silber, es ist den liuten gelîch.

      Ich zôch mir einen valken, mêre danne ein jâr: dô ich in gezamete als ich in wolte hân, und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant, er huop sich ûs vil hohe und vloug in anderin lant.

      Sit sach ich den valken schône vliegen, er vuorte an sînem vuoze sidine riemen und was im sîn gevidere alrôt guldin. Got sende si zesamene die geliep weln gerne sin.'

Uebersetzung

      "Es hat mir an dem Herzen gar manchmal weh gethan,

      Daß mich des gelüstete was mir nicht werden kann

      Und was ich nie gewinne: der Schade der ist groß;

      Nicht mein' ich Gold noch Silber, von den Leuten red ich bloß.

      Ich zog mir einen Falken länger als ein Jahr;

      Als er nun gezähmt war nach meinem Willen gar,

      Und ich ihm sein Gefieder mit Golde wohl bewand,

      Er hob sich auf gewaltig und flog in ein ander Land.

      Nun sah ich den Falken herrlich fliegen,

      Er führt an seinem Fuße seidene Riemen,

      Und strahlt' ihm sein Gefieder ganz von rothem Gold;

      Gott sende sie zusammen, die sich lieb sind und hold."

      In der ersten Strophe beklagt es die Frau, daß sie sich eines Dinges hat gelüsten laßen, das sie nicht haben konnte und vielleicht nie gewinnen mag. Das kann auf das Verhältniss zu jenem Ritter gehen: ausdrücklich fügt sie hinzu, sie denke dabei an Leute, nicht an Gold noch Silber.

      Das zweite Gesetz erwähnt wieder des Federspiels, indem sie mit dem entflogenen Falken den entschwundenen Geliebten meint. Das Verhältniss scheint aber hier, wenn es nicht ein anderes ist, vertrauter und inniger gedacht als wir es aus dem ersten Liede kennen lernten. Sie hatte den Falken sich nach Wunsch gezähmt, ja sein Gefieder mit Gold bewunden, wie König Oswald dem Raben, der an seinem Hofe erzogen war, die Flügel mit Gold beschlagen ließ ehe er ihn als Boten aussandte.

      Hier schließt sich das dritte Gesetz an, denn noch der flüchtige, in andere Lande entwichene Falke schleppte die alten Feßeln nach: er war "der freie Vogel nicht mehr, er hatte schon Jemand angehört". Seidene Riemen führt er am Fuße; sein Gefieder war noch von rothem Gold bewunden. Die Schlußzeile spricht den Wunsch nach Wiedervereinigung der Liebenden und somit ein größeres Vertrauen auf den Geliebten aus als das erste Lied und selbst der Anfang des zweiten erwarten ließ.

      Zur Vergleichung mag noch das erwähnte Lied Dietmars von Eist mit dem Bilde des Falken hier stehen:

      Es stuont eine vrouwe alleine und warte über heide und warte ir liebes, so gesach si valken vliegen:

      "Sô wol dir valke, daz du bist! du vliugest swar dir liep ist: du erkiusest in dem walde einen boum der dir gevalle.

      Alsô hân ouch ich getân: ich erkôs mir selbe einen man; den welten mîne ougen; daz nîdent schoene vrouwen. ouwê, wan lânt si mir mîn liep? jo engerte ich ir dekeiner trûtes niet.'

Uebersetzung

      Es stand eine Frau alleine

      Und blickte über Haide,

      Und blickte nach dem Lieben,

      Da sah sie Falken fliegen.

      "So wohl dir, Falke, daß du bist!

      Du fliegst wohin dir lieb ist.

      Du suchst dir in dem Walde

      Einen Baum der dir gefalle.

      Also hab auch ich gethan:

      Ich ersah mir einen Mann,

      Den erwählten meine Augen;

      Das neiden andre Frauen.

      O weh, so laßt mir doch mein Lieb:

      Ich stellte ja nach euern Liebsten nie."

      Auch ein verwandtes altitalienisches Sonett hat Haupt beigebracht:

      Tapina me, che amava uno sparviero!

        amava'l tanto ch'io me ne moria.

        a lo richiamo ben m'era maniero,

        ed unque troppo pascer no'l dovia.

      Or è montato e salito si altero,

        assai più altero ehe far non solia,

        ed è assiso dentro a un verziero

        e un' altra donna l'averà in balia.

      Isparvier mio, com'io t'avea nodrito!

        sonaglio d'oro ti facea portare,

        perchè nell' uccellar fossi più ardito.

      Or sei salito siccome lo mare,

        ed hai rotti li geti, e se' fuggito

        quand eri fermo nel tuo uccellare.

Freie Nachbildung

      Ich Arme, einen Sperber lieb zu haben!

        So liebt ich ihn, daß Sehnsucht mich verzehrt.

        An meinem Ruf schien sich sein Herz zu laben;

        Oft hat er Kost aus meiner


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