Das Nibelungenlied. Unknown

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Das Nibelungenlied - Unknown


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Es geschieht daher häufig, daß die Hebungen in aufeinander folgende Sylben zu stehen kommen, wie dieß gleich im zweiten Verse der Uebersetzung

      Von préiswérthen Helden, von kühnem Wágespiel

      der Fall ist, obgleich sich dieselbe Erscheinung im Original erst in der ändern Hälfte des Verses zeigt. Dagegen hat gleich der fünfte Vers:

      Es wúchs in Búrgónden ein édel Mägdelein

      die Hebungen auf derselben Stelle wie das Original nebeneinander. Wie groß daher der Unterschied des eigentlichen Nibelungenverses von dem sei, was man gewöhnlich dafür ausgiebt, und wie sehr dieses an Wohllaut und Mannigfaltigkeit von jenem übertroffen wird, kann die Vergleichung des zweiten der in der "Einleitung" mitgetheilten Gedichte mit der "Weihe" lehren. Am Schluß der Verse bloß männliche Reime zu gestatten, wie der Urtext nur "stumpfe" zuläßt und die "klingenden" ausschließt, war nicht thunlich, weil die Pflicht, so viel als mit der neuhochdeutschen Sprache verträglich von dem Urtext zu retten, manche Schlußreime des Originals beizubehalten gebot, diese aber wegen des kurzen Vocals in der ersten Sylbe, welcher die erste stumm macht, nach mittelhochdeutscher Verskunst für stumpfe (männliche) Reime galten, während sie nach den unsrigen für weibliche, oder wenn man so sagen soll, für klingende gehalten werden.

      Hinsichtlich des Textes bedarf es bloß der Angabe, daß ich in der Regel dem Lachmannschen gefolgt bin, auf welchen sich auch die Strophenzahlen beziehen; daß ich aber auch weniger alte und verbürgte Strophen anderer Ausgaben aufgenommen, jedoch mit einem Sternchen bezeichnet habe.

      Man wird mir schwerlich vorwerfen können, allzufrei übertragen zu haben. Worttreue ist keine Pflicht: sie gleicht der Treue Eulenspiegels zu seinem Meister dem Schneider. Wie vieler Verbeßerungen aber die Uebersetzung noch fähig wäre, fühlt Niemand lebhafter als ich, der, obgleich ich das Manuscript kurz vor dem Drucke einer nochmaligen strengen Durchsicht unterwarf, schon jetzt an dem mir vorliegenden ersten Aushängebogen wieder Tausenderlei auszustellen hätte ohne darum an dem Unternehmen irre zu werden; denn wann dürfte bei einem solchen Werke die kritische Feile ruhn? Die Aufnahme, die diesem ersten Versuche seitens des großen Publicums zu Theil werden wird, und die Nachhülfe, die ich von belehrenden Kritiken sachkundiger Männer erwarte, mögen darüber entscheiden, ob ich ihn dereinst in vollendeterer Gestalt der Welt vorlegen werde. Möchte der Leser nur einen Theil des Genußes empfinden, welchen die Arbeit dem Uebersetzer gewährte!

      Berlin, den 12. December 1826.

* * * * *Weihe an Friedrich Baron de la Motte Fouqué

      Vom Ursitz deutscher Völker, aus ferner Heidenzeit

      Erklingt uns eine Kunde von Lieb und Heldenstreit;

      Sie lebt in zwei Gestalten bei deutschen Stämmen fort

      Und sie ist unsres Volkes urerster Schirm und Hort.

      Die Eine, werther Sänger, hat Dein Gesang verklärt,

      Von Deinem treuen Geiste durchglühet und genährt:

      Nun leuchtet in Walhalla, den Asen beigesellt,

      Sigurd der Schlangentödter, der edle Norderheld.

      Die Andre bringt ein Jünger dafür zum Dank Dir dar,

      Ein Lied des Deinen würdig, durch Andrer Sangkunst zwar:

      Es wurzelt in dem Boden der starren Heidennacht,

      Vom milden Christenhimmel das Laubwerk überdacht.

      Wär Deine fromme Treue, die nie von Arg gewust,

      Dein Herz voll Kraft und Milde in jeder deutschen Brust,

      Der Name flöge wieder bis an die Sternenwand

      Siegfrieds des Drachentödters vom Nibelungenland.

Bonn, den 4. November 1826.
* * * * *An Karl SimrockDankesgruß für die Zueignung des Nibelungenliedes

      Wer Lieder wagt zu singen im deutschen Dichterwald

      Weckt meist vielfaches Tönen, das rings ihm wiederhallt.

      Doch das altgute Spruchwort: "Es schallt vom Wald heraus

      Wie's in den Wald hineinschallt," geht hier nicht immer aus.

      Schon Mancher hat gesungen in treuer Lieb und Lust,

      Und Schmähruf drang entgegen zerstachelnd ihm die Brust:

      Da gilts denn freilich Sanglust, wenn fort man singen soll;

      Doch Herz quillt immer über, ist nur das Herz recht voll.

      So hats der treue Siegfried in Wort und That gemacht;

      Lohnt' ihm das Wer mit Undank, des hatt' er wenig Acht,

      Er blieb ein treuer Degen wie ehmal so fortan

      Und so solls nach ihm machen jedweder echte Mann.

      Er frage nach dem Lohn nicht; Gott schickt von selbst ihm Lohn,

      Weckt aus verwandten Herzen ihm manch verwandten Ton.

      So hast Du mir gesungen: vom Herzen giengs ins Herz:

      Wir pilgern treu verbunden durchs Weltthal himmelwärts.

L.M. Fouqué.
* * * * *

      Einleitung.

      Der Nibelungenhort

I

      Es war einmal ein König,

      Ein König wars am Rhein,

      Der liebte nichts so wenig

      Als Hader, Gram und Pein.

      Es grollten seine Degen

      Um einen Schatz im Land

      Und wären fast erlegen

      Vor ihrer eignen Hand.

      Da sprach er zu den Edeln:

      "Was frommt euch alles Gold,

      Wenn ihr mit euern Schedeln

      Den Hort erkaufen sollt?

      Ein Ende sei der Plage,

      Versenkt es in den Rhein:

      Bis zu dem jüngsten Tage

      Mags da verborgen sein."

      Da senkten es die Stolzen

      Hinunter in die Flut;

      Es ist wohl gar geschmolzen,

      Seitdem es da geruht.

      Zerronnen in den Wellen

      Des Stroms, der drüber rollt,

      Läßt es die Trauben schwellen

      Und glänzen gleich dem Gold.

      Daß doch ein Jeder dächte

      Wie dieser König gut,

      Auf daß kein Leid ihn brächte

      Um seinen hohen Muth.

      So senkten wir hinunter

      Den Kummer in den Rhein

      Und tränken froh und munter

      Von seinem goldnen Wein.

II

      Einem Ritter wohlgeboren im schönen Schwabenland

      War von dem weisen Könige die Märe wohlbekannt,

      Der den Hort versenken ließ in des Rheines Flut:

      Wie er ihm nachspüre erwog er lang in seinem Muth.

      "Darunter lag von Golde ein Wunschrüthelein;

      Wenn ich den Hort erwürbe, mein eigen müst es sein:

      Wer Meister wär der Gerte, das ist mir wohl bekannt,

      Dem wär sie nicht zu Kaufe um alles kaiserliche Land."

      Auf seinem Streitrosse mit Harnisch, Schild und Schwert

      Verließ


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