Karawane. Stephen Goldin

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Karawane - Stephen Goldin


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seinen Körper gehen. Blut strömte aus der Wunde und besudelte sein bereits verschmutztes Shirt, aber er hatte nicht genug Zeit darüber nachzudenken- er kämpfte gerade um sein Leben.

      Sein Versuch sich wegzudrehen, brachte ihn in eine ziemlich schlechte Position , denn jetzt zeigte seine Linke Seite nach draußen und seine Rechte Seite — zusammen mit seiner Messerhand— zur Mauer. Er musste sich schnell ducken, als der zweite Angreifer diese ungeschützte Stelle bemerkte und seinen Kopf angriff. Die Klinge sauste gerade einmal um Haaresbreite an Peters Haare vorbei.

      Aber indem er diesen Angriff gemacht hatte, hatte der Jugendliche sich selbst verwundbar gemacht. Peter rannte nach vorne und rammte sein Messer in den Bauch des Angreifers. Der Mann stieß einen Schmerzensschrei aus und sank langsam zu Boden. Peter zog schnell seine Klinge raus, fiel auf den Boden und rollte sich vom ersten Angreifer weg, der sich jetzt auf ihn stürzte.

      Als er auf seine Füße kam, sah er, wie der Mann ihn in geduckter Haltung ansah. Sie umkreisten sich für eine lange Sekunde und dann griff der Mann an. Peter versuchte Matador zu spielen, indem er dem Angriff seitlich auswich und den Angriff versuchte zu parieren, war aber nur zum Teil erfolgreich. Das Messer des anderen schnitt durch sein Shirt und kratzte an seinen Rippen auf der linken Seite. Peter drehte sich um und wich wieder nach hinten zurück.

      Der andere witterte einen schnellen Todesschlag und griff wieder an. Er kam nur bis zur Hälfte des Weges zu Peter, bevor er schrie und nach vorne fiel. Ein Klappmesser steckte in seinem Nacken.

      Peter sah sich um und begutachtete das Schlachtfeld. Sieben Männer lagen auf dem Boden, die meisten am Leben, aber schwer verwundet. Die restlichen zwei Gangmitglieder flohen die Straße runter. In der Mitte des Platzes, wo am meisten Zerstörung angerichtet wurde, stand der schwarze Mann in aller Ruhe da und bewunderte sein Handwerk. Er schien unversehrt zu sein. Mit einem Grinsen im Gesicht ging er Richtung Peter und zog sein Klappmesser aus dem Hals seines letzten Opfers, wischte es am Shirt des Mannes ab, und klappte es zusammen und steckte es wieder in seine Hosentasche. Dann ging er zu seinem Motorrad und bereitete sich vor wegzufahren.

      “Hey,” sagte Peter, “hast du nicht einmal vor mir zu danken?”

      Der andere drehte sich um. “Dir danken? Wofür? Für etwas, dass jeder mit etwas Mut hätte tun sollen?”

      “Aber es war nicht irgendjemand, sondern ich und ich blute.”

      Der Schwarze kam herüber, packte grob Peters verwundeten linken Arm und untersuchte ihn. “ Shiiit, Alter, dass ist nichts weiter als eine Fleischwunde. Es wird verheilen, außer es infiziert sich.” Er hielt inne als ihm ein Gedanke kam. “Wohnst du hier in der Gegend?”

      Peter schüttelte seinen Kopf.

      “Oh, ein Stoner also, was?” Peter hasste diesen Ausdruck. Als der Kollaps anfing, haben viele Menschen ihre Häuser verlassen und angefangen umherzuziehen, auf der Suche nach einem besseren Platz als den, den sie zurückließen. Der Begriff “Stoner” kam wahrscheinlich daher, dass diese Leute als “ Rolling Stones” bezeichnet wurden, aber Peter hatte mehr als nur ein bisschen den Verdacht, dass das Wort auch eine Anspielung auf seinen Namen war.

      “Hör mal,” fuhr der Mann fort, “wie würdest du es finden dich an einem Ort niederzulassen, wo es friedlich ist und es keine Knappheiten gibt und jeder zusammen arbeitet?”

      Peter schaute ihn argwöhnisch an. “Sicher, wer würde das nicht wollen? Aber wo würde man so einen Ort finden? In deinem Garten?”

      “Werd nicht frech, Mann. Ich habe eine ernstgemeinte Frage gestellt”.

      “Und ich habe Ja gesagt.”

      “Wie heißt du?”

      “Peter Smith” Das Lügen ist mittlerweile zum Reflex geworden.

      Der Schwarze streckte ihm seine Hand entgegen. “Kudjo Wilson.” Sie klatschten sich ab anstatt sich die Hände zu schütteln. “Hör mal, wenn du wirklich etwas besseres als all das hier haben willst,” und er machte eine Handbewegung, die den mit kaputten Autos gefüllten Park umschloß, “dann solltest du besser mit meinem Kumpel reden.”

      Peter zuckte mit den Achseln. “Wird wohl nicht schaden, denk’ ich mal. Wo ist er?”

      “Oh, er ist noch ein paar Meilen von hier. Wenn du willst, kannst du hinten aufspringen und dich festhalten und ich werde dich gleich zu ihm bringen.”

      Peter schüttelte seinen Kopf. “Tut mir Leid, aber ich lasse mein Fahrrad nicht gerne zurück— und wir können es nicht einfach auf das Motorrad packen.”

      “ Da hast du Recht.” Der andere dachte eine Minute nach. “Ich sage dir, was ich machen werde. Ich werde vorfahren und ihm von dir erzählen. Er wird eh hier vorbeikommen oder zumindest verdammt nahe. Wieso wartest du nicht einfach am Freeway dort drüben.” Er zeigte weiter in Richtung Osten. “Er ist ein paar Blocks in dieser Richtung entfernt. Warte auf einfach vor der Brücke der Überführung, Fahrtrichtung Süden. Hast du eine Uhr?”

      Peter schüttelte wieder seinen Kopf. “ Sie wurde mir vor einundhalb Monaten gestohlen.”

      “ Naja, ok, er wird in ein paar Stunden hier sein. Es wird nach Einbruch der Dunkelheit sein, wenn dir das nichts ausmacht.”

      “Also....” Fing Peter an.

      “Sei da,” gab ihm der andere den Ratschlag. Er startete sein Motorrad. “Wir werden nicht warten.” Und er fuhr davon.

      Peter hielt sich seinen schmerzenden Arm und ging zu seinem Fahrrad zurück. Nach dem Kampf mit dieser Gang wäre die Mission wohl nicht mehr der beste Ort für ihn zum Übernachten— sie könnten mit Freunden zurückkommen und auf Rache aus sein. Sein Magen knurrte, er hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Aber es war besser am Leben zu bleiben, als hier um eine kostenlose Mahlzeit zu bitten und im Schlaf ermordet zu werden.

      Er fuhr mit dem Fahrrad Richtung Osten auf den San Fernando Mission Boulevard und kam schließlich an der Überführung an, die Kudjo zuvor erwähnt hat. Die Sonne war gerade untergegangen und es wurde unheilverheißend dunkel. Er pausierte an der Brücke und schaute zu ihr hoch. Sollte er das glauben, was der Schwarze gesagt hatte? Er hat vor lange Zeit aufgehört an Märchen zu glauben und diese Geschichte hat sich verdächtig nach einem modernen El Dorado angehört. Ein Ort wo es Frieden und genug für alle gibt wäre ziemlich schwer zu finden und Einladungen ihn zu besuchen, würden ihm nicht einfach so in den Schoß fallen. Davon mal abgesehen, wie sollte ein schwarzer Mann den Schlüssel zu Utopia halten können? Es ergab alles keinen Sinn. Wenn es solch einen Ort gab, was machte Kudjo Wilson dann hier?

      Aber dann wiederum, was hatte er zu verlieren? Falls das ein Hinterhalt sein sollte, was konnten sie denn von ihm stehlen, außer seinem Fahrrad, einer Decke und praktisch fast wertloses Geld? Für solch eine ausgeklügelte Falle wäre das viel zu wenig. Und davon mal abgesehen, hätte Wilson ihn auch gleich sofort ausrauben können, wenn er gewollt hätte. Die ganze Angelegenheit war rätselhaft.

      Peter schob sein Fahrrad über die Rampe und stellte es neben der Brücke ab.

      Er saß im Dunkeln und wartete. Verkehr auf dem Freeway war aufgrund der Treibstoffknappheit kaum mehr vorhanden— innerhalb einer Stunde sah er nur zwei Autos und sie flitzen an ihm vorbei ohne überhaupt zu verlangsamen. Er fragte sich, ob die Leute auf die er wartete bereits an ihm vorbeigefahren sind ohne ihn bemerkt zu haben, oder ob sie überhaupt noch kommen würden. Das Ganze könnte ein großer und unverständlicher Witz sein.

      Du bist ein Dummkopf, sagte er zu sich selbst. Hörst in deinem Alter auf Geschichten über das Nimmerland. Du würdest wahrscheinlich auch die Golden Gate Bridge kaufen, wenn sie dir jemand anbieten würde. Aber er blieb, weil er nirgends woanders hingehen konnte.

      Und nach wahrscheinlich einer weiteren Stunde sah er, wie sich aus nördlicher Richtung Scheinwerfer näherten. Sie bewegten sich viel langsamer als die anderen Autos, die an Peter vorbei rasten und als sie näher kamen, konnte Peter eine komplette Autokolonne ausmachen. Das Auto ganze vorne hielt kurz vor der Brücke an und fuhr an den Straßenrand. Die Autos hinter ihm folgten


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