Italienische Nächte . Sophie Love

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Italienische Nächte  - Sophie Love


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ich käme mit dem Leben besser klar, wenn ich erst einmal dreißig bin.“

      Keira grinste. „Wohl kaum.“

      Beide Swanson-Schwestern hatten es wahrlich nicht eilig, erwachsen zu werden.

      Bryn beugte sich zu ihr und stupste sie in die Seite. „Also, der erste Tag zurück auf der Arbeit nach der Pause. Wie fühlst du dich?“

      „Sehr gut. Es wird sicher eine völlig andere Stimmung herrschen ohne Joshua, der allen bloß die Laune verdirbt. Vor allem freue ich mich darauf, Nina wiederzusehen. Und natürlich bin ich sehr neugierig, was Elliot als nächstes für mich geplant hat.“

      „Wird das wieder eine Reise nach Übersee?“, fragte Bryn.

      „Das möchte ich bezweifeln. Andererseits hätte ich gegen viel Sonne nichts einzuwenden.“ Keira lachte und blickte aus dem Fenster in die trüben Wolken. New York im Oktober.

      „Und ein eigenes Bett“, scherzte Bryn und klopfte auf das Polster der Couch.

      „Ach ja, das. Also, du weißt, dass ich hier nicht ewig pennen will. Es dauert nur einfach länger als ich gedacht hatte, eine passende Wohnung zu finden. Und ich brauche den Abschlag zurück, den ich für die Wohnung mit Zach hinterlegt hatte, ohne den geht es nicht. Du weißt ja, wie zögerlich er ist.“

      „Kein Problem“, sagte Bryn und winkte ab. „Bleib so lange es nötig ist. Aber erspare mir jeglichen Kommentar über die Männer, die ich mit nach Hause bringe.“ Sie schaute Keira finster an. „Mir sind deine vorwurfsvollen Blicke nicht entgangen.“

      Keira lachte. „Ich meine eben, dass du mit diesen ätzenden Typen deine Zeit verschwendest, einfach nur deshalb, weil du nicht glauben willst, dass du wunderschön bist.“

      Bryn rollte mit den Augen. „Das reicht jetzt. Also, wieso denkst du, dass du nicht wieder nach Übersee geschickt wirst?“

      „Keine Ahnung.“ Keira zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich, weil es den anderen Autoren gegenüber nicht fair wäre. Es sähe nach Bevorzugung aus.“

      „Vergiss nicht, dass du auf der Karriereleiter nach oben geklettert bist. Bevorzugung klingt nach Schule. Aber hier geht es ums Geschäft. Wenn du besser bist als die anderen, dann bist du eben besser. Nimm es einfach hin.“

      Keira teilte die Zuversicht ihrer Schwester nicht. Sie wand sich ein wenig voller Unbehagen. „Nun, selbst wenn es so ein Auftrag wäre, könnte ich die Reise gar nicht antreten.“ Sie dachte an Shane und lächelte verträumt. „Ich habe ja Pläne hier.“

      „Ach ja.“ Bryn schmunzelte. „Der Freund. Wann wird er ankommen?“

      Keira rief sich Shanes wunderbares Gesicht in Erinnerung, mit dem Drei-Tage-Bart auf dem energischen Kinn und diesen wundervollen irischen blauen Augen. Zahllose Erinnerungen strömten auf sie ein, von dem Monat, in dem sie sich ineinander verliebt hatten.

      „In einer Woche“, sagte sie, noch immer verträumt. Sie dachte an das Gefühl seiner Lippen auf ihren, die Berührung seiner Finger auf ihrer Haut. „Das erinnert mich daran, dass ich ihn anrufen sollte.“

      In Irland, wo Shane lebte, war es gleich schon Mitternacht. Es blieb ihr also nicht mehr viel Zeit, mit ihm zu sprechen, bevor er ins Bett ging. Dann würde sie eine Ewigkeit von acht Stunden ohne ihn ertragen müssen, weil er dann schlief. Keine Nachrichten, keine spöttischen SMS oder witzige Kommentare. Diese acht Stunden waren schier unerträglich, so sehr sehnte sie sich nach ihm.

      „Rufst du ihn jeden Morgen an?“, fragte Bryn erstaunt.

      Keira entging der verächtliche Unterton in der Stimme ihrer Schwester nicht. Sie war überzeugte Single-Frau mit ständig wechselnden Verabredungen. Das machte sie misstrauisch allen Menschen gegenüber, die behaupteten, sie hätten die wahre Liebe gefunden.

      „Jap. Da schnarchst du meistens noch, daher ist dir das bisher nicht aufgefallen.“

      „Ich finde das irgendwie ungesund. Du bist jetzt schon viel zu abhängig von ihm.“

      Keira rollte mit den Augen und stand auf. Bryn war eine absolute Besserwisserin und gleichzeitig ein wahrlich schlechtes Vorbild. Wenn sie es doch nur sehen könnte, was sie und Shane verband, dann würde sie das nicht mehr so vorschnell verurteilen.

      Keira nahm ihr Handy mit ins Bad, denn nur da war sie ungestört. Bryns Wohnung war ansonsten sehr hellhörig. Sie wählte Shanes Nummer. Sofort war ihr Körper von Erregung erfüllt, während sie dem Freizeichen lauschte und sich darauf freute, Shanes wunderbare Stimme wieder zu hören. Sie konnte es kaum erwarten, ihm alles zu erzählen, was sie für seinen Besuch geplant hatte. New Yorks Sehenswürdigkeiten, von der Fressmeile über Spaziergänge am Fluss entlang, die Museen, die Parks und jede Menge Kunstgalerien. Sie hatte einen sehr engen Zeitplan erstellt und sie wusste, dass Shane sich darauf freute, sich alles von ihr zeigen zu lassen.

      Endlich nahm Shane am anderen Ende ab. Aber anstatt seine übliche fröhliche Stimme zu hören, klang er irgendwie angespannt. Normalerweise begrüßte er sie mit irgendeinem albernen Spitznamen, aber heute nannte er sie einfach bei ihrem Namen.

      „Keira, hey“, sagte er müde, als habe er einen furchtbar schlechten Tag gehabt.

      Keiras Hochgefühl fiel umgehend in sich zusammen. Im Hintergrund hörte sie Geräusche, Gespräche, klingelnde Telefone.

      „Was ist passiert?“, fragte sie und spürte Panik in sich aufkommen. „Wo bist du?“

      „Im Krankenhaus.“

      „Oh mein Gott! Warum?“ Keiras Herz raste, sie malte sich sofort die schlimmsten Szenarien aus. „Bist du verletzt? Oder krank?“

      „Nein, es geht nicht um mich“, sagte Shane. „Mir geht es gut. Es ist mein Vater.“

      Keira erinnerte sich gut an Calum Lawder. Er war einer der nettesten, süßesten Menschen, die sie je die Ehre hatte kennengelernt zu haben. Der Gedanke, dass es ihm schlecht gehen könnte, war niederschmetternd.

      „Geht es ihm gut? Was ist denn mit ihm?“

      Shane seufzte schwer. „Jetzt geht es ihm wieder besser. Er ist operiert worden.“

      Keira lief es eiskalt den Rücken herunter. „Operiert?“

      „Ich bin schon den ganzen Tag in der Notaufnahme. Er hatte einen Herzinfarkt. Sie mussten ihm einen Stent setzen. Es ist ein Wunder, dass er noch lebt. Wenn nicht zufällig heute Morgen ein Herzchirurg hier gewesen wäre, dann hätte er es nicht mehr geschafft.“

      „Oh, Shane, das tut mir ja so leid.“ Keira spürte einen Kloß im Hals. Sie wünschte, sie könnte durch das Telefon hindurch greifen und Shane in den Arm nehmen, um ihn zu trösten. „Wie geht es deiner Mutter und deinen Schwestern?“

      „Uns geht es allen gut. Wir stehen alle noch unter Schock, um ehrlich zu sein. Vor allem Hannah.“

      Keira dachte an Shanes kleine Schwester, das 16-jährige Mädchen mit den goldenen Haaren. Sie hatte sich besonders gut mit ihr verstanden. „Armes Kind“, sagte sie. Auf einmal erschien es ihr ein unpassender Zeitpunkt, um über seine Reise nach New York zu reden. Alles, was sie sich an aufregenden Dingen vorgenommen hatten, war jetzt nicht wichtig, angesichts dessen, was Shane gerade durchmachte. „Wie geht es Calum denn jetzt?“

      „Er ist wach und albert herum. Aber ich sehe doch, dass er nur so tut, als sei alles halb so schlimm, damit wir uns keine Sorgen machen.“

      „Es tut mir so leid, Liebling. Ich wäre so gern bei dir, um dir beizustehen. Aber ich hebe mir all die Umarmungen für nächste Woche auf, wenn du herkommst.“

      Am anderen Ende der Leitung schwieg Shane. Keira konnte nichts hören außer die klingelnden Telefone des Krankenhauses, das Piepen von Maschinen und von fern das Heulen von Sirenen, eben


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