Italienische Nächte . Sophie Love

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Italienische Nächte  - Sophie Love


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mal so gemacht.“

      Nina mischte sich wieder ein. „Ich bitte dich, Schätzchen, jede hat das schon mal gemacht. Wenn du noch nie eine Verabredung hattest, bei der du dich als Agentin des FBI ausgegeben hast oder als reiche Erbin, dann hast du bisher nicht gelebt.“

      Keira schaute kopfschüttelnd aus dem Fenster. Sie sah erneut die vielen Menschen in den Straßen. Einige Geschäfte hatten bereits Halloween-Deko in den Fenstern. Sie sah ein Grufti-Paar die Straße hinuntergehen. Die Frau trug ein schwarzes, spitzenbesetztes Kleid und einen passenden Schirm, den Mann führte sie an einer ledernen Leine mit sich. So etwas gab es nur in New York, musste sie schmunzelnd zugeben.

      Man musste im Leben auch mal verrückte Sachen machen, ermahnte sie sich. Hatte sie sich das nicht erst heute Morgen selber eingeredet?

      „Na gut“, sagte sie schließlich resigniert und wandte sich wieder Bryn zu. „Ich komme mit auf deinen Ball.“

      *

      Bryn hatte in einem Punkt auf jeden Fall recht gehabt, wie Keira später am Abend feststellte. Gino hatte sich mit der Deko mächtig ins Zeug gelegt. Das gesamte Restaurant sah aus wie eine gotische Burg, die Tische waren an den Rand geschoben worden, um in der Mitte Platz für die Tanzfläche zu schaffen. Durch die alte italienische Folkloremusik entstand eine gruselige Stimmung, die Kellner trugen Samtanzüge und natürlich trugen alle Masken.

      Wäre sie nur mit ihrer Schwester unterwegs gewesen, hätte es ein toller Abend werden können. Aber leider mussten sie ihn auch mit Malcolm und dessen Freund Glen verbringen. Die beiden waren wahrscheinlich die mit Abstand langweiligsten Männer auf der ganzen Welt.

      Keira schaufelte sich ihre Pasta rein und hatte Mühe, wach zu bleiben, während Glen in aller Ausführlichkeit seine Karriere in der Buchhaltung plante. Über die Arbeit zu reden, regte Keira sowieso schon auf, aber wenn es dann auch noch um so etwas Langweiliges ging, war sie mit ihrer Geduld am Ende. Zumal er nicht eine einzige Frage zu ihrem Job gestellt hatte.

      Als das Gespräch etwas zum Erliegen kam, zuckte Keira hoch, als sei sie aus einer Trance erwacht.

      „Was machst du denn so in deiner Freizeit?“, fragte sie Glen, in der Hoffnung, er ließe sich von seinem langweiligen Job ablenken.

      Glen brauchte ziemlich lange für die Antwort, was Keira als schlechtes Zeichen wertete. Wie konnte man denn nicht wissen, welche Hobbys man hatte? Oder was einem außer dem Job noch so Spaß machte?

      „Ich schaue mir Sport an“, sagte er schließlich.

      „Anschauen? Nicht spielen?“

      Glen lachte. „Himmel, nein. Ich will mich ja nicht verletzen. Ich bevorzuge die Rolle des Zuschauers.“

      „Das ist …“, Keira suchte nach den richtigen Worten. Das, was sie schließlich fand, war sicher genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich meinte. „… interessant.“

      „Was ist denn mit dir?“, fragte Glen.

      Es war das erste Mal, dass er ihr eine Frage stellte und Keira war fast ein wenig überrascht. „Oh, nun, ich bin Journalistin und verbringe viel Zeit mit lesen“, fing sie an.

      Glen unterbrach sie sofort. „Ich lese auch. Vor allem das Wall Street Journal.“

      Keira wurde bewusst, dass er ihr damit die Redezeit entrissen hatte. Sie ließ den Kopf hängen und widmete sich wieder ihrer Pasta. „Cool.“

      Bryn lehnte sich über den Tisch. „Wir sprachen gerade über unsere Pläne. Was wir in fünf Jahren erreicht haben wollen. Was ist mit dir, Keira?“

      Hätte Bryn sie das gestern gefragt, wäre ihre Antwort eindeutig gewesen. So viel Zeit wie nur möglich mit Shane zu verbringen. Gemeinsam ein Traumhaus zu kaufen. Vielleicht zu heiraten und Kinder zu kriegen. Aber der Traum war ausgeträumt.

      Keira zuckte daher nur mit den Schultern. „Ich reise gern. Ich möchte die Welt sehen. In fünf Jahren will ich wenigstens einmal auf jedem Kontinent gewesen sein.“

      Bryn klatschte in die Hände. „Das ist eine gute Antwort, Schwesterherz.“

      Glen schnaubte verächtlich. „Reisen wird heutzutage überbewertet. Man kann doch heutzutage alles online anschauen. Warum sollte man stundenlang eingepfercht in einer Aluminiumdose sitzen, um die halbe Welt fliegen, die Luft verpesten, wenn man sich das alles gemütlich von zu Hause aus anschauen kann? Die virtuelle Realität steckt jetzt noch in den Kinderschuhen, aber in den nächsten fünf Jahren wird sich das weiterentwickeln. Ein Gerät für fünfzig Dollar ersetzt dann einen vielfach so teuren Flug, der dann reine Geldverschwendung ist.“

      Malcolm nickte zustimmend, er schien Glens Gedankengang überaus spannend zu finden. Bryn hingegen sah entsetzt aus und warf Keira einen entschuldigenden Blick zu. Keira erwiderte ihn mit einem vielsagenden Blick, als wollte sie sagen, sie hätte es ja gleich gesagt, wie furchtbar das enden würde.

      „Was ist denn dann mit dir, Glen?“, fragte Bryn, bemüht, das Gespräch am Laufen zu halten. „Wenn du nicht gerne reist, wie sehen denn dann deine nächsten fünf Jahre aus?“

      Alle schauten den Buchhalter an. Er knackte mit den Handknochen.

      „Ich habe alles ganz genau geplant“, sagte er selbstbewusst. Er hob den Zeigefinger zum Abzählen. „Im ersten Jahr eine Frau.“ Er hob den zweiten Finger. „Im nächsten Jahr unser Traumhaus in der Vorstadt.“ Es folgten Finger drei und vier. „Zwei Kinder, im Abstand von achtzehn Monaten. Ein Junge, ein Mädchen.“ Schließlich hob er den Daumen. „Und einen Hund.“

      Keira seufzte schwer. Schon bevor sie Bryns Wohnung verlassen hatte, war ihr klar gewesen, dass sie hier und heute keine Romantik erleben würde. Aber ein winziges Fünkchen Hoffnung hatte sie dennoch gehabt. Die vage Hoffnung, dass es außer Shane noch andere Männer gab, der ihre Welt wie aus dem Nichts auf den Kopf stellen konnte.

      Aber das hier war eine bittere Enttäuschung. Wie hatte sie nur so naiv sein können, daran auch nur zu glauben. Shane war eine absolute Ausnahme gewesen. Eins zu einer Million. Oder Milliarde. Das Date mit Glen hatte gerade ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt.

      Sie würde niemals wieder eine solche Liebe finden.

      KAPITEL DREI

      Keira hatte keine Wahl, sie musste am nächsten Tag wieder im Büro erscheinen. Ein gebrochenes Herz war keine akzeptable Ausrede, nicht zur Arbeit zu gehen. Zwei Tage am Stück waren undenkbar. Außerdem wollte sie nicht noch einen weiteren Tag heulend in Coffeeshops verbringen. Noch weniger wollte sie von Bryn in einen weiteren ihrer dämlichen Pläne zur Ablenkung verwickelt werden. Das Date bei Gino hatte einen ziemlich faden Nachgeschmack hinterlassen.

      Obwohl sie das Gefühl hatte, über ihr schwebe eine dunkelgraue Wolke, schaffte Keira es, sich anzuziehen und für den Tag fertigzumachen. Normalerweise gab es ihr ein gutes Gefühl, sich für die Arbeit zurechtzumachen. Aber heute fühlte es sich irgendwie unecht an, obwohl sie sich weniger geschäftsmäßig gekleidet hatte als üblich.

      Als sie Bryns Wohnung verließ, sah sie, dass Nina ihr eine ermutigende Nachricht geschickt hatte.

      Alle freuen sich darauf dich wiederzusehen.

      Keira lächelte. Sie war froh, eine Freundin wie Nina zu haben. Trotz des Altersunterschieds zwischen ihnen, waren sie immer irgendwie im Einklang miteinander. Und Nina hatte eine so beeindruckende Karriere in der Branche gemacht, dass sie für Keira auch eine hervorragende Mentorin war.

      Als Keira die Redaktion von Viatorum betrat, war sie erstaunt, wie sehr sich die Atmosphäre dort verändert hatte. Vorher war da immer ein Hauch von Panik spürbar, eine Art unsichtbarer Druck, der auf allen lastete. Wenn sie früher auch noch so gut gelaunt morgens reinkam, so ging sie abends doch immer müde, überlastet und erschöpft nach Hause.

      Der Unterschied lang eindeutig darin,


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