Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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der frei­wil­li­ge Bett­ler, der einst einen gros­sen Reicht­hum von sich warf, –

      – der sich sei­nes Reicht­hums schäm­te und der Rei­chen, und zu den Ärms­ten floh, dass er ih­nen sei­ne Fül­le und sein Herz schen­ke? Aber sie nah­men ihn nicht an.«

      »Aber sie nah­men mich nicht an, sag­te der frei­wil­li­ge Bett­ler, du weisst es ja. So gieng ich end­lich zu den Thie­ren und zu die­sen Kü­hen.«

      »Da lern­test du, un­ter­brach Za­ra­thustra den Re­den­den, wie es schwe­rer ist, recht ge­ben als recht neh­men, und dass gut schen­ken eine Kunst ist und die letz­te lis­tigs­te Meis­ter-Kunst der Güte.«

      »Son­der­lich heut­zu­ta­ge, ant­wor­te­te der frei­wil­li­ge Bett­ler: heu­te näm­lich, wo al­les Nied­ri­ge auf­stän­disch ward und scheu und auf sei­ne Art hof­fähr­tig: näm­lich auf Pö­bel-Art.

      Denn es kam die Stun­de, du weisst es ja, für den gros­sen schlim­men lan­gen lang­sa­men Pö­bel- und Skla­ven-Auf­stand: der wächst und wächst!

      Nun em­pört die Nied­ri­gen al­les Wohl­thun und klei­ne Weg­ge­ben; und die Über­rei­chen mö­gen auf der Hut sein!

      Wer heu­te gleich bau­chich­ten Fla­schen tröp­felt aus all­zu­schma­len Häl­sen: – sol­chen Fla­schen bricht man heu­te gern den Hals.

      Lüs­ter­ne Gier, gal­lich­ter Neid, ver­gräm­te Rach­sucht, Pö­bel-Stolz: das sprang mir Al­les in’s Ge­sicht. Es ist nicht mehr wahr, dass die Ar­men se­lig sind. Das Him­mel­reich aber ist bei den Kü­hen.«

      Und warum ist es nicht bei den Rei­chen? frag­te Za­ra­thustra ver­su­chend, wäh­rend er den Kü­hen wehr­te, die den Fried­fer­ti­gen zu­trau­lich an­schnauf­ten.

      »Was ver­suchst du mich? ant­wor­te­te die­ser. Du weisst es sel­ber bes­ser noch als ich. Was trieb mich doch zu den Ärms­ten, oh Za­ra­thustra? War es nicht der Ekel vor un­sern Reichs­ten?

      – vor den Sträf­lin­gen des Reicht­hums, wel­che sich ih­ren Vort­heil aus je­dem Keh­richt auf­le­sen, mit kal­ten Au­gen, gei­len Ge­dan­ken, vor die­sem Ge­sin­del, das gen Him­mel stinkt,

      – vor die­sem ver­gül­de­ten ver­fälsch­ten Pö­bel, des­sen Vä­ter Lang­fin­ger oder Aas­vö­gel oder Lum­pen­samm­ler wa­ren, mit Wei­bern will­fäh­rig, lüs­tern, ver­ge­ss­lich: – sie ha­ben’s näm­lich alle nicht weit zur Hure –

      Pö­bel oben, Pö­bel un­ten! Was ist heu­te noch »Arm« und »Reich«! Die­sen Un­ter­schied ver­lern­te ich, – da floh ich da­von, wei­ter, im­mer wei­ter, bis ich zu die­sen Kü­hen kam.«

      Also sprach der Fried­fer­ti­ge und schnauf­te sel­ber und schwitz­te bei sei­nen Wor­ten: also dass die Kühe sich von Neu­em wun­der­ten. Za­ra­thustra aber sah ihm im­mer mit Lä­cheln in’s Ge­sicht, als er so hart re­de­te, und schüt­tel­te dazu schwei­gend den Kopf.

      »Du thust dir Ge­walt an, du Berg-Pre­di­ger, wenn du sol­che har­te Wor­te brauchst. Für sol­che Här­te wuchs dir nicht der Mund, nicht das Auge.

      Auch, wie mich dünkt, dein Ma­gen sel­ber nicht: dem wi­der­steht all sol­ches Zür­nen und Has­sen und Über­schäu­men. Dein Ma­gen will sanf­te­re Din­ge: du bist kein Flei­scher.

      Viel­mehr dünkst du mich ein Pflanz­ler und Wur­zel­mann. Vi­el­leicht malmst du Kör­ner. Si­cher­lich aber bist du fleisch­li­chen Freu­den ab­hold und liebst den Ho­nig.«

      »Du er­riethst mich gut, ant­wor­te­te der frei­wil­li­ge Bett­ler, mit er­leich­ter­tem Her­zen. Ich lie­be den Ho­nig, ich mal­me auch Kör­ner, denn ich such­te, was lieb­lich mun­det und rei­nen Athem macht:

      – auch was lan­ge Zeit braucht, ein Tag- und Maul-Werk für sanf­te Müs­sig­gän­ger und Ta­ge­die­be.

      Am wei­tes­ten frei­lich brach­ten es die­se Kühe: die er­fan­den sich das Wie­der­käu­en und In-der-Son­ne-Lie­gen. Auch ent­hal­ten sie sich al­ler schwe­ren Ge­dan­ken, wel­che das Herz blähn.«

      – Wohl­an! sag­te Za­ra­thustra: du soll­test auch mei­ne Thie­re sehn, mei­nen Ad­ler und mei­ne Schlan­ge, – ih­res Glei­chen giebt es heu­te nicht auf Er­den.

      Sie­he, dort­hin führt der Weg zu mei­ner Höh­le: sei die­se Nacht ihr Gast. Und rede mit mei­nen Thie­ren vom Glück der Thie­re, –

      – bis ich sel­ber heim­kom­me. Denn jetzt ruft ein Noth­schrei Mich ei­lig weg von dir. Auch fin­dest du neu­en Ho­nig bei mir, eis­fri­schen Wa­ben-Gold­ho­nig: den iss!

      Jetzt aber nimm flugs Ab­schied von dei­nen Kü­hen, du Wun­der­li­cher! Lieb­li­cher! ob es dir schon schwer wer­den mag. Denn es sind dei­ne wärms­ten Freun­de und Lehr­meis­ter!« –

      »- Ei­nen aus­ge­nom­men, den ich noch lie­ber habe, ant­wor­te­te der frei­wil­li­ge Bett­ler. Du sel­ber bist gut und bes­ser noch als eine Kuh, oh Za­ra­thustra!«

      »Fort, fort mit dir! du ar­ger Schmeich­ler! schrie Za­ra­thustra mit Bos­heit, was verdirbst du mich mit sol­chem Lob und Schmei­chel-Ho­nig?«

      »Fort, fort von mir!« schrie er noch Ein Mal und schwang sei­nen Stock nach dem zärt­li­chen Bett­ler: der aber lief hur­tig da­von.

      Der Schatten

      Kaum aber war der frei­wil­li­ge Bett­ler da­von­ge­lau­fen und Za­ra­thustra wie­der mit sich al­lein, da hör­te er hin­ter sich eine neue Stim­me: die rief »Halt! Za­ra­thustra! So war­te doch! Ich bin’s ja, oh Za­ra­thustra, ich, dein Schat­ten!« Aber Za­ra­thustra war­te­te nicht, denn ein plötz­li­cher Ver­druss über­kam ihn ob des vie­len Zu­drangs und Ge­drängs in sei­nen Ber­gen. »Wo ist mei­ne Ein­sam­keit hin? sprach er.

      Es wird mir wahr­lich zu viel; diess Ge­bir­ge wim­melt, mein Reich ist nicht mehr von die­ser Welt, ich brau­che neue Ber­ge.

      Mein Schat­ten ruft mich? Was liegt an mei­nem Schat­ten! Mag er mir nach­lau­fen! ich – lau­fe ihm da­von. –

      Also sprach Za­ra­thustra zu sei­nem Her­zen und lief da­von. Aber Der, wel­cher hin­ter ihm war, folg­te ihm nach: so dass als­bald drei Lau­fen­de hin­ter ein­an­der her wa­ren, näm­lich vor­an der frei­wil­li­ge Bett­ler, dann Za­ra­thustra und zu­dritt und -hin­terst sein Schat­ten. Nicht lan­ge lie­fen sie so, da kam Za­ra­thustra zur Be­sin­nung über sei­ne Thor­heit und schüt­tel­te mit Ei­nem Ru­cke al­len Ver­druss und Über­druss von sich.

      »Wie! sprach er, ge­sch­a­hen nicht von je die lä­cher­lichs­ten Din­ge bei uns al­ten Ein­sied­lern und Hei­li­gen?

      Wahr­lich, mei­ne Thor­heit wuchs hoch in den Ber­gen! Nun höre ich sechs alte Nar­ren-Bei­ne hin­ter ein­an­der her klap­pern!

      Darf aber Za­ra­thustra sich wohl vor ei­nem Schat­ten fürch­ten? Auch dünkt mich zu gu­ter­letzt, dass er län­ge­re Bei­ne hat als ich.«

      Also sprach Za­ra­thustra, la­chend mit Au­gen und Ein­ge­wei­den, blieb ste­hen und dreh­te sich schnell her­um – und sie­he, fast warf er da­bei sei­nen Nach­fol­ger und Schat­ten zu Bo­den: so dicht schon folg­te ihm der­sel­be auf den Fer­sen, und so schwach war er auch. Als er ihn näm­lich mit Au­gen prüf­te, er­schrak er wie vor ei­nem plötz­li­chen Ge­s­pens­te: so dünn, schwärz­lich, hohl und über­lebt sah die­ser Nach­fol­ger aus.

      »Wer bist du? frag­te Za­ra­thustra


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