THE ASCENT - DER AUFSTIEG. Ronald Malfi
Читать онлайн книгу.dass die Initialen für Andrew Trumbauer standen – eine Schlussfolgerung, die mir niemals gekommen wäre, hätten wir uns nicht vor ein paar Monaten zufällig im Filibuster getroffen. Ein Treffen, über das ich immer noch grübeln musste.
Zwei Tage später, als Marta vorbeikam, für unsere inzwischen zum Ritual verkommenen Nachmittagsbeschäftigungen, wie das Spielen von Brettspielen oder dem Genuss einer DVD, stand der Granitblock immer noch mitten in der Wohnung, umgeben von den Überresten der Kiste. Obwohl ich versucht hatte, die herausgequollenen Styroporkügelchen sorgfältig aufzuräumen, gab es immer noch welche auf dem Boden, nur das sie inzwischen von meinen Füßen platt gedrückt waren.
»Was soll denn das darstellen?«, fragte sie und spähte mit auf den Knien gestützten Händen in die Kiste.
»Es ist dort hoch gewachsen, direkt durch den Boden hindurch.«
»Tim …«
»Also gut. Würdest du mir glauben, dass sie über Nacht von einem Haufen Elfen in meine Wohnung geliefert wurde?«
Ich wusste nicht, warum ich mich so anstellte. Womöglich missfiel mir die Vorstellung, über Andrew Trumbauer reden zu müssen. Denn das hätte bedeutet, auch über Hannah George zu reden, und Marta Cortez' Kenntnisse bezüglich meiner Ex-Frau beschränkten sich nur auf die Tatsache, lediglich von ihrer einstigen Existenz zu wissen.
Plötzlich sah sie mich aus begeisterten Augen an und klatschte begeistert in die Hände. »Sag mir, dass du wieder mit der Bildhauerei begonnen hast.«
Ich lief in die Küche und füllte zwei Becher mit Makers Mark und fügte dem Ganzen noch etwas Fruchtsaft hinzu. Ich mixte beide Drinks mit meinem Finger.
»Es ist von einem alten Freund«, sagte ich schließlich und überreichte Marta ihren Drink.
»Ich kann mich nicht daran erinnern, wann du das letzte Mal ein ernsthaftes Gespräch geführt hast.«
»Es ist aber mein Ernst. Ich habe es vor zwei Tagen erhalten.«
»Vor zwei Tagen?« Skepsis und Unglaube lagen in ihrem Blick. »Und du hast es nicht weiter, ich weiß nicht …«
»Es ist nichts weiter als ein großer Klumpen Stein. Ich weiß einfach nicht, wo ich es in meiner kleinen Wohnung unterstellen soll, ohne die Ley-Linien zu stören, die durch das Gebäude ziehen.«
»Welche Art von Freund schickt denn jemandem einen Stein?«
»Die Art, die sowohl ungemein wohlhabend als auch überaus exzentrisch ist.«
»Interessant«, sagte sie mit einem Grinsen. »Ist er Single?«
»Er ist nicht dein Typ.«
»Warum das?«
»Er ist ständig auf Achse. Wahrscheinlich hält er sich die nächsten sechs Monate in Uganda auf.«
Sie rollte die Schultern und nippte an ihrem Glas. »Du weißt, das ich es nicht mag, veralbert zu werden.«
Ich stand neben ihr und betrachtete den Granitblock. »Ich muss mir überlegen, wie ich das Teil hier rauskriege.«
»Ich vermute, es wurde dir aus einem besonderen Grund geschickt.«
»Was dir nicht alles auffällt.«
»Du wirst also die Arbeit wieder aufnehmen?«
»Mein Krankenurlaub endet erst im Frühjahr.«
»Nicht diese Arbeit.«
Immer noch den Stein prüfend, erwiderte ich: »Vielleicht sollte ich die Kunstfakultät auf dem College anrufen und sie bitten, das Teil mitzunehmen. Wer weiß, womöglich springt sogar eine Festanstellung für mich raus, bei so einer imposanten Spende.«
Doch schon am folgenden Mittwoch, umweht von einer typischen, um die Wochenmitte hin auftretenden Langeweile, fand ich mich auf einem Stuhl hockend vor dem Granitklotz wieder. Inzwischen hatte ich ihn rundherum von der Kiste befreit. Zusammen standen wir in der Mitte des Wohnzimmers. Draußen hatte sich Frost über die Scheiben geschoben und ich saß mit Hammer und Meißel in den Händen vor dem unbearbeiteten Klumpen Fels, eine Art stillen, unausgesprochenen Dialog mit ihm führend.
Das Haupt war eben und glatt poliert. Es hätte eine Abstellfläche für eine Topfpflanze sein können oder die Standfläche für eine dekorative Vase. Es hätte alles Mögliche darstellen können, und es war nicht erforderlich, ihn zu berühren. Nicht im Geringsten. Mit einem einzigen Schlag entfernte ich ein Stück aus einer Ecke. Funken sprühten und das dreieckige rausgeschlagene Stück Granit fiel zu Boden, um anschließend unter das Sofa zu rutschen. Die Muskeln in meinen Armen fühlten sich wie geschmolzene Butter an – der Aufprall beim Schlag, der nicht mit Gewalt ausgeführt worden war, jagte meine Knochen hinab bis ins Mark. Daraufhin musste ich wie irre lachen.
– 2 –
Ich war sechsundzwanzig Jahre alt und genoss mit meiner Frau unsere Flitterwochen auf San Juan, als ich Andrew Trumbauer kennenlernte.
Es war der dritte Tag am Strand. Hannah und ich hatten unseren Schnorchelgang beendet und lagen auf Handtüchern ausgestreckt im Sand, als Andrew aus dem Meer stieg. Zunächst beachtete ich ihn nicht weiter, doch während er näherkam, fiel mir sein sonderbares Grinsen auf, das mich unweigerlich an einen Totenschädel denken ließ. Er hatte eine bemerkenswert positive Ausstrahlung und sein Gang strotzte nur so vor Selbstvertrauen und Zuversicht. Er kam direkt auf uns zu.
»Heilige Scheiße«, stieß Hannah hervor. Ich glaubte, zu sehen, wie die Lippen des Fremden zur selben Zeit dieselben Worte formten. »Ich glaub's ja nicht.«
Andrews Schatten fiel auf uns und Wasser tröpfelte von seinem eben dem Meer entstiegenen Körper auf meine Beine. Er trug einen Beutel mit Hundekuchen, womit er die Fische während seines Tauchgangs zu füttern pflegte, und ich konnte mich einfach nicht von seinem Grinsen abwenden. Seine Zähne schimmerten unnatürlich weiß.
»Andrew«, platzte Hannah heraus, und sprang vom Handtuch auf direkt in seine Arme. Ihr Lachen klang für meinen Geschmack ein klein wenig hysterisch, während sie ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange gab – nichts ernsthaftes – und zu mir runterschielte. »Das ist jetzt total verrückt.«
»Allerdings«, kommentierte ich das Ganze in Ermangelung dessen, was ich eigentlich hätte sagen sollen.
»Andrew, das ist Tim, mein Freund.«
»Ehemann«, korrigierte ich sie.
»Oh!« Sie musste lachen und sah dabei einfach umwerfend aus. »Oh Gott, wir sind erst seit ein paar Tagen verheiratet. Ich habe das alles noch nicht richtig verarbeitet.«
»Ich bin Andrew Trumbauer«, sagte er – immer noch mit diesem dämlichen Grinsen – und schüttelte mir die Hand. Seine Brust glänzte unter den Wassertropfen. Eine Kette mit einem cobaltfarbenen Lapislazuli hing um seinen Hals.
»Tim Overleigh.«
»Andrew und ich waren gemeinsam auf dem College«, erzählte Hannah.
»Das gute, alte JMU. Ich war der Typ, der von sämtlichen schönen Mädchen bemitleidet wurde«, ergänzte Andrew weiterhin dümmlich grinsend. »Nicht alle hatten Mitleid. Die meisten haben mich verabscheut. Das ist wahr. So ziemlich jeder hat mich gehasst.«
Später am Abend, in einer örtlichen Kneipe, hatten wir uns auf einen Drink getroffen. Andrew hatte gewartet, bis Hannah die Toilette aufsuchte, und war mir dann praktisch ins Ohr gekrochen. Flüsternd sagte er: »Ich habe etwas für dich, das du unbedingt ausprobieren solltest.«
»Und das wäre?« Ich rechnete mit Gras, Speed, Schmerztabletten, was auch immer gegenwärtig dem lokalen Drogentrend entsprach.
»Fliegen«, antwortete er, was meine Neugier verstärkte. »Magst du fliegen?«
»Sorry, Mann, dass ich deinen Enthusiasmus dämpfen muss, aber ich bin bereits geflogen.«
»Wirklich?«
»Durch meine gesamte