Tom Sawyers Abenteuer und Streiche, Tom Sawyer als Detektiv & Huckleberry Finns Fahrten (Illustrierte Ausgabe). Марк Твен

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Tom Sawyers Abenteuer und Streiche, Tom Sawyer als Detektiv & Huckleberry Finns Fahrten (Illustrierte Ausgabe) - Марк Твен


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Stimmen völlig. Indessen drangen sie doch nacheinander durch und suchten Schutz unter dem Zelt, kalt, zitternd und triefend von Wasser. Gesellschaft im Unglück zu haben, schien ihnen alles erträglicher zu machen.

      Sie konnten nicht sprechen, das alte Segel schlug zu wahnsinnig, selbst wenn die anderen Stimmen es ihnen erlaubt hätten. Der Sturm stieg höher und höher, und plötzlich flog das Segel, aus seinen Klammern losgerissen, auf den Flügeln des Windes davon. Die Knaben faßten sich an den Händen und flohen, stolpernd und sich wund stoßend, in den Schutz einer großen Eiche, die am Flußufer stand. Jetzt war der Kampf auf seinem Höhepunkt angelangt. Bei dem unaufhörlichen Leuchten, das den Himmel in Flammen setzte, trat alles rund umher in grelles, schattenloses Licht; die sich beugenden Bäume, der wogende, von Schaum weißgefärbte Strom, das treibende Flußwasser. Die steilen Felsenufer auf der anderen Seite schauten zuweilen durch die Regenwolken. Alle Augenblicke erlag ein Baumriese der Gewalt und brach krachend durch das Unterholz. Und die furchtbaren Donnerschläge folgten sich in ohrenzerreißendem, explosionsähnlichem Schmettern, scharf und krachend und unbeschreiblich ängstigend. Der Sturm erhöhte sich zu beispielloser Wut, die die ganze Insel in Stücke reißen, sie zu verbrennen, bis zu den Baumwipfeln versenken und jedes Lebewesen auf ihr vernichten zu wollen schien, alles gleichzeitig und in einem Augenblick. Es war eine schreckliche Nacht für heimatlose junge Herzen.

      Aber endlich hatte der Kampf ausgetobt, die Naturkräfte ruhten, schwächer und schwächer tönend und brummend — Friede herrschte. Die Jungen schlichen zum Lager zurück — nicht wenig eingeschüchtert. Und doch fanden sie dort, daß sie alle Ursache hatten, dankbar zu sein, denn die große Sykomore, die Beschützerin ihres Lagers, war jetzt eine Ruine, vom Blitz zerschmettert — und sie waren während der Katastrophe nicht darunter gewesen.

      Alles im Lager war durchnäßt, das Feuer erloschen; denn sie waren leichtsinnige Herumtreiber, wie alle ihresgleichen, und hatten keine Vorsichtsmaßregeln gegen den Regen getroffen. Das war sehr ärgerlich, denn sie waren durchweicht und verfroren. Sie fingen an, über ihr Mißgeschick zu jammern; aber plötzlich entdeckten sie, daß das Feuer sich an dem Baum, unter dem es gebrannt hatte, so weit hinauf fortgepflanzt hatte, daß eine Handbreit oder so erhalten geblieben war und noch schwach glimmte. Sie belebten es geduldig mit Zweigen und Rinde des umgestürzten Baumes, bis sie es wieder ordentlich entfacht hatten. Sie trockneten ihren gekochten Schinken und hielten eine Mahlzeit ab, und dann saßen sie am Feuer und verbreiteten sich über ihre nächtlichen Abenteuer und schmückten sie aus bis zum Morgen, denn es gab kein trockenes Plätzchen in der ganzen Umgebung, wo sie hätten ruhen können.

      Als die Sonne auf die Knaben zu scheinen begann, überwältigte sie die Müdigkeit, und sie gingen zur Sandbank und legten sich zum Schlaf nieder. Allmählich wurden sie von der Sonne geröstet und machten sich daher in trüber Stimmung ans Frühstück. Sie fühlten sich übellaunig und steif in allen Gliedern und hatten Heimweh, mehr als je. Tom erkannte die Anzeichen davon und versuchte, die Piraten, so gut er es vermochte, aufzuheitern. Aber sie kümmerten sich den Teufel um Murmeln, Zirkus, Schwimmen oder sonst was. Er erinnerte sie an das großartige Geheimnis und erzielte einen Schimmer von Frohsinn. So lange der anhielt, suchte er sie für ein neues Spiel zu interessieren. Es war, für eine Weile das Piratenspielen aufzugeben und zur Abwechselung mal Indianer zu sein. Sie waren von der Idee begeistert; und so dauerte es nicht lange, da waren sie tätowiert, tätowiert von Kopf bis zu Fuß mit schwarzem Schmutz, gleich den Zebras, alle natürlich Häuptlinge, und dann rannten sie heulend durch die Wälder, um englische Niederlassungen anzugreifen.

      Dann trennten sie sich in drei feindliche Stämme und stürzten aus Hinterhalten mit schrecklichem Kriegsgeschrei aufeinander los und töteten einander tausendweise. Es war ein blutiger Tag. Darum war es ein befriedigender.

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      Zur Mittagszeit versammelten sie sich wieder im Lager, hungrig und glücklich. Aber jetzt zeigte sich ein Hindernis — feindliche Indianer konnten das Friedensbrot nicht miteinander brechen, ohne erst Frieden zu machen, und das war einfach unmöglich, ohne eine Friedenspfeife zu rauchen. Es gab keinen anderen Weg, von dem sie je gehört hätten. Zwei von den Wilden wünschten jetzt, immer Piraten geblieben zu sein. Indessen — es war nichts zu machen, so forderten sie denn mit so viel Unbefangenheit, als sie auftreiben konnten, die Pfeifen, und taten, wie es sich gehört, einen Zug daraus.

      Und wie glücklich waren sie dann, daß sie Wilde geworden waren; denn sie hatten dadurch etwas gewonnen. Sie merkten, daß sie jetzt ein bißchen rauchen konnten, ohne fortgehen und ein verlorenes Messer suchen zu müssen. Es wurde ihnen nicht mehr so schlecht, daß es ihnen Unannehmlichkeiten bereitet hätte. Sie hatten aber keine Lust, diese stolze Errungenschaft aus Mangel an Übung wieder zu verlieren: o nein, sie übten sie nach dem Essen mit recht schönem Erfolg, und so verbrachten sie einen herrlichen Abend.

      Sie waren mit ihrer neuen Kunst stolzer und glücklicher, als wenn sie sechs Indianerstämme skalpiert und hingeschlachtet hätten. Lassen wir sie schmauchen, plaudern und prahlen — denn wir haben im Augenblick nichts mehr mit ihnen zu schaffen.

      Achtzehntes Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Im Dorfe herrschte indessen an jenem friedlichen Samstag nachmittag durchaus nicht besondere Heiterkeit. Harpers und Tante Pollys Familie waren in Trauer und Kummer und vielen Tränen.

      Ungewöhnliche Ruhe lag über dem Ort, obwohl es auch sonst still genug herzugehen pflegte. Mit zerstreuter Miene gingen die Einwohner ihren Geschäften nach und sprachen wenig; aber sie seufzten oft. Der freie Samstag erschien eine Last für die Kinder. Sie hatten kein Herz für ihre Spiele und gaben sie schließlich ganz auf.

      Nachmittags begab sich Becky Thatcher in trüber Stimmung auf den verlassenen Schulhof und fühlte sich sehr einsam. Aber sie fand dort nichts, was sie hätte aufheitern können.

      „O, wenn ich doch seinen alten Messingknopf wiederfinden könnte,“ seufzte sie halblaut. „Jetzt hab‘ ich gar nichts zur Erinnerung an ihn!“ Und sie schluckte ein paar Tränen hinunter.

      Plötzlich blieb sie stehen und flüsterte: „Grad‘ hier war‘s. Ach Gott, wenn ich‘s nochmal tun sollte, ich würd‘s nicht sagen — ich würd‘s nicht sagen für die ganze Welt! Aber er ist jetzt fortgegangen — und ich werd‘ ihn nie — nie wiedersehen —“

      Dieser Gedanke ließ sie zusammenbrechen, sie schlich fort, während die Tränen ihr über die Backen niederflossen.

      Dann kam ein Haufe Buben und Mädel — Spielkameraden von Tom und Joe, — schauten über den Zaun und besprachen in halbem Ton, wie Tom dies und das tat in der letzten Zeit, wo sie ihn gesehen hatten, und wie Joe diesen und jenen nebensächlichen Ausspruch getan hatte (mit unheimlichem Voraussehen der Ereignisse, wie sie jetzt wußten!) — und jeder Sprecher bezeichnete ganz genau die Stelle, wo die vermißten Flüchtlinge damals gestanden hatten, und dann fügten sie hinzu: „und ich stand gerad so, gerad wie ich jetzt steh‘, und als wenn du er wärest, und ich hab‘ genau auf alles geachtet, und er lächelte — genau so — und dann überlief es mich ordentlich, ganz — schreck — lich, ihr wißt ja auch, und ich konnt‘ mir gar nicht denken, was es sein könne, aber jetzt weiß ich‘s.“

      Darauf erhob sich ein Streit, wer die toten Jungen zuletzt gesehen habe, viele erhoben diesen traurigen Anspruch und boten Beweise, mehr oder weniger durch Zeugen erhärtet, an; und als endgültig festgestellt war, wer sie in der Tat zuletzt gesehen und die letzten Worte mit ihnen gewechselt hatte, bekamen die Betreffenden dadurch eine Art geheiligter Bedeutung und wurden von allen angestaunt und beneidet. Ein armer, kleiner Bursche, der niemals besonders beachtet worden war, sagte, mit ordentlich stolzem Ausdruck: „Na, mich hat Tom Sawyer mal geprügelt!“

      Aber dieser Ruhm war sehr vergänglich. Die meisten der Jungen konnten das sagen, und das verringerte die Auszeichnung doch sehr. Die Gesellschaft trollte sich, mit halber Stimme noch weiter Erinnerungen an die verlorenen Helden austauschend.


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