Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke. Rainer Maria Rilke

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Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke - Rainer Maria  Rilke


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war ich feierlich und froh

       wie die schönen Engelscharen,

       die um deine Wunder waren:

       ... meine Mutter glich dir so...

       Und ich bin erst traurig, seit

       ihre Küsse mir verblassten;

       und mein Horchen und mein Hasten

       und mein Ahnen ist ein Tasten

       nach der neuen Zärtlichkeit.

      Sie sagen alle: Du hast Zeit

       Inhaltsverzeichnis

      Sie sagen alle: Du hast Zeit,

       was kann fehlen, Kind? -

       Mir fehlt ein goldenes Geschmeid.

       Ich kann nicht gehn im Kinderkleid,

       wenn alle schon so brautbereit

       und hell und hellig sind.

       Nicht fehlt mir, als ein wenig Raum,

       ich bin in einem Bann,

       und immer enger wird mein Traum.

       Nur Raum, dass aus dem Seidensaum

       ich hoch bis in den Blütenbaum

       die Hände heben kann...

      Wird dieses ungestüme, wilde Hinsehen meinen Schwestern schwer

       Inhaltsverzeichnis

      Wird dieses ungestüme, wilde

       Hinsehen meinen Schwestern schwer,

       so flüchten sie zu deinem Bilde,

       und du entbreitest dich, du Milde,

       und bist vor ihnen wie das Meer.

       Und du flutest ihnen sanft entgegen,

       sie retten sich auf deinen Wegen

       in deine Tiefen hin - und sehn,

       wie sich die Wünsche leiser legen

       und als ein blauer Sommerregen

       auf weichen Inseln niedergehn.

      Ich aber fühle, wie ich wärmer und wärmer werde

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      Nach den Gebeten: Ich aber fühle, wie ich wärmer und wärmer werde, Königin, - und dass ich jeden Abend ärmer und jeden Morgen müder bin. Ich reiße an der weißen Seide, und meine scheuen Träume schrein: Oh, lass mich Leid von deinem Leide, oh, lass uns beide wund von demselben Wunder sein!

      Unsere Träume sind Marmorhermen

       Inhaltsverzeichnis

      Unsere Träume sind Marmorhermen,

       die wir in unsere Tempel stellen,

       und sie mit unseren Kränzen erhellen

       und sie mit unseren Wünschen erwärmen.

       Unsere Worte sind goldene Büsten,

       die wir in unsere Tage tragen, -

       die lebendigen Götter ragen

       in der Kühle anderer Küsten.

       Wir sind immer in Einem Ermatten,

       ob wir rüstig sind oder ruhn,

       aber wir haben strahlende Schatten,

       welche die ewigen Gesten tun.

      Es ist noch Tag auf der Terrasse

       Inhaltsverzeichnis

      Es ist noch Tag auf der Terrasse.

       Da fühle ich ein neues Freuen:

       wenn ich jetzt in den Abend fasse,

       ich könnte Gold in jede Gasse

       aus meiner Stille niederstreuen.

       Ich bin jetzt von der Welt so weit.

       Mit ihrem späten Glanz verbräme

       ich meine ernste Einsamkeit.

       Mir ist, als ob mir irgendwer

       jetzt leise meinen Namen nähme,

       so zärtlich, dass ich mich nicht schäme

       und weiß: ich brauche keinen mehr.

      Das sind die Stunden, da ich mich finde

       Inhaltsverzeichnis

      Das sind die Stunden, da ich mich finde.

       Dunkel wellen die Wiesen im Winde,

       allen Birken schimmert die Rinde,

       und der Abend kommt über sie.

       Und ich wachse in seinem Schweigen,

       möchte blühen mit vielen Zweigen,

       nur um mit allen micht einzureigen

       in die einige Harmonie...

      Der Abend ist mein Buch

       Inhaltsverzeichnis

      Der Abend ist mein Buch. Ihm prangen

       die Deckel purpurn in Damast;

       ich löse seine goldnen Spangen

       mit kühlen Händen, ohne Hast.

       Und lese seine erste Seite,

       beglückt durch den vertrauten Ton, -

       und lese leiser seine zweite,

       und seine dritte träum ich schon.

      Oft fühl ich in scheuen Schauern

       Inhaltsverzeichnis

      Oft fühl ich in scheuen Schauern,

       wie tief ich im Leben bin.

       Die Worte sind nur die Mauern.

       Dahinter in immer blauern

       Bergen schimmert ihr Sinn.

       Ich weiß von keinm die Marken,

       aber ich lauch in sein Land.

       Hör an den Hängen die Harken

       und das Baden der Barken

       und die Stille am Strand.

      Und so ist unser erstes Schweigen

       Inhaltsverzeichnis

      Und so ist unser erstes Schweigen:

       wir schenken uns dem Wind zu eigen,

      


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