Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke. Rainer Maria Rilke

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Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke - Rainer Maria  Rilke


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und horchen in den Mai hinein.

       Da ist ein Schatten auf den Wegen,

       wir lauschen, - und es rauscht ein Regen:

       ihm wächst die ganze Welt entgegen,

       um seiner Gange nah zu sein.

      Aber der Abend wird schwer

       Inhaltsverzeichnis

      Aber der Abend wird schwer:

       Alle gleichen verwaisten

       Kindern jetzt; die meisten

       kennen einander nicht mehr.

       Gehn wie in fremdem Land

       langsam am Häuserrand,

       lauschen in jeden Garten, -

       wissen kaum, dass sie warten,

       bis das Eine geschieht:

       Unsichtbare Hände heben

       aus einem fremden Leben

       leise das eigene Lied.

      Wir sind ganz angstallein

       Inhaltsverzeichnis

      Wir sind ganz angstallein,

       haben nur an einander Halt,

       jedes Wort wird wie ein Wald

       vor unserm Wandern sein.

       Unser Wille ist nur der Wind,

       der uns drängt und dreht;

       weil wir selber die Sehnsucht sind,

       die in Blüten steht.

      Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort

       Inhaltsverzeichnis

      Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.

       Sie sprechen alles so deutlich aus:

       Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,

       und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

       Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,

       sie wissen alles, was wird und war;

       kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;

       ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

       Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.

       Die Dinge singen hör ich so gern.

       Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.

       Ihr bringt mir alle die Dinge um.

      Nenn ich dich Aufgang oder Untergang

       Inhaltsverzeichnis

      Nenn ich dich Aufgang oder Untergang?

       Denn manchmal bin ich vor dem Morgen bang

       und greife scheu nach seiner Rosen Röte -

       und ahne eine Angst in seiner Flöte

       vor Tagen, welche liedlos sind und lang.

       Aber die Abende sind mild und mein,

       von meinem Schauen sind sie still beschienen;

       in meinem Armen schlafen Wälder ein, -

       und ich bin selbst das Klingen über ihnen,

       und mit dem Dunkel in den Violinen

       verwandt durch all mein Dunkelsein.

      Senke dich, du langsame Serale

       Inhaltsverzeichnis

      Senke dich, du langsame Serale,

       das aus feierlichen Fernen fließt.

       Ich empfange dich, ich bin die Schale,

       die dich fasst und hält und nicht vergießt.

       Stille dich und werde in mir klar,

       weite, leise, aufgelöste Stunde.

       Was gebildet ist auf meinem Grunde,

       lass es sehn. Ich weiß nicht, was es war.

      Kann mir einer sagen

       Inhaltsverzeichnis

      Kann mir einer sagen, wohin

       ich mit meinem Leben reiche?

       Ob ich nicht auch noch im Sturme streiche

       und als Welle wohne im Teiche,

       und ob ich nicht selbst noch die blasse, bleiche

       frühlingsfrierende Birke bin?

      Wie wir auch alles in der Nacht benannten

       Inhaltsverzeichnis

      Wie wir auch alles in der Nacht benannten, -

       nicht unser Name macht die Dinge groß:

       es kommen Pfeile, stark und atemlos,

       aus Bogen, welche sich zu Spielen spannten.

       Und so Pilger, welche unvermutet,

       da eines letzten Vorhangs Falten fielen,

       den Altar schaun, darauf der Becher Blutet,

       und nicht mehr rückwärts können aus dem Heile:

       so in die Kreise stürzen sich die Pfeile

       und stehen zitternd mitten in den Zielen.

      Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt

       Inhaltsverzeichnis

      Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt,

       wo nach stummen Gesetzen

       sich die Gassen mit Gassen vernetzen

       und sich Plätze füeen zu Plätzen,

       und die bald an die tausend Türme hat.

       Aber die Häuser der schwarzen Stadt, -

       du weißt nicht, wer darin siedelt.

       In ihrer Gärten schweigendem Glanz

       reihen sich reigende Träume zum Tanz, -

       und du weißt nicht, wer ihnen fiedelt...

      Auch du hast es einmal erlebt

       Inhaltsverzeichnis

      Auch du hast es einmal erlebt, ich weiß:

       Der Tag ermattete in armen Gassen,

       und seine Liebe wurde zweifelnd leis -

       Dann


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