Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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ich rede. Bist ein gutes Madl. Des beste, was mein Emil hat kriegen können. I werd mit meinem Bub sprechen. Es wird alles in Ordnung kommen.«

      Ruth wischte sich eine Träne aus den Augen.

      Die Tür ging auf, und Emil trat ein.

      »I hab’s auf der Alm net länger ausgehalten. Der Vater war so aufgeregt. I hab’ mir Sorgen gemacht.«

      Die strahlenden Gesichter verwirrten ihn noch mehr.

      »Mei, hier stimmt doch was net. Kann mir des einer jetzt mal erklären?«

      Ruth trat zu ihrem Mann.

      »Emil, dein Vater hat geheiratet. Das ist Agnes, seine Jugendliebe.«

      »Und wo ist sie plötzlich hergekommen? Vater, du hast nie etwas gesagt!«

      »Agnes ist Claras Großmutter!« platzte Bianca heraus.

      Emil Fuchsbichler wurde ganz blaß. Er sah seine Frau an, dann seinen Vater, dann Clara. Ruth schob ihren Arm unter den Arm ihres Mannes.

      »Dann war’s doch der Name Fuchsbichler, der die Clara so erschreckt hat. Da muß doch irgend was dahinterstecken. Vater, wie is das?«

      »Komm mit, Emil!« sagte Ruth zärtlich zu ihrem Mann.

      Sie gingen hinaus.

      »Bruno, ich will sofort zu Bruno!« jammerte Clara.

      Urban Fuchsbichler legte seiner Enkelin die Hand auf die Schulter.

      »Zehn Minuten wirst schon noch warten müssen, Clara. Kannst du es noch so lange aushalten?«

      »Kommt Bruno? Ist er in zehn Minuten da?«

      »Nein! Aber du wirst in zehn Minuten bei ihm sein.«

      Urban Fuchsbichler ging zum Telefon. Er rief Leonhard Gasser an.

      »Leo, ich hab’ eine Spezialaufgabe für euch. Ihr müßt jemanden retten und abtransportieren.«

      Urban lauschte.

      »Des Madl, des ihr retten müßt, des is die Braut von meinem Bruno. Des Madl liegt verzweifelt auf der Wiese südlich vom Fuchsbichler Hof. Da könnt ihr doch gut landen mit dem Hubschrauber. Des Mald muß rauftransportiert werden auf die Berghütte. Die Clara braucht sofort die dünne Bergluft. Des is gut für ihr Herz. Der Bruno is oben auf der Berghütte. Der kann dann Mund-zu-Mund-Beatmung machen, wenn’s denn notwendig sein sollte. Verstehst, wie i des mein?«

      Urban Fuchsbichler lauschte.

      »Mei, i weiß, daß des teuer wird, Leo. Solche Spezialtransporte, die kosten eben ihr Geld. I hab’ heut schon den Anstrich für das Feuerwehrhaus gespendet, dem Pfarrer Zandler einen Innenanstrich für die Kirche versprochen. Da laß i mich net lumpen, wenn’s um die Bergwacht geht. I leg jetzt auf. Grüß Gott, Leo!«

      »Das wird teuer für dich, Urban!«

      »Des letzte Hemd hat keine Taschen, Agnes! Des is heut ein ganz besonderer Tag. Bis jetzt war er ein Glückstag. Wollen wir hoffen und beten, daß er so bleibt. I mach mir ein bissel Sorgen um den Emil und die Ruth.«

      Agnes streichelte Urbans Wange.

      »Da kannst nix machen, Urban. Warten wir es ab! Die Ruth wird sicherlich die richtigen Worte finden.«

      Draußen war schon das Geräusch des Hubschraubers zu hören. Clara griff nach ihrer Jacke und rannte los. Dann drehte sie sich noch einmal um und kam zurück.

      »Rufst du Mama, Papa und Stephan an?«

      »Nun lauf schon, Clara! Ich rufe sie später an.«

      »Bist ein Schatz, Großmutter!«

      Sie standen vor dem Haus und schauten dem Hubschrauber nach, wie er mit Clara an Bord davonschwebte.

      *

      Ruth hatte ihren Mann Emil in den Garten hinter das Haus geführt. Weit hinten stand eine idyllische Gartenlaube.

      Sie setzten sich auf die Bank.

      »Mein Vater hat wirklich geheiratet? So schnell? I kann’s gar net glauben.«

      Ruth schaute ihren Mann liebevoll an.

      »Agnes war die erste und wirklich einzige große Liebe deines Vaters. Sie kam aus einfachen Verhältnissen. Das waren arme Leute und sie hatte viele Geschwister. Als junges Mädchen kam sie nach der Schule auf den Fuchsbichler Hof. Sie und dein Vater fanden Gefallen aneinander. Sie konnten ihre Liebe jahrelang verbergen. Die beiden müssen dann so um die zwanzig gewesen sein, als auch deinem Urgroßvater und Großvater klar wurde, daß es eine ernste Angelegenheit zwischen den beiden ist. I hab’ mit unserem alten Knecht gesprochen. Er kann sich an Details nicht mehr im einzelnen erinnern. Doch dein Urgroßvater muß ein wirklicher Tyrann und Menschenschinder gewesen sein. Er duldete zwar Urban den Umgang mit Agnes. Doch des war nur so, daß der Urban eben Erfahrungen sammeln sollte. Du verstehst?«

      »Des war früher so!«

      »Dann hat er gemerkt, daß es ernst war mit den beiden. Die Agnes wurde vom Hof gejagt und verschwand. Dein Vater hat seinem Großvater des nie verziehen und den Hof verlassen, bis der Alte auf dem Gottesacker lag. Urban is mit Einverständnis seiner Eltern gegangen, die sich gegen den Alten net wehren konnten. Der Urban hat die Agnes gesucht und dann später deine Mutter geheiratet. Er konnte die Agnes nie vergessen und sie ihn auch net. Die Clara hat Liebesbriefe gefunden, die ihre Großmutter versteckt hatte. Heimlich is die Clara dann nach Waldkogel gefahren. Sie wollte den Urban Fuchsbichler suchen.«

      »Dann ist der Clara unser Bruno über den Weg gelaufen, und da hat gleich der Blitz eingeschlagen, bei den beiden.«

      »Ja, so ist es gewesen. Bei dem Sturm der Gefühle haben die beiden net darüber geredet, wie der Bruno mit Nachnamen heißen tut und wie sein Großvater mit Vornamen gerufen wird.«

      »Des hat die Clara erst auf dem Hof erfahren. Da is des Madl umgekippt. Die war im Schock.«

      »Ja, so war das!«

      Emil Fuchsbichler rieb sich das Kinn. Dann steckte er die Hände in die Hosentaschen und lehnte sich zurück. Er schloß die Augen. Ruth beobachtete ihn. Endlich fragte er ganz leise:

      »Ruth, wie ist des? Es könnt doch sein, daß des Techtelmechtel zwischen meinem Vater und der Agnes net ohne Folgen geblieben is. Nur so könnt i die heftige Reaktion von der Clara verstehn. I mein, daß dann die Clara die Enkelin von meinem Vater wär. Schon mich net, Ruth! I muß des wissen.«

      »Agnes hat eine Tochter aus der Liebschaft mit deinem Vater. Urban wußte aber nichts von seiner Tochter Ursula. Agnes hatte ihr auch nie von Urban erzählt.«

      »Mei, da habe ich eine Halbschwester.«

      Sie schwiegen eine Weile.

      Emil nahm eine Prise Schnupftabak.

      Endlich sagte er:

      »Dann hat die Clara annehmen müssen, daß unser Bruno der andere Enkel ihres Großvaters is.«

      »Ja, das hat sie! So war es!«

      Emil Fuchsbichler griff nach Ruths Hand.

      »Soweit ist alles klar! Jetzt geht’s weiter! Die Clara schien mir jetzt aber net mehr traurig und verzweifelt. Des kann doch nur bedeuten, daß trotz allem einer Heirat der beiden nix mehr im Weg stehen tut, Ruth.«

      Ruth verstand die indirekte Frage. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Ihr Herz klopfte wild. Sie war froh, als Emil weitersprach:

      »Ich könnt es auch noch deutlicher formulieren. Des will ich aber net. Manche Sachen soll man net ansprechen. Die werden davon net besser. I hab’ all die Jahre mir so meine Gedanken gemacht, wenn i manchmal dem Bruno so nachgeschaut hab’. Er hat nix von mir. Trotzdem lieb i den Bub. I dank dir, daß du mir des Geschenk gemacht hast. Wir haben ja keine weiteren Kinder bekommen. Des liegt wohl daran, daß i keine Kinder zeugen kann, sonst müßt der Fuchsbichler Hof vor lauter Kinder überquellen, vor lauter Lieb. Verstehst?«


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