Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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vielleicht gestaunt!«

      »Die moderne Küchenzeile an dieser Wand harmoniert gut mit den alten Bauernmöbeln im Raum, dem kleinen Küchenschrank dort, der schönen Truhe vor dem Fenster, der Sitzgruppe mit der Eckbank. Das hast du gut ausgesucht.«

      Victor strahlte, besonders als Karin hinzufügte. »Meine Küche…«

      Dann brach sie den Satz ab und begann ihn neu.

      »Also die Küche, in der Wohnung, in der ich mit Pierre wohnte, war nicht so gemütlich. Die hatte Pierre ausgesucht. Sie war sehr teuer gewesen mit all dem Schnickschnack. Es gab sogar einen Weinschrank zum Lagern der Weine, damit die immer bei gleicher Temperatur lagerten.«

      »So Leut wie dieser Pierre, die brauchen so etwas. Es mag ja auch ganz praktisch sein, wenn man viel Wein trinkt und keinen Keller hat. Wir haben einen Keller. Da lagert der Vater auch ein paar Flaschen Wein. Aber in der Hauptsache sind wir beiden Männer auf dem Reichler Hof Biertrinker. Die Brauerei bringt alle paar Wochen ein kleines Fäßchen. Des steht dann dort auf dem Bock. Wenn es leer ist, wird ein anderes bestellt.«

      Victor, der sonst eher wortkarg war, kam ins Reden. Es tat ihm gut, sich mit Karin zu unterhalten. Er erzählte ihr vom Hof, von der Alm und von den Tieren. Vor allem berichtete er davon, daß der Reichler Hof bald das Ökosiegel erhalten würde. Karin hörte aufmerksam zu und stellte Fragen, wenn sie etwas nicht verstand.

      »Ich würde dir gern mal unsere Alm zeigen, doch mit dem Knöchel wird es noch etwas dauern.«

      »Wir könnten doch den Traktor nehmen und rauffahren. Einen Traktor zu fahren, dürfte doch nicht all zu schwer sein. Ich kann ja auch Auto fahren. Ein Traktor ist nur viel größer, hat unterschiedliche Rädergrößen und fährt langsamer. Aber er hat einen Motor, ein Lenkrad und trinkt Diesel, genau wie mein kleines altes Auto.«

      Victor sah sie begeistert an.

      »Du scheinst vor nix und niemand zurückzuschrecken, Karin? Des gefällt mir.«

      »Ja, das stimmt. Solange es sich dabei nicht um Pierre Kessler handelt, habe ich wenig Hemmungen. Wir müssen ja nichts überstürzen. Ich komme jetzt erst mal abends vorbei und helfe dir.«

      Die Turmuhr schlug schon Mitternacht.

      »Wir haben total die Zeit vergessen, Victor. Ich muß jetzt gehen. Die Meta wird sich Sorgen machen. Die geht bestimmt erst schlafen, wenn ich zurück bin. Die Mutter vom Toni ist eine ganz liebe Frau. Sie sorgt sich ein bißchen um mich, daß ich auch nicht unter die Räder komme.«

      Victor zögerte. Er überlegte.

      »Gut, dann bring i dich jetzt zu den Baumbergers.«

      »Wie willst dann wieder zurückkommen?«

      »I hab’ noch mein altes Motorrad. Des kann i fahren. Den Anlasser kann mit dem Fuß runterdrücken und der Rest macht man mit den Händen.«

      Er fragte nicht, ob es Karin auch angenehm wäre. Er ging enfach hinaus. Karin räumte noch den Tisch ab.

      Dann hörte sie das typische Motorengeräusch eines Motorrades vor der Haustür. Victor hielt Karin einen Helm hin.

      »Deinen Knoten mußt auf machen. So wird es nicht gehen.«

      Er sah zu, wie Karin die Haarnadeln aus dem Knoten löste, mit dem sie den Zopf aufgesteckt hatte.

      »Hast schönes Haar, Karin!« sagte er kurz und fügte gleich hinzu: »Steig auf und halte dich an mir fest. Am Besten greifst von hinten um mich herum.«

      Karin zog den Helm auf, setzte sich hinter Victor auf das Motorrad und legte ihre Arme vorsichtig von hinten um ihn. Er nahm ihre Hände und zog daran, so daß ihr nichts anders übrig blieb, als sich an seinen Rücken zu pressen.

      »Halt dich nur fest, i beiß dich net.«

      Dann fuhr er vom Hof.

      Karin wußte unterwegs nicht, was ihr mehr Angst machte, wie sich Victor mit dem Motorrad in die Kurven legte oder daß sie seinen Körper durch die Kleidung fühlte. Sie preßte ihr Gesicht gegen seinen Rücken und suchte Schutz vor dem Fahrtwind. Ihr Herz klopfte wild.

      Viel zu früh war die Fahrt zu Ende. Karin war schon abgestiegen, als Meta und Xaver aus dem Haus kamen.

      »Da bist ja endlich, Madl. Wir haben uns Sorgen gemacht, wo du bleibst.«

      »Grüß Gott, Baumbergerin! Servus, Bauer! Die Karin war bei mir auf dem Hof. Wir haben uns noch ein bisserl unterhalten. Da ist es spät geworden. Deshalb dacht i, i bring das Madl. Sie hat zwar ein Auto, des jetzt bei uns auf dem Hof steht. Doch es schickt sich net, daß ein Madl nachts allein heimfährt.«

      Karin gab Victor den Motoradhelm zurück.

      »Ah, da is noch etwas. Wenn die Karin die nächsten Tag abends später kommt, müßt ihr euch keine Sorgen machen, Baumbergerin. Die Karin, die hilft mir ein bisserl auf dem Hof abends, bis mein Knöchel wieder geheilt is.«

      »Du hattest Besuch, Karin!« sagte Meta unvermittelt.

      »Ich weiß! Pierre kam auch zum Reichler Hof.«

      »So schnell wie er kam, so schnell war er auch wieder fort. Des ging alles ruck, zuck!« kommentierte Victor und ergänzte: »Der wird auch nicht mehr kommen, denk i.«

      Es war gut, daß es Nacht war und niemand in der Dunkelheit erkennen konnte, daß Karin rot wurde.

      Sie verabschiedeten sich. Es war nicht üblich, daß man sich unter Waldkogelern jedesmal die Hand reichte zum Abschied. Nur von Karin verabschiedete sich Victor mit Handschlag. Dabei hielt er Karins Hand auf einen Augenblick länger als üblich fest.

      Karin schaute ihm noch nach, als der das Motorrad wendete und die Straße zurückfuhr. Auch als sie das Rücklicht des Motorrades nicht mehr sehen konnte, lauschte sie in die Stille der Nacht hinein nach dem Geräusch des Motorrades.

      Dann ging sie schnell hinein auf ihr Zimmer.

      Meta warf ihr einen fragenden Blick zu. Aber Karin wollte nichts sagen. Sie wünschte nur gute Nacht und stieg die Treppe hinauf. Bald darauf fiel sie in einen tiefen traumlosen Schlaf.

      *

      Die nächsten beiden Wochen verliefen ruhig. Karin ließ ihr Auto bei den Baumbergers stehen. Es war so, daß Victor sie jeden Abend mit dem Motorrad zurückbrachte. So lief Karin jeden Morgen zu Fuß in die Praxis. Unterwegs kehrte sie bei Victor ein und wechselte den Verband. Der Knöchel hatte sich sehr gebessert. Eigentlich hätte sie die Behandlung abbrechen können. Victor konnte wieder gut laufen und machte fast alle Arbeiten auf dem Hof wieder allein. Sie wußte aber, daß er sich gerne von ihr behandeln ließ. Wenn sie wieder auf der Berghütte war, würde das von allein enden. Sie spielte das Spiel mit.

      Wenn sie abends kam, um ihm zu helfen, versorgten sie zusammen nur noch die Hühner und die Gänse. Dann saßen sie auf der Bank vor dem Haus oder im Garten und redeten.

      »Ab morgen komme ich nicht mehr, Victor«, sagte Karin eines Abends. »Martins neue Sprechstundenhilfe kam heute. Ich habe ihr alles gezeigt. Es war mein letzter Tag in der Praxis. Es wurden nun doch ein paar Tage mehr, als ich mir vorgenommen hatte. Doch das ist nicht schlimm. Ich hatte dir ja versprochen, jeden Abend zu helfen, dazu mußte ich ja unten im Dorf sein. Doch jetzt ist damit Schluß. Dein Fuß ist geheilt. Die paar farbigen Stellen verblassen bald. Und laufen kannst du auch wieder wie ein junger Gott.«

      »Also, ich meine, daß die Behandlung noch fortgesetzt werden sollte.«

      »Victor, keine Tricks! Weder ich noch Martin glauben, daß du noch Schmerzen hast.«

      »Du wärst doch nicht gekommen, wenn ich das zugegeben hätte oder?«

      »Warum hast du es nicht drauf ankommen lassen und mich gefragt?«

      Victor schwieg eine ganze Weile. Sie saßen auf der Bank im Garten unter dem Kirschbaum.

      »Es war schön mit dir, Karin! I dank dir schön. Aber alles Schöne geht einmal zu Ende«, sagte er dann endlich leise.


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