Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Die Rosen und der Ring, daß war die völlig falsche Ausstattung. Das ist, als würde jemand Smoking oder Frack als Bergsteigermontur wählen. #Dann legte ich noch Eile und Hektik an den Tag. Ich mußte ja scheitern. Was meinst, wie steht es mit dem Wetter in meiner Sache?«

      Toni schmunzelte.

      »Das Unwetter habt ihr ja schon hinter euch. Du bist aus der Lawine auch wieder rausgekrochen. Jetzt hast du Erfahrung. Zeit zum Nachdenken hast du auch gehabt. Schlimmer kann das Wetter net mehr werden, denke ich. Doch gehe vorsichtig vor, Gino. Sei sachte und behutsam. Setze deinen Fuß erst einen Schritt weiter, wenn du weißt, daß der Fels unter deiner Sohle nicht wegbricht. Seile dich immer an.«

      Dann lachte Toni laut auf.

      »Das mit dem Anseilen mein’ ich besonders ernst. Wenn dir die Katja plötzlich in die Arme fällt, dann mußt angeseilt sein. Des kann dich plötzlich so umhauen, daß du jeden Halt verlierst.«

      »Ich werde es mir merken, Toni!«

      Den restlichen Weg bis zur Berghütte legten sie fast schweigend zurück. Gino dachte an Katja. Er bedachte Tonis Worte. Seine Ratschläge waren gut. Gipfel sagt man, erstürmt man. Man spricht von Gipfelstürmern, dachte Gino. Doch das ist eigentlich falsch. Oben kommt nur der Bergsteiger an, der gut vorbereitet ist, verantwortungsvoll in Rücksicht auf die Natur handelt und ihr Respekt zeugt. Im Leben ist es genauso. Weite Strecken zu höchsten Gipfeln erreicht man nur in sinnvollen Etappen. Dieses Prinzip wollte Gino auch auf sein Leben übertragen. Er wollte alles mit Ruhe und Bedacht angehen und versuchen, sich in Etappen Katja zu nähern, seinem bisher unerreichbaren Gipfel.

      *

      »Hallo, Anna!« Toni entledigte sich der Lasten und schloß Anna in die Arme.

      Sie küßten sich lang und innig.

      »Ihr macht ja gerade, als hättet ihr euch Monate nicht gesehen! Dabei ist der Toni heut’ morgen runter nach Waldkogel. Die Sonn’ ist noch net untergegangen und er is’ wieder zurück«, kommentierte Alois.

      »Bist ja nur neidisch!« wehrte sich Toni.

      »I und neidis##ch! In mei’m Alter! Da lachen ja die Schneehühner im Tann! I net! Aber der Gino, der wird neidisch werden. Würd er doch seine Katja gern busseln.«

      »Wo ist die Katja?« fragte Toni.

      »Die habe ich fortgeschickt. Der Bello ist bei ihr. Der paßt schon auf, daß ihr nichts passiert. Sie muß die Hektik der Stadt erst einmal ablegen. Hier wäre sie mir nur im Weg gewesen. Die Katja denkt noch zu viel und fühlt zu wenig. Da habe ich sie für den Tag rübergeschickt zur kleinen Aussicht, zum ›Erkerchen‹, wie man sagt,# da, wo der Touristenverein die Bank aufgestellt hat. Ich habe ihr Proviant mitgegeben für den ganzen Tag. Sie wird bald wiederkommen, denke ich.«

      Gino stellte schnell den Koffer und den zweiten Rucksack vor Katjas Kammer ab.

      »Kannst du das reinstellen, Anna?«

      »Nicht so schüchtern! Katja ist am Berg. Kannst ruhig reingehen, Gino!«

      »Das mache ich nicht, Anna! Katja wäre das bestimmt nicht recht. Wenn ich ihre Kammer betrete, dann muß sie mich einladen.«

      Der alte Alois brach in schallendes Gelächer aus, bis ihm die Tränen die Wangen herunterliefen.

      »Gino, Bub! Des is net die richtige Einstellung. Die Leut’ in den Bergen wär’n schon ausgestorben, wenn die Burschen drauf warten täten, bis die Madln eine Einladung aussprechen würden. Was ein richtig fescher Bursch is, der bringt sein Madl schon dazu, daß er bei ihr einsteigen darf, wenn er vorm Fenster auf der Leiter steht. Da darf man net lang fragen. Da heißt es zupacken. Dann wird gebusserlt und dann gibt’s da keine Hindernisse mehr.«

      »Bei der Katja geht das nicht so! Bei der helfen keine Rosen und auch kein Verlobungsring. Da muß man anders vorgehen, Alois. Glaub mir! Ich habe es erlebt. Du kennst die Geschichte. Ich hab sie erzählt.«

      »Ein Schmarrn war das! Du hast dich angstellt, wie ein dummer Ochse, der bei der Kuh net weiß, wo vorne und hinten ist.«

      Alois war wirklich ärgerlich, das hörte man an seiner Stimme.

      »Seit Wochen muß i dein Gejammer ertragen. I kann’s kaum noch hören. Die Berge fangen auch schon bald zu heulen an. Das Gletschereis wird bald weich. Du bist ein Depp gewesen, Gino! Ein Tölpel bist gewesen. Ja, du hast dir das ganz gut ausdacht, aber du bist falsch vorgegangen.«

      Gino wollte etwas einwenden, aber mit einer energischen Handbewegung gebot ihm der alte Alois, zu schweigen.

      »Ein Stümper bist gewesen! Warum hast du die Katja net einfach in den Arm genommen und geküßt? Vielleicht hätte sie sich erst e bisserl gewehrt. Aber dann wäre sie in deinen Armen sicher dahingeschmolzen. So macht man das, Gino! So und jetzt schaust, daß die Sach’ in Ordnung kommt.«

      Damit war Alois mit seiner Standpauke zu Ende. Er wandte sich um und schaute ins Kaminfeuer. Seine Pfeife qualmte. Gino ging auf ihn zu und wollte mit ihm reden. Alois holte mit dem Arm aus und machte eine abweisende Bewegung. Diese besagte sie viel, wie, ich hab dir alles gesagt. Nun sieh zu, wie du klarkommst.

      Anna und Toni verzogen sich schmunzelnd in die Küche.

      Gino trat vor die Hütte und schaute in die Richtung, aus der Katja kommen mußte. Unschlüssig trat er von einem Bein auf das andere. Dann gab er sich einen Ruck und ging los.

      »Na, endlich bewegt sich etwas!« sagte Toni, der durch das Küchenfenster sah, wie Gino mit großen kräftigen Schritten loszog, dem Ratschlag seines Herzens folgend.

      *

      Gino traf Katja bei der Bank. Bello begrüßte Gino freudig.

      »Hat Anna dich geschickt? Ich war lange hier. Macht man sich Sorgen?«

      »Nein, ich dachte, ich komm dir ein Stück entgegen. Hole dich ab! Ist schön hier, wie?«

      »Ja, es ist wunderschön. Jetzt besonders, wenn der Spätnachmitag vorbei ist und die Sonne sich langsam in Richtung Horizont neigt. Ich konnte mich gar nicht losreißen. Ich wollte schon längst gehen, damit ich nicht in die Dunkelheit komme.«

      »Es ist noch Zeit. Ich bin die letzten Wochen oft hier gewesen. Schau da drüben die Bergspitze. Die liegt jetzt noch im rötlichen Schein der Abendsonne. Wenn sie im Schatten liegt, dann ist es Zeit. Dann kommt man noch bei guter Sicht bis zur Berghütte. Ich habe das oft ausprobiert. Kannst dich also ruhig noch ein bißchen hins##etzen, wenn du willst.«

      Katja setzte sich. Sie nahm ihren Rucksack von der Bank und sagte:

      »Und du? Willst du dich nicht auch setzen? Wenn du hier schon die Rolle eines Bergführers übernimmst, dann kannst du mir mehr über Berge, Gipfel und Täler erzählen.«

      »Ich setze mich gern zu dir. Ich wollte mich nur nicht aufdrängen. Das habe ich einmal versucht und das ging gründlich daneben. Außerdem haben wir Waffenstillstand geschlossen.«

      »Ja, das haben wir.«

      Gino setzte sich. Zunächst schwiegen sie zusammen.# Dann begann Katja schüchtern ein Gespräch:

      »Ich habe hier den ganzen Tag die Landschaft, die Natur eingesaugt. Ich kann davon nicht genug bekommen. Lach mich nicht aus, aber ich fühle ganz anders als heute morgen. Ich kam, ohne daß ich es wollte, zum Nachdenken, Gino. Denken war das im eigentlichen Sinn nicht. Ich wußte plötzlich, daß ich etwas klarstellen mußte zwischen mir und dir. Es ist mir wichtig, mit dir darüber zu sprechen. Anna sagt, ich sollte hierher gehen und lauschen. Dann wüßte ich schon, w#as ich zu tun hätte, wohin der Weg führen würde.«

      »Das Gefühl kenne ich, Katja!«

      »Ich war ganz schön aufgewühlt, als ich gestern feststellen mußte, daß du auf der Berghütte bist. Am liebsten wäre ich fortgelaufen, hätte mich unsichtbar gemacht. Jetzt weiß ich, daß das kein Weg ist. Wir können über das Ereignis sprechen, Gino. Ich denke, wir finden mehr Ruhe, wenn wir darüber gesprochen haben. Dann können wir es abschließen. Es steht dann nichts mehr


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