Gesammelte Werke. Джек Лондон
Читать онлайн книгу.sie schlingen und sie an sich ziehen. Keines von ihnen sagte etwas, als er aber ging, klopfte Saxons Herz unruhig, und ein leises Danklied drängte sich über ihre Lippen.
Die Nacht brach an, dunkel, mit einem schwachen Sternenschimmer. Aber die Sterne selbst waren hinter Wolken verborgen, die kamen – keiner von ihnen hatte gesehen, woher. Der schöne Spätsommer Kaliforniens stand vor der Tür. Die Luft war warm, mit einer Andeutung der ersten Nachtkühle, und nicht ein Windhauch regte sich.
»Ich habe ein Gefühl, als begännen wir erst jetzt zu leben«, sagte Saxon, als Billy mit seinem Brennholz zu ihr kam und sich auf die Decken am Feuer niederließ. »Ich habe heute mehr gelernt als in zehn Jahren in Oakland.« Sie schöpfte tief Atem und richtete sich auf. »Es ist viel schwerer, Landmann zu werden, als wir gedacht hatten.«
Billy sagte nichts. Er starrte ins Feuer, und sie wusste, dass er über irgend etwas grübelte.
»Also was ist es?« fragte sie, als sie sah, dass er zu einem Ergebnis gelangt war, und legte gleichzeitig ihre Hand auf die seine.
»Ich habe über den Hof nachgedacht, den wir haben wollen«, antwortete er. »Die dummen Höfchen sind schön und gut. Sie sind was für die Ausländer. Aber wir Amerikaner – wir brauchen Platz. Wir müssen auf dem Gipfel einer Anhöhe stehen und wissen, dass das unser Boden ist, ebenso wie das Land jenseits der Höhe und die nächste Höhe hinan, und wir wollen wissen, dass dahinter, an einer kleinen Bucht vielleicht, Pferde grasen, die unsere Pferde sind, und kleine Füllen, die mit ihnen grasen, oder laufen und ausschlagen. Du weißt, man kann viel Geld mit Pferdezucht verdienen, namentlich mit Arbeitspferden, die bis zu achtzehnhundert und zweitausend bezahlt werden. Sie geben sieben- bis achthundert für das Paar vierjähriger Stuten, ja, das geben sie jeden Tag in der Stadt. Gutes Gras in großer Menge und dazu ein Klima wie das hier, das ist alles, was sie brauchen, und dazu ein bisschen Dach über dem Kopf und etwas Heu, wenn einmal längere Zeit schlechtes Wetter herrscht. Ich habe noch nie daran gedacht, aber das will ich dir sagen – jetzt fange ich an, ganz wild nach einem Bauernhof zu werden.«
Saxon war ganz Ohr. Hier kamen neue Auskünfte über den Gegenstand, der ihrem Herzen so nahe stand, und – was das Beste von allem war – sie kamen von Billy. Und – was noch besser war – auch er begann, Interesse zu fassen.
»Ein gewöhnlicher Bauernhof muss selbstverständlich wie für alles andere auch dafür Platz bieten«, sagte sie ermunternd.
»Gewiss! Gleich am Hause wollen wir Gemüse und Obst und Hühner und alles das haben – wie die Portugiesen, und außerdem brauchen wir eine Menge Platz ringsum, wo die Pferde grasen können.«
»Ja, aber sind Pferde nicht sehr teuer, Billy?«
»Nicht besonders. Pferde werden auf dem Pflaster verbraucht. Dort will ich mir meine Zuchtstuten verschaffen – von denen, die in der Stadt nicht mehr zu gebrauchen sind, ja, die Seite der Sache kenne ich ausgezeichnet! Sie werden auf Auktionen verkauft und können viele, viele Jahre halten – sie taugen nur nicht mehr fürs Pflaster.«
Dann trat eine lange Pause ein. In dem erlöschenden Feuer sahen beide Bilder des Hofes, der einst ihr Heim sein sollte.
»Hier ist es recht still, nicht wahr?« sagte Billy schließlich und erhob sich mit einer Kraftanspannung. Er sah sich um. »Und so schwarz, wie ein ganzes Bataillon schwarzer Katzen.« Er schüttelte sich, knöpfte sich den Mantel zu und warf ein paar Zweige aufs Feuer. »Aber deshalb ist es doch das beste Klima von der Welt. Als kleiner Junge hörte ich meinen Vater oft prahlen, dass Kalifornien ein so warmes Klima hätte. Er reiste einmal nach dem Osten und blieb einen Sommer und einen Winter dort, dann hatte er aber genug davon.«
»Meine Mutter sagte, es gäbe kein Land in der Welt mit einem solchen Klima. Wie wunderbar muss es für die gewesen sein, die hierher kamen, nachdem sie durch Wüsten und Berge gewandert waren. Sie nannten es das Land, wo Milch und Honig fließt. Der Boden war so reich, dass sie ihn nur anzukratzen brauchten – das sagte Cady immer.«
»Und überall war Wild«, fuhr Billy fort. »Robert, der Adoptivvater meines Vaters, trieb Vieh von San Joaquin nach dem Columbia. Er hatte vierzig Mann zur Hilfe, und sie nahmen nichts mit als Pulver und Salz. Sie lebten von dem Wild, das sie schossen.«
»Die Berge waren voller Rehe, und meine Mutter sah ganze Herden von Elchen in der Nähe von Santa Rosa. Dort wollen wir einmal hingehen, Billy. Ich habe immer so gern einmal Santa Rosa sehen wollen.«
»Und als mein Vater ein junger Mann war und nördlich von Sacramento im sogenannten Cache Slough lebte, waren die Sümpfe voll von Grizzlybären. Er schoss sie oft. Und wenn sie einem im Freien begegneten, so ritten er und die Mexikaner hin und fingen sie – mit Lassos, weißt du. Er sagte, dass ein Pferd, das sich nicht vor einem Grizzlybären fürchtete, zehnmal so hoch bezahlt wurde wie jedes andere. Und Panther – die Leute nannten sie Pumas – und dergleichen mehr in jedem Tal. Ja, gewiss gehen wir nach Santa Rosa! Vielleicht gefällt uns das Land an der Küste nicht, und dann müssen wir weiterstiefeln.«
Das Feuer war jetzt fast niedergebrannt, und Saxon hatte ihr Haar gebürstet und geflochten. Sie brauchten nicht viele Vorbereitungen, um zur Ruhe zu kommen, und bald lagen sie Seite an Seite unter den Decken. Saxon schloss die Augen, konnte aber nicht schlafen. Im Gegenteil, nie war sie wacher gewesen. Sie hatte noch nie in ihrem Leben im Freien geschlafen, und so sehr sie sich auch bemühte, konnte sie doch das Gefühl nicht überwinden, dass alles sehr merkwürdig war. Dazu kam, dass die Glieder ihr vom langen Gehen steif waren, und dass zu ihrem Erstaunen der Sand alles eher als weich war. Eine Stunde verging. Sie versuchte sich einzureden, dass Billy schlief, war aber überzeugt, dass er es nicht tat. Da knisterte es in dem erlöschenden Feuer, und sie fuhr erschrocken auf. Sie war jetzt ganz sicher, dass Billy sich geregt hatte.
»Billy«, flüsterte sie, »bist du wach?«
»Ja, antwortete er leise, und ich denke, dass dieser Sand härter als Zement ist. Mir ist es selbstverständlich einerlei, aber wer hätte das gedacht?«
Sie veränderten beide ihre Lage ein wenig, konnten aber die Berührung mit dem Sande nicht vermeiden, der eine dumpfe Qual für alle Glieder wurde.
Da plötzlich wurde Saxon von einem metallischen, schwirrenden Geräusch aufgeschreckt – es war eine Grille, die dicht neben ihnen zu zirpen begann. Sie hielten es ein paar Minuten aus, bis Billy rief:
»Zum Donnerwetter, was kann das sein?«
»Glaubst du, dass es eine Klapperschlange ist?« fragte sie mit einer Ruhe, die sie keineswegs fühlte.
»Eben das dachte ich.«
»Ich habe einmal zwei Klapperschlangen