DECEMBER PARK. Ronald Malfi

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DECEMBER PARK - Ronald  Malfi


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nach Hause gefahren war, von der Straße abgekommen, durch die Leitplanke gekracht und unten im Wald gelandet. Sie hatte Glück gehabt, sich nichts Schlimmeres als ein gebrochenes Bein dabei zugezogen zu haben. Bevor ein Abschleppwagen das demolierte Fahrzeug wieder aus dem Wald befördern konnte, hatte die Stadt einige Männer nach unten geschickt, um ein paar der größeren Bäume zu fällen und den Weg frei zu machen. Es war das reinste Fiasko gewesen.

      »Keine Ahnung«, meinte ich, »aber grundlos haben sie die Straße nicht abgesperrt.«

      »Nie im Leben ist da schon wieder ein Auto runter«, kommentierte Peter skeptisch. »Ich meine, zwei in einer Woche?«

      »Zumindest gibt es keine neuen Reifenabdrücke oder Bremsspuren«, stellte ich fest.

      »Schau doch mal in deiner Unterhose nach«, feixte Peter mit breitem Grinsen. Er war um nur wenige Monate der Älteste unserer Truppe, obwohl ihm seine paar zusätzlichen Pfunde auf den Rippen ein jüngeres Aussehen verliehen. In seinen blassgrünen Augen lag stets ein wacher Blick und ihre Farbe und Intensität wurden von einem roten Strubbelschopf ergänzt, den er im Nacken viel zu lang trug. Er war mein bester Freund, seit wir vor all den Jahren drüben in den Palisades zufällig im selben Sandkasten gelandet waren.

      Die achteckigen Schirmmützen zweier weiterer uniformierter Officers tauchten auf der anderen Seite der Leitplanke auf. Ein vierter stieg aus einem der Streifenwagen, lehnte sich gegen die Motorhaube und schien trotz seiner dickgefütterten Jacke zu frieren.

      Scott nickte in Richtung der Polizeiwagen: »Kommt schon. Lasst uns mal nachsehen.«

      »Die könnten uns fürs Schwänzen eins auf den Deckel geben«, befürchtete ich. »Ich bin bei meinem Dad bereits wegen der ganzen Sache mit Langhalsnik in Ungnade gefallen.«

      Mr. Naczalnik, wegen seines Profils wie ein Wasserhahn und eines Halses wie dem von Ichabod Crane auch als Langhalsnik bekannt, war mein Englischlehrer in der Stanton School. Vergangenen Monat hatte ich eine Hausarbeit nicht abgegeben und Langhalsnik, stets bereit, einem armen Schüler das Leben schwer zu machen, hatte ohne mit der Wimper zu zucken unverzüglich meinen Vater benachrichtigt. Er hatte mich zu einer Woche Hausarrest verdonnert.

      Peter warf einen Blick auf seine Casio. »Schule ist doch schon seit zwanzig Minuten aus.«

      Wir überquerten hintereinander die Kreuzung und gingen den flachen Hang der Counterpoint Lane zu den Polizeiautos und dem Krankenwagen hinauf.

      Als wir einen der blinkenden Absperrböcke erreichten, kam der gelangweilt aussehende Cop auf uns zu. »Sorry, Jungs. Die Straße ist gesperrt.«

      »Was ist denn passiert?«, fragte Peter neugierig und versuchte, um den Polizisten herumzulugen.

      »Ihr müsst von der Straße runter. Ihr könnt von der anderen Seite aus zusehen.«

      »Ist schon wieder jemand von der Straße abgekommen?«, fragte ich.

      »Nein.« Der Polizist war jung und kam mir irgendwie bekannt vor. Ich sah auf sein Namensschild, doch der Name sagte mir nichts. »Macht schon, Jungs. Schwingt die Hufe.«

      »Das ist ein freies Land«, protestierte Peter schwach. Er war immer noch zu sehr mit seinem Versuch beschäftigt, einen Blick über die Schulter des Cops zu erhaschen.

      Der Cop hob eine Augenbraue. »Ach ja? Tja, auf der anderen Straßenseite kannst du so frei sein, wie du willst.«

      »Nicht einmal einen klitzekleinen Blick?«, drängte Peter.

      Der junge Cop sah nun mich an. »Bring deine Freunde wieder zurück über die Straße, Angelo.«

      Dass er meinen Namen kannte, überraschte mich kein bisschen. Mein Vater war Detective des Harting Farms Police Departments. Sämtliche Polizisten kannten mich, selbst wenn ich ihnen noch nie zuvor begegnet war. »Kommt schon, Jungs«, trieb ich sie an und stieg auf den Gehweg.

      »Danke.« Der Officer nickte mir zu, dann wandte er sich an meine Freunde. »Ihr seid noch zu jung zum Rauchen.« Darauf warf er einen prüfenden Blick auf seine Uhr – und bemerkte vielleicht, dass es wahrscheinlich noch viel zu früh war, als dass wir schon so weit von der Schule entfernt sein konnten – und schritt über die Straße davon.

      Dort drüben kam nun langsam Bewegung in die Sache, obwohl sich das meiste auf der anderen Seite der durchbrochenen Leitplanke und weiter unten an der Böschung abspielte. Zwei Männer in weißen Kitteln gingen umher, rauchten und unterhielten sich, den Blick auf ihre Schuhe gerichtet. Einmal sprachen sie kurz mit einem uniformierten Officer. Ihren lässigen Bewegungen und der entspannten Art nach zu schließen, ging wohl nichts allzu Dringliches auf der anderen Seite der Leitplanke vor sich.

      »Du kennst den Kerl?«, flüsterte Scott, obwohl sich der Polizist bereits wieder außer Hörweite befand.

      Ich schüttelte den Kopf.

      »Es ist arschkalt hier draußen.« Peter zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und pustete in seine Fäuste. »Was machen die da überhaupt? Was ist da drüben los?«

      Ich zuckte die Schultern. Erst jetzt fielen mir die leisen, blechernen Töne von Metallica auf, die aus den Kopfhörern um Scotts Hals drangen.

      Scott Steeple machte seinem Nachnamen alle Ehre – er war groß, schlank und hatte von Natur aus einen fast schon athletischen Körperbau, um den ihn viele beneideten. Er hatte feine Gesichtszüge, war gutaussehend, sein Blick introspektiv und doch aufmerksam. Scott war vor einem Monat fünfzehn geworden und somit der Jüngste unserer Truppe. Eigentlich hätte er in der Klasse unter uns sein sollen, doch sein helles Köpfchen hatte es ihm damals ermöglicht, die zweite Klasse zu überspringen, und so hatte ihn das Schicksal in Mrs. Brocks dritter Klasse an den leeren Tisch neben mich gesetzt, woraus dann schließlich unsere Freundschaft entstanden war.

      »Kommt ihr heute Abend mit zu den Docks runter?«, wollte Peter wissen, der mit den Händen in den Hosentaschen langsam auf und ab ging. Hin und wieder blieb er kurz stehen, um auf einem Fuß zu balancieren, während der andere ein paar Zentimeter über dem Boden kreiste.

      »Denke schon«, meinte Scott.

      »Angie?«

      »Weiß ich nicht, Mann«, entgegnete ich ihm. »Wann wollt ihr denn los?«

      »Vielleicht so gegen neun.«

       »Schätze mal, das hängt davon ab, ob mein Dad zu Hause ist oder nicht. Ich habe doch diese neue Ausgehsperre aufs Auge gedrückt bekommen.«

      »Aber es ist Freitag!«, wandte Peter entrüstet ein.

      »Du kennst doch meinen Dad.« Grundsätzlich durfte ich an Wochenenden bis dreiundzwanzig Uhr außer Haus, doch seit den Fällen verschwundener Jugendlicher in unserer Stadt hatte mein Vater mein Ausgehlimit um eine Stunde zurückgeschraubt. Wenn sich die Jungs also um neun treffen wollten, blieb mir herzlich wenig Zeit, um noch etwas mit ihnen abzuhängen. Ich fragte mich, ob es die ganze Sache wert sein würde.

       Peter blickte mürrisch drein. »Alter, du musst kommen. Sugarland wird diese dumme Kuh versenken, schon vergessen?«

      »Ja, ich weiß.«

      »Seht mal«, unterbrach uns Scott und trat einen Schritt vom Gehsteig hinunter. »Sie kommen hoch.«

      Weitere Köpfe tauchten hinter der Böschung auf, und mich überkam plötzlich ein gemischtes Gefühl von Aufregung und Beklemmung. Die Officers an der Spitze der Gruppe waren die Einzigen, von denen eine Art Dringlichkeit ausging; sie führten den Rest eilig an und verteilten sich entlang der Counterpoint Lane, vermutlich um sicherzustellen, dass keine Verkehrsteilnehmer die Straßensperre missachteten. Zwei von ihnen drehten synchron ihre Köpfe direkt in unsere Richtung und sahen meine Freunde und mich kerzengerade an. Falls sie in Betracht zogen, uns fortzuscheuchen, so wurde ihnen von der dazukommenden Flut von Officers, die nun so zahlreich auf dem Plan waren, dass ich sie nicht alle hätte zählen können, ohne dabei den Faden zu verlieren, ein Strich durch dieses Vorhaben gemacht.

      Ein paar der Männer trugen monochrome Anzüge und schmale schwarze Krawatten. Detectives. Einmal mehr fragte ich


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