Das Nibelungenlied. Anonym

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Das Nibelungenlied - Anonym


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Ich will euch wenden helfen das Leid, das ihr klagt.

       Wollt ihr Freunde suchen, so will ich einer sein

       Und getrau es zu vollbringen mit Ehren bis ans Ende mein."

      "Nun lohn euch Gott, Herr Siegfried, die Rede dünkt mich gut; 162

       Und kann mir auch nicht helfen eure Kraft und hoher Muth,

       So freut mich doch die Märe, daß ihr so hold mir seid:

       Leb ich noch eine Weile, ich vergelt es mit der Zeit.

      Ich will euch hören laßen, was mich traurig macht. 163

       Von Boten meiner Feinde ward mir hinterbracht,

       Mit Heerfahrten kämen sie mich zu suchen hie:

       Das geschah uns von Degen in diesen Landen noch nie."

      "Das laßt euch nicht betrüben," sprach da Siegfried, 164

       "Sänftet eur Gemüthe und thut, wie ich euch rieth:

       Laßt mich euch erwerben Ehre so wie Frommen,

       Bevor eure Feinde her zu diesen Landen kommen.

      "Und hätten dreißigtausend Helfer sich ersehn 165

       Eure starken Feinde, doch wollt ich sie bestehn,

       Hätt ich auch selbst nur tausend: verlaßt euch auf mich."

       Da sprach der König Gunther: "Das verdien ich stäts um dich."

      "So heißt mir eurer Leute gewinnen tausend Mann, 166

       Da ich von den Meinen nicht mehr hier stellen kann

       Als der Recken zwölfe; so wehr ich euer Land.

       Immer soll getreulich euch dienen Siegfriedens Hand.

      "Dazu soll Hagen helfen und auch Ortewein, 167

       Dankwart und Sindold, die lieben Recken dein.

       Auch soll da mit uns reiten Volker der kühne Mann:

       Der soll die Fahne führen: keinen Beßern trefft ihr an.

      "Und laßt die Boten reiten heim in ihrer Herren Land; 168

       Daß sie uns bald da sehen, macht ihnen das bekannt,

       So daß unsre Burgen befriedet mögen sein."

       Der König hieß besenden Freund und Mannen insgemein.

      Zu Hofe giengen wieder Die Lüdeger gesandt; 169

       Sie freuten sich der Reise zurück ins Heimatland.

       Ihnen bot da reiche Gabe Gunther der König gut

       Und sicheres Geleite: des waren sie wohlgemuth.

      "Nun sagt," sprach da Gunther, "meinen starken Feinden an, 170

       Ihre Reise bliebe beßer ungethan;

       Doch wollten sie mich suchen hier in meinem Land,

       Wir zerrännen denn die Freunde, ihnen werde Noth bekannt."

      Den Boten reiche Gaben man da zur Stelle trug: 171

       Deren hatte Gunther zu geben genug.

       Das durften nicht verschmähen Die Lüdeger gesandt.

       Sie baten um Urlaub und räumten fröhlich das Land.

      Als die Boten waren gen Dänemark gekommen, 172

       Und der König Lüdegast den Bericht vernommen,

       Was sie am Rhein geredet, als das ihm ward gesagt,

       Seine übermüthge Botschaft ward da bereut und beklagt.

      Sie sagten ihm, sie hätten manch kühnen Mann im Lehn: 173

       "Darunter sah man Einen vor König Gunthern stehn,

       Der war geheißen Siegfried, ein Held aus Niederland."

       Leid wars Lüdegasten, als er die Dinge so befand.

      Als Die vom Dänenlande hörten diese Mär, 174

       Da eilten sie, der Helfer zu gewinnen desto mehr,

       Bis der König Lüdegast zwanzigtausend Mann

       Seiner kühnen Degen zu seiner Heerfahrt gewann.

      Da besandte sich von Sachsen auch König Lüdeger, 175

       Bis sie vierzigtausend hatten und wohl mehr,

       Die mit ihnen ritten gen Burgundenland.

       Da hatt auch schon zu Hause der König Gunther gesandt

      Zu seinen nächsten Freunden und seiner Brüder Heer, 176

       Womit sie fahren wollten im Kriegszug einher,

       Und auch mit Hagens Recken: das that den Helden Noth.

       Darum musten Degen bald erschauen den Tod.

      Sie schickten sich zur Reise; sie wollten nun hindann. 177

       Die Fahne muste führen Volker der kühne Mann,

       Da sie reiten wollten von Worms über Rhein;

       Hagen von Tronje der muste Scharmeister sein.

      Mit ihnen ritt auch Sindold und der kühne Hunold, 178

       Die wohl verdienen konnten reicher Könge Gold.

       Dankwart, Hagens Bruder, und auch Ortewein

       Die mochten wohl mit Ehren bei dem Heerzuge sein.

      "Herr König," sprach da Siegfried, "bleibet ihr zu Haus: 179

       Da mir eure Degen folgen zu dem Strauß,

       So weilt bei den Frauen und tragt hohen Muth:

       Ich will euch wohl behüten die Ehre so wie das Gut.

      "Die euch heimsuchen wollten zu Worms an dem Rhein, 180

       Will euch davor bewahren, daß sie euch schädlich sei'n:

       Wir wollen ihnen reiten so nah ins eigne Land,

       Daß ihnen bald in Sorge der Uebermuth wird gewandt."

      Vom Rheine sie durch Hessen mit ihren Helden ritten 181

       Nach dem Sachsenlande: da wurde bald gestritten.

       Mit Raub und mit Brande verheerten sie das Land,

       Daß bald den Fürsten beiden ward Noth und Sorge bekannt.

      Sie kamen an die Marke; die Knechte rückten an. 182

       Siegfried der starke zu fragen da begann:

       "Wer soll nun der Hüter des Gesindes sein?"

       Wohl konnte nie den Sachsen ein Heerzug übler gedeihn.

      Sie sprachen: "Laßt der Knappen hüten auf den Wegen 183

       Dankwart den kühnen, das ist ein schneller Degen:

       Wir verlieren desto minder durch Die in Lüdgers Lehn;

       Laßt ihn mit Ortweinen hie die Nachhut versehn."

      "So will ich selber reiten," sprach Siegfried der Degen, 184

       "Den Feinden gegenüber der Warte zu pflegen,

       Bis ich recht erkunde, wo die Recken sind."

       Da stand bald in den Waffen der schönen Siegelinde Kind.

      Das Volk befahl er Hagen, als er zog hindann, 185

       Ihm und Gernoten, diesem kühnen Mann.

       So ritt er hin alleine in der Sachsen Land,

       Wo er die rechte Märe wohl bald mit Ehren befand.

      Er sah ein groß Geschwader, das auf dem Felde zog, 186

       Und die Kraft der Seinen gewaltig überwog:

       Es waren vierzigtausend oder wohl noch mehr.

       Siegfried in hohem Muthe sah gar fröhlich das Heer.

      Da hatte sich ein Recke auch aus der Feinde Schar 187

      


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