Das Nibelungenlied. Anonym

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Das Nibelungenlied - Anonym


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war:

       Den sah der Degen Siegfried und ihn der kühne Mann;

       Jedweder auf den andern mit Zorn zu blicken begann.

      Ich sag euch, wer der wäre, der hier der Warte pflag; 188

       Ein lichter Schild von Golde ihm vor der Linken lag.

       Es war der König Lüdegast, der hütete sein Heer.

       Der edle Fremdling sprengte herrlich wider ihn einher.

      Nun hatt auch ihn Herr Lüdegast sich feindlich erkoren: 189

       Ihre Rosse reizten Beide zur Seite mit den Sporen;

       Sie neigten auf die Schilde mit aller Macht den Schaft:

       Da kam der hehre König darob in großer Sorgen Haft.

      Dem Stich gehorsam trugen die Rosse pfeilgeschwind 190

       Die Könige zusammen, als wehte sie der Wind;

       Dann mit den Zäumen wandten sie ritterlich zurück:

       Die grimmen Zwei versuchten da mit dem Schwerte das Glück.

      Da schlug der Degen Siegfried, das Feld erscholl umher. 191

       Aus dem Helme stoben, als obs von Bränden wär,

       Die feuerrothen Funken von des Helden Hand;

       Da stritt mit großen Kräften der kühne Vogt von Niederland.

      Auch ihm schlug Herr Lüdegast manch grimmen Schlag; 192

       Jedweder auf dem Schilde mit ganzer Stärke lag.

       Da hatten es wohl dreißig erspäht aus seiner Schar:

       Eh die ihm Hülfe brachten, der Sieg doch Siegfrieden war

      Mit drei starken Wunden, die er dem König schlug 193

       Durch einen lichten Harnisch; der war doch fest genug.

       Das Schwert mit seiner Schärfe entlockte Wunden Blut;

       Da gewann König Lüdegast einen traurigen Muth.

      Er bat ihn um sein Leben und bot ihm all sein Land 194

       Und sagt' ihm, er wäre Lüdegast genannt.

       Da kamen seine Recken: die hatten wohl gesehn,

       Was da von ihnen beiden auf der Warte war geschehn.

      Er führt' ihn gern von dannen: da ward er angerannt 195

       Von dreißig seiner Mannen; doch wehrte seine Hand

       Seinen edeln Geisel mit ungestümen Schlägen.

       Bald that noch größern Schaden dieser zierliche Degen.

      Die Dreißig zu Tode wehrlich er schlug; 196

       Ihrer Einen ließ er leben: der ritt da schnell genug

       Und brachte hin die Märe von dem, was hier geschehn;

       Auch konnte man die Wahrheit an seinem rothen Helme sehn.

      Gar leid wars den Recken aus dem Dänenland, 197

       Als ihres Herrn Gefängniss ihnen ward bekannt.

       Man sagt' es seinem Bruder: der fieng zu toben an

       In ungestümem Zorne: ihm war gar wehe gethan.

      Lüdegast der König war hinweggebracht 198

       Zu Gunthers Ingesinde von Siegfrieds Uebermacht.

       Er befahl ihn Hagen: der kühne Recke gut,

       Als er vernahm die Märe, da gewann er fröhlichen Muth.

      Man gebot den Burgunden: "Die Fahne bindet an." 199

       "Wohlauf," sprach da Siegfried, "hier wird noch mehr gethan

       Vor Abendzeit, verlier ich Leben nicht und Leib:

       Das betrübt im Sachsenlande noch manches waidliche Weib.

      "Ihr Helden vom Rheine, ihr sollt mein nehmen wahr: 200

       Ich kann euch wohl geleiten zu Lüdegers Schar.

       Da seht ihr Helme hauen von guter Helden Hand:

       Eh wir uns wieder wenden, wird ihnen Sorge bekannt."

      Zu den Rossen sprangen Gernot und Die ihm unterthan. 201

       Die Heerfahne faßte der kühne Spielmann,

       Volker der Degen, und ritt der Schar vorauf.

       Da war auch das Gesinde zum Streite muthig und wohlauf.

      Sie führten doch der Degen nicht mehr denn tausend Mann, 202

       Darüber zwölf Recken. Zu stieben da begann

       Der Staub von den Straßen: sie ritten über Land;

       Man sah von ihnen scheinen manchen schönen Schildesrand.

      Nun waren auch die Sachsen gekommen und ihr Heer 203

       Mit Schwertern wohlgewachsen; die Klingen schnitten sehr,

       Das hab ich wohl vernommen, den Helden an der Hand:

       Da wollten sie die Gäste von Burgen wehren und Land.

      Der Herren Scharmeister führten das Volk heran. 204

       Da war auch Siegfried kommen mit den zwölf Mann,

       Die er mit sich führte aus dem Niederland.

       Des Tags sah man im Sturme manche blutige Hand.

      Sindold und Hunold und auch Gernot 205

       Die schlugen in dem Streite viel der Helden todt,

       Eh sie ihrer Kühnheit noch selber mochten traun:

       Das musten bald beweinen viel der waidlichen Fraun.

      Volker und Hagen und auch Ortwein 206

       Leschten in dem Streite manches Helmes Schein

       Mit fließendem Blute, die Kühnen in der Schlacht.

       Von Dankwarten wurden viel große Wunder vollbracht.

      Da versuchten auch die Dänen waidlich ihre Hand; 207

       Von Stößen laut erschallte mancher Schildesrand

       Und von den scharfen Schwertern, womit man Wunden schlug.

       Die streitkühnen Sachsen thaten Schadens auch genug.

      Als die Burgunden drangen in den Streit, 208

       Von ihnen ward gehauen manche Wunde weit:

       Ueber die Sättel fließen sah man das Blut;

       So warben um die Ehre diese Ritter kühn und gut.

      Man hörte laut erhallen den Helden an der Hand 209

       Ihre scharfen Waffen, als Die von Niederland

       Ihrem Herrn nachdrangen in die dichten Reihn;

       Die zwölfe kamen ritterlich zugleich mit Siegfried hinein.

      Deren vom Rheine kam ihnen Niemand nach. 210

       Man konnte fließen sehen den blutrothen Bach

       Durch die lichten Helme von Siegfriedens Hand,

       Eh er Lüdegeren vor seinen Heergesellen fand.

      Dreimal die Kehre hat er nun genommen 211

       Bis an des Heeres Ende; da war auch Hagen kommen:

       Der half ihm wohl vollbringen im Kampfe seinen Muth.

       Da muste bald ersterben vor ihnen mancher Ritter gut.

      Als der starke Lüdeger Siegfrieden fand, 212

       Wie er so erhaben trug in seiner Hand

       Balmung den guten und da so Manchen schlug,

       Darüber ward der Kühne vor Zorn ingrimmig genug.

      Da gab es stark Gedränge und lauten Schwerterklang, 213

       Wo ihr Ingesinde auf einander drang.

      


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